
Die Töne von CDU-Chef Friedrich Merz verändern sich auffällig – und zwar in Richtung Grün. Kommt etwa doch Schwarz-Grün? Neueste Aussagen des konservativen Parteivorsitzenden lassen dies zumindest wahrscheinlicher werden. Unterdessen bricht in der Union darüber blanke Panik aus.
Es sind nur noch 80 Tage bis zu den Neuwahlen. Und immer noch gibt es kein Wahlprogramm der CDU. Das will die Partei erst am 17. Dezember vorstellen. Hat das etwa schon einen bestimmten taktischen Koalitionsgrund? Gut möglich, heißt es aus den schwarzen Reihen. Festlegen wolle man sich noch nicht auf einen Koalitionspartner – auch wenn einige CDUler im Hintergrund fest darauf beharren, dass die GroKo 2.0 bereits als Möglichkeit entschieden sei.
Klar ist: Vor wenigen Tagen hieß es noch deutlich aus der Partei, dass man NICHT mit den Grünen in eine Regierung gehen wolle, sondern eher die SPD präferiere. Der eigentliche Favorit: Schwarz-Gelb, die unwahrscheinlichste Variante. Doch nun klingt alles ganz anders …
Mittwoch: Friedrich Merz (CDU) sorgte mit seinen Aussagen beim ARD-Talk von Sandra Maischberger für Wirbel.
Aufsehen erregte Friedrich Merz am Mittwochabend, als er bei Maischberger (ARD) zu Gast war. Mit seinen Antworten blinkte er andauernd in Richtung: Grün.
Mai 2024: Friedrich Merz (CDU) und Robert Habeck (Grüne) begrüßten sich freundlich.
Daraufhin brodelte es nur so in den Nachrichten und sozialen Medien. Die Schlagzeilen darüber, dass Merz einen Habeck als Wirtschaftsminister nicht ausschließe, überschlugen sich. Die Kritik: groß! Seine Aussagen wurden als zweifelloser Flirt mit den Grünen verstanden. Die Konservativen in der Union waren auf Zinne, gerieten in Panik. Der Talk-Auftritt von CDU-Chef Friedrich Merz lief deutlich erkennbar NICHT nach schwarzem Plan – sondern aus dem Ruder …
Besonders auf Zinne: Markus Söder (CSU). Der Bayerische Ministerpräsident nutzte die Gelegenheit, um heftig gegen Merz zu grätschen. Aus seinem Dienstwagen nahm er ein Video von sich auf, sagt in diesem knallhart: „Robert Habeck kann keine Wirtschaftspolitik. Warum soll Robert Habeck weiter in der Regierung bleiben?“
Dann stellte CSU-Chef Söder in Richtung CDU-Chef Merz klar: „Mit der CSU gibt’s keine schwarz-grüne Koalition, keinen Robert Habeck mehr als Wirtschaftsminister!“, so Söder. Habeck solle „am besten bitte in die Opposition – denn da gehören die Grünen hin.“
Offenbar wurde die Merz-Vertraute Julia Klöckner (CDU) vorgeschickt, um zu reparieren, was noch zu reparieren ist. Sie postete rasch auf dem Kurznachrichtendienst X ein Transkript mit den Aussagen von Merz aus der Maischberger-Sendung.
Klöckner schrieb dazu: „Im Netz macht die Meldung die Runde, Friedrich Merz hätte Herrn Habeck als Wirtschaftsminister für eine kommende Regierung gefordert. Zu den Fakten – hier die Passage aus dem Interview.“
Auffällig ist jedoch, dass Klöckner ein Transkript statt eines Video-Clips aus der Sendung postete.
Prompt folgte der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann mit einem Statement, um Merz’ Flirt-Aussagen abzuschwächen. Gegenüber Welt TV betonte er: „Ich kann Ihnen nur sagen: Mit DIESEN Grünen können wir gar nicht regieren. Das sagt auch Friedrich Merz, mit diesen Grünen gibt es keinen Politikwechsel – in Sachen Migration nicht, Wirtschaft nicht, Sozialstaat nicht.“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (l.) versuchte die Aussagen seines Chefs wieder gerade zu rücken.
