
Das britische Magazin The Economist hat mit seiner jüngsten Titelgeschichte eine Debatte über die Zukunft des Asylsystems angestoßen. In der aktuellen Ausgabe plädiert das traditionsreiche Blatt für die Abschaffung des bestehenden Asylrechts und die Entwicklung eines neuen Modells. In dem begleitenden Artikel, der auch online veröffentlicht wurde, argumentieren die anonym bleibenden Autoren, das aktuelle System sei angesichts globaler Veränderungen wie wachsender Konflikte, günstiger Reisemöglichkeiten und wirtschaftlicher Ungleichheit überfordert und ineffizient.
Besonders deutlich wird die Haltung in Passagen, die weltweit auf Kritik und Zustimmung stoßen. So heißt es im Text: „Mitfühlende Westler mögen den Drang verspüren, den Flüchtlingen zu helfen, die sie an ihren Küsten ankommen sehen. Aber wenn die Reise lang, beschwerlich und kostspielig ist, werden diejenigen, die sie beenden, normalerweise nicht die Verzweifeltsten sein, sondern männlich, gesund und relativ wohlhabend.“ Die Autoren fordern eine klarere Trennung zwischen Asylgewährung und Arbeitsmigration.
Zugleich schlägt das Magazin vor, Flüchtlinge künftig möglichst nahe ihrer Herkunftsregion unterzubringen. Die Chancen auf eine spätere Rückkehr stiegen, wenn Menschen in benachbarte Länder flüchteten. Dort sei auch eher mit kultureller Nähe und größerer Akzeptanz durch die Bevölkerung zu rechnen: „Es ist auch wahrscheinlicher, dass sie von ihren Gastgebern willkommen geheißen werden, die ihnen in der Regel kulturell nahestehen und sich bewusst sind, dass sie die erste verfügbare Zuflucht vor einer Katastrophe suchen“, heißt es im Artikel.
The Economist, gegründet 1843, versteht sich selbst als unabhängig und bezeichnete seine politische Haltung 2017 als „radikal zentristisch“. Das Magazin spreche sich etwa für freie Märkte, Deregulierung und Privatisierung aus, befürworte aber auch gesellschaftspolitische Liberalisierungen wie die Ehe für alle und die Legalisierung von Drogen.
Bereits im April hatte das Magazin in Deutschland für Diskussionen gesorgt, als es in einem Artikel zur Meinungsfreiheit auf die Verurteilung des Publizisten David Bendels, Chefredakteur des AfD-nahen „Deutschlandkuriers“, einging. Der Text verwies auf eine sinkende Wahrnehmung von Meinungsfreiheit in der deutschen Bevölkerung seit Beginn der 2020er-Jahre. Die Autoren stellten dabei klar, dass Einschränkungen nicht nur rechte Stimmen, sondern auch linke propalästinensische Aktivisten betroffen hätten. Fazit: „Die Gefahren für die freie Meinungsäußerung kommen nicht nur aus einer Richtung.“