
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat der umstrittenen Verfassungsgerichts-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf nahegelegt, von ihrer Nominierung zurückzutreten. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen erklärte der CSU-Politiker, dass die Potsdamer Professorin seiner Einschätzung nach in der vergangenen Woche keine Mehrheit im Bundestag gefunden hätte.
„Frau Brosius-Gersdorf macht sich bestimmt Gedanken, wie sie mit dieser Situation umgeht“, sagte Dobrindt auf die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Und weiter: „Als Bewerberin für eine Position im Verfassungsgericht hat man wohl kaum die Intention, die Polarisierung in der Gesellschaft weiter zu befördern.“ Er betonte außerdem: „Unabhängig von Frau Brosius-Gersdorf – die Überhöhung einer Person für ein, wenn auch herausgehobenes Amt, wäre die falsche Reaktion.“
Im Rückblick auf den gescheiterten Wahlprozess räumte Dobrindt ein, dass das Verfahren „nicht optimal gelaufen“ sei. Gleichzeitig verteidigte er die Entscheidung der Unionsfraktion, die Wahl kurzfristig abzusagen: „Die entscheidende Frage ist: Hätte es am vergangenen Freitag eine Mehrheit für Frau Brosius-Gersdorf gegeben? Mein Eindruck ist – nein, es hätte nicht gereicht.“
Die ursprünglich für die vergangene Woche geplante Wahl der Staatsrechtlerin ans Bundesverfassungsgericht wurde kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags gestrichen. Innerhalb der Union gab es erhebliche Vorbehalte gegenüber Brosius-Gersdorf. Die Fraktionsführung konnte die im Vorfeld mit der SPD abgestimmte Unterstützung nicht mehr gewährleisten. Die Sozialdemokraten halten jedoch weiterhin an ihrer Kandidatin fest.
Brosius-Gersdorf selbst zeigte sich in der ZDF-Talkshow Markus Lanz offen für einen Rückzug. Auf die Frage, ob die gescheiterte Wahl und die öffentliche Debatte dem Ansehen des Verfassungsgerichts schaden könnten, sagte sie: „Sobald das auch nur droht, würde ich an meiner Nominierung nicht festhalten.“
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht kaum noch Chancen für ihre Wahl. Im Stern erklärte er, es bestehe inzwischen eine politische „Befangenheit“ rund um die Personalie, die dem Gericht schaden könne. Mit Blick auf die SPD sagte Söder: „Mit dem Kopf durch die Wand zu gehen – da ist die Wand am Ende stärker.“