
Die Reaktionen auf den Rausschmiss der konservativen Nachwuchsjournalistin Julia Ruhs beim NDR stellen einen Dammbruch dar. Erstmals erhebt sich die konservative Mehrheit im Land auch auf politischer Ebene und stellt sich geschlossen hinter eine Person, die ein linker Mitarbeiter-Mob im NDR verunglimpfte, bekämpfte und schließlich erfolgreich abgesägte. In den Äußerungen der Politiker finden sich keine Distanzierungen von Ruhs, keine Relativierungen des Falls. Stattdessen das klare Signal: Diese linke Cancel Culture muss ein Ende haben.
Die Botschaft dieser Woche lautet: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann sich immer noch viel zu viel leisten (wie die abstoßenden Äußerungen von Dunja Hayali und Elmar Theveßen über die Ermordung von Charlie Kirk zeigen), aber sogar für ihn gelten inzwischen Grenzen. Zu viel linker Aktivismus wird Konsequenzen nach sich ziehen. Für ein Milieu, das das Wort „Konsequenzen“ kaum buchstabieren kann, ist dies ein wichtiges Signal. Doch diese Woche ist mehr als ein Signal. Sie könnte auch ein Türöffner sein für echte politische Folgen. Bevor wir zu einem konkreten Szenario kommen, blicken wir erstmal auf die Frage, warum diese Woche so entscheidend war.
Die Einigkeit über das Versagen des NDR im Fall Ruhs herrscht im konservativen Lager von rechts bis in die grün angehauchte Mitte: AfD-Abgeordnete solidarisierten sich mit Ruhs ebenso wie CSU-Chef Markus Söder, Unionsfraktionschef Jens Spahn oder Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther, der sogar eine pompöse Verabschiedungsveranstaltung für den scheidenden NDR-Intendanten Joachim Knuth sausen ließ, um sich mit Ruhs auf einem Podium ablichten zu lassen – eine maximale Provokation in Richtung NDR.
Daniel Günther mit Julia Ruhs bei der Diskussionsveranstaltung „Debatte erwünscht? Meinungsvielfalt und Medienkultur“.
Skeptiker mögen zu Recht einwenden, dass die Union immer wieder rechts blinkt, um dann links abzubiegen; dass die CDU-Kritik am NDR keine grundlegenden Reformen oder gar ein Ende der Pflichtbeiträge bedeuten wird. Doch das Entscheidende und Neue an der Debatte in den letzten Tagen ist etwas anderes: Sie bildet in weiten Teilen des politischen und medialen Spektrums die konservative Mehrheit im Land realistisch ab, und das ohne vorhergehenden medialen Druck. Das Störgefühl über den Umgang des NDR mit Ruhs stellte sich innerhalb der Union nahezu von selbst ein.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte etwa bei Welt, man solle die Rundfunkbeiträge auf dem jetzigen Niveau einfrieren, „damit endlich Druck entsteht, damit Reformen passieren“. Linnemann klingt hier nicht mehr wie ein Teil der schwarz-roten Regierung, sondern vielmehr wie der selbsternannte Anführer einer neuen konservativen Allianz. Noch radikaler klingt die Forderung von Ex-FDP-Chef Wolfgang Kubicki bei Welt: „Wir müssen die rechtlichen Grundlagen für den NDR neu verhandeln und neu festlegen. Und das geht nur, wenn man den bestehenden (Rundfunkstaats)Vertrag kündigt.“ Da klingt Kubicki schon fast wie die AfD.
Während Linke seit Jahren von einem Einschüchterungs-Apparat aus steuerfinanzierten NGOs, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, links durchtränkten Universitäten und Behörden zur Macht getragen werden und Kritiker aus dem Weg geräumt bekommen, ist das Stoppschild der Konservativen für linke Cancel-Culture vergleichsweise neu. Die vergangenen Tage haben den Verantwortlichen innerhalb der Öffentlich-Rechtlichen gezeigt, dass sie sich nicht alles leisten können. Das allein ist schon ein großer Erfolg, der vor einem Jahr noch nahezu undenkbar gewesen wäre.
Doch damit nicht genug.
Im Fall Ruhs setzt sich fort, was in den vergangenen Wochen auch mit Blick auf NIUS zu beobachten war: Die Berichterstattung selbst ist Teil der Berichterstattung, die journalistische Metaebene hält Einzug in die Debatte. Im Zentrum dieser Debatte steht die Frage, ob die Realität benannt werden darf, ohne dafür einen sozialen oder politischen Preis zahlen zu müssen. Der NDR will Julia Ruhs deshalb im Format „Klar“ ersetzen, weil sie darin Fakten etwa über die Migrationspolitik thematisierte, die die ARD sonst lieber verschweigt. Auch NIUS ist genau wegen solch klarer Benennung politischer und sozialer Realitäten den Linken und ihrem Vorfeld ein Dorn im Auge. Dass die journalistische Meta-Debatte es aus der medialen Blase heraus in den Mainstream geschafft hat und zum Politikum wird, ist ein großer Erfolg all jener, die seit Jahren den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisieren.
Wer die Wortmeldungen der Politik als leere Phrasen abtut, könnte sich also irren. Denn sie stoßen die Tür auf für ein mögliches Ende des pflichtbeitragsfinanzierten Erziehungsfernsehens. Und dabei könnte Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle spielen.
Im September 2026 finden dort Landtagswahlen statt. Die AfD liegt in Umfragen bei 39 Prozent. Spitzenkandidat Ulrich Siegmund strebt eine absolute Mehrheit an und erklärte die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags kürzlich zur „ersten Amtshandlung“, sollte er Ministerpräsident werden. Sollte die AfD nicht allein regieren können, stünde die Union nach den derzeitigen Umfrage-Werten vor der Entscheidung, ob sie in einem weiteren Bundesland mit der SED-Nachfolgepartei Die Linke eine Koalition gegen die AfD schmiedet, oder ob sie sich endlich vom überholten Konzept der sogenannten „Brandmauer“ trennt. Und wenn man den konservativen Vibe Shift bedenkt, der Deutschland – gemächlicher als die USA, aber doch spürbar – erfasst, dann wird der Fall der „Brandmauer“ zumindest realistischer.
Ulrich Siegmund, Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Mit Ulrich Siegmund hat die AfD zudem ein politisches Aushängeschild gefunden, das schwer als „radikal“ zu brandmarken ist. Sein Wikipedia-Account enthält nicht einmal die Rubrik „Kritik“. Auf TikTok präsentiert er sich als Konservativer mit gesundem Menschenverstand, begeistert damit auch viele junge Follower – und hat auch dort den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Wahlkampfthema für sich entdeckt.
Die politischen Mehrheiten für ein Ende linker Indoktrination auf Kosten der Beitragszahler sind längst da, nun müssen sie bloß genutzt werden. Wenn ein Bundesland den ersten Schritt machen würde, könnten weitere folgen. Bislang verschanzen sich die ÖRR-Anhänger hinter der Behauptung, dass eine Abschaffung des Systems aus rechtlichen Gründen nicht möglich wäre. Doch allein ein Blick an unsere Grenzen, die seit Jahren permanent illegal übertreten werden, zeigt: In der Politik kommt es am Ende immer darauf an, was Parlamente und Regierungen entscheiden. Wenn der Rundfunkstaatsvertrag in seiner jetzigen Form seine politische Legitimation verliert, dann ist er auch rechtlich tot.
Und wenn die Politik nichts tut? Dann werden ARD und ZDF schon selbst daran arbeiten, sich zu delegitimieren – das zumindest hat diese Woche deutlich gezeigt.
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