Weiter meinte Linnemann: „Daran hat sich überhaupt nichts geändert. Wenn wir diesen Politikwechsel nicht schaffen – und der geht mit diesen Grünen nicht – dann werden wir 2029 eine Wahl erleben, dann werden wir Ränder sehen, die so stark sind, dass sie alleine regieren.“
Auffällig: Das Video wurde anschließend in den sozialen Medien vom Bundesaccount der CDU verbreitet, mit dem Hashtag „Politikwechsel“.
Auch Gitta Connemann (CDU) erklärte erschrocken, dass eine Regierung mit den Grünen und einem Wirtschaftsminister Robert Habeck „ein Alptraum“ wäre. „Habeck ist angesichts seiner Bilanz der schlechteste Wirtschafts- und Mitbestandsminister, den Deutschland je hatte.“
Weiter: „Deutschland ist der einzige Staat in Europa, der schrumpft. Wir brauchen Wachstum. Das ist mit diesem Wirtschaftsminister nicht zu machen. Er steht für Schrumpftum und Wohlstandsverlust. Mit diesem Robert Habeck, mit diesen Grünen: NICHT“, so die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion bei Welt TV.
Fakt ist: Friedrich Merz hatte noch im Jahr 2023 die Grünen zum „Hauptgegner“ erklärt. Wörtlich sagte er damals: „Da werden wir auch in den nächsten Wochen und Monaten gerade mit den Grünen die Auseinandersetzung noch einmal deutlich verstärken und vor allem auch dem Eindruck widersprechen, als ob wir sozusagen immer schon nach links schielen und sagen, wir müssen unbedingt mit denen irgendwann in die Koalition.“
Doch anders im darauffolgenden Jahr! Merz hat sich im Jahr 2024 rhetorisch stets ein Hintertürchen offen gelassen und ein Bündnis mit den Grünen bisher nicht vollständig ausgeschlossen.
Im Verlauf des Jahres 2024 schloss Merz eine Koalition mit den Grünen nicht völlig aus.
So sagte Merz im September 2024 über Schwarz-Grün: „Aus heutiger Sicht würde ich sagen, es geht nicht.“ ABER: „Wenn es sich in den nächsten zwölf Monaten anders entwickelt, können wir schauen“, fügte er hinzu. Es liege an den Grünen, sich zu ändern, meinte Merz.
Unüberhörbar ist in der Argumentation von CDU-General Linnemann jedenfalls, dass er am Donnerstag immer von „DIESEN Grünen“ sprach. Bedeutet: Auch Linnemann lässt damit die Tür für eine quasi etwas andere Grünen-Partei offen.
Bereits im März 2024 hatte der CDU-Chef in seiner „Merz Mail“ geschrieben: „Gelingt es nicht, eine Mehrheit von CDU/CSU und FDP zu erreichen, bleiben SPD und Grüne. Keine besonders verlockende Aussicht, aber eine regierungsfähige Mehrheit muss es geben.“
Friedrich Merz erkennbar glücklich mit seinen zwei CDU-Ministerpräsidenten, die bereits mit Grünen auf Landesebene vergnüglich zusammenarbeiten.
UND: Die CDU regiert bereits in vollster Zufriedenheit mit den Grünen zusammen auf Landesebene in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Sind das also auf Landesebene DIE Grünen, mit denen man regieren kann? Hätten Merz und Linnemann lieber eine Art baden-württembergischen Grünen-Partner im Bund?
Die Kontakte zwischen Schwarz und Grün werden seit vielen Jahren schon gepflegt. So auch im Bundestag. Seit den 2000er Jahren gibt es informelle Gesprächsrunden. Darunter die bekannte „Pizza-Connection“-Runde, die bis zu zweimal im Jahr stattfindet.
Stehen nah beieinander: CDU-Chef Friedrich Merz und Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge.
Innerhalb der CDU heißt es jedenfalls, ungefähr ein Drittel der Parteimitglieder wären FÜR Schwarz-Grün. Der Großteil der Unions-Basis wiederum lehne dies ab. Doch viele CDUler finden derzeit die Vorstellung von einem Bündnis mit einer SPD unter Olaf Scholz (SPD) ebenfalls nicht sonderlich attraktiv. Werden also wandelbare Grüne für die Union attraktiver? …