Bundesweite Polizeirazzien gegen „Hass und Hetze“: Kriminell ist, wer das Falsche sagt

vor etwa 5 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Es ist sechs Uhr morgens. Die Polizei klingelt. Nicht bei Schwerkriminellen, nicht bei IS-Rückkehrern oder Schleuserbanden, sondern bei Bürgern, die sich in sozialen Medien „falsch“ geäußert haben. Was früher Meinungsäußerung war, heißt heute „Hass“, „Hetze“ oder „delegitimierende Äußerung“. Begriffe, die im Strafgesetzbuch so nicht als Straftat vorkommen, aber gerade deshalb politisch umso wirkungsvoller eingesetzt werden können.

Der Rechtsstaat zeigt hier nicht Stärke, sondern Schwäche. Es ist die Metamorphose einer demokratischen Ordnung in eine empfindliche Gesinnungsbürokratie. Während das Bundeskriminalamt stolz verkündet, im Rahmen eines bundesweiten „Aktionstags gegen Hass“ über 180 Maßnahmen vollzogen zu haben, stellt sich eine zentrale Frage: Was ist eigentlich „Hass“?

Der Begriff „Hass“ ist im deutschen Strafrecht nicht definiert. Kein Paragraf, keine klare Abgrenzung, keine juristisch belastbare Schwelle. Und gerade das macht ihn so gefährlich: Was strafbar ist, bestimmt zunehmend nicht mehr das Gesetz, sondern das Empfinden. Ein Tweet, der gestern noch polemisch war, gilt heute als Hetze, was er morgen vielleicht schon bedeuten kann, wollen wir uns nicht ausdenken.

Der Staat, sekundiert von den “vertrauenswürdigen” Medien, weiß, dass unklare Begriffe machtvolle Werkzeuge sind. Die „Volksverhetzung“ etwa wird inzwischen derart extensiv ausgelegt, dass sie als Allzweckwaffe gegen missliebige Stimmen dient. Wer in zugespitzter Sprache Kritik an Migration, Regierung oder Medien übt, riskiert heute nicht nur den digitalen Pranger, sondern polizeiliche Ermittlungen.

Der aktuelle Aktionstag ist nur der jüngste Ausdruck eines viel grundsätzlicheren Problems. Die politische Klasse hat verstanden, dass sie mit juristisch vagen, emotional aufgeladenen Kampfbegriffen ganze Meinungslager delegitimieren kann. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Verbot des Magazins Compact war ein seltener Lichtblick. Es sagt, dass selbst zugespitzte Kritik, ja besonders diese, so die Richter, von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Eine Ohrfeige für eine ehemalige Innenministerin, die Grundrechte offenbar als Behinderung verstanden hat.

Doch was nützt ein rechtsstaatlicher Erfolg, wenn die gesellschaftliche Tendenz eine andere ist? Wenn immer mehr Bürger sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen, nicht aus Angst vor Widerrede, sondern vor Ermittlungen? Wenn politische NGOs, finanziert vom Steuerzahler, rund um die Uhr Inhalte „melden“ – was nichts anderes als denunzieren bedeutet –, die ihnen ideologisch nicht passen? Wenn die Unschärfe der Begriffe bewusst genutzt wird, um das Sagbare zu verengen?

Dieser Staat braucht keine Stasi. Er hat Plattformrichtlinien, moralische Empörungsrituale und einen Paragrafen-Dschungel, dessen Deutungsmacht sich zunehmend in die Hände politischer Akteure verlagert. Die Maschinerie funktioniert. Polizeiliche Maßnahmen werden als „Schutz der Demokratie“ bezeichnet, mediale Gleichschaltung als „Verantwortung“ und Überwachung als „Sensibilisierung“.

Dass gleichzeitig ein Magazin wie Compact nur mit Mühe vor dem Verbot bewahrt wird, zeigt, wie dünn der rechtsstaatliche Firnis bereits ist. Der Versuch, über das Vereinsrecht eine missliebige Publikation zu verbieten, war nichts anderes als ein politischer Taschenspielertrick, der vom Gericht auch als genau das benannt wurde. Der eigentliche Skandal ist, dass ein solches Vorgehen überhaupt versucht wurde und der Versuch bei der Mehrheit keinerlei Empörung auslöste.

Die Meinungsfreiheit in Deutschland stirbt nicht in einem großen Knall. Sie stirbt in unklaren Begriffen, juristischen Spitzfindigkeiten und vermeintlich gut gemeinter Erregung. Wer heute meint, mit Polizeieinsätzen gegen Worte die Demokratie zu schützen, hat nicht verstanden, was sie ausmacht. Der freiheitliche Staat lebt vom Streit, nicht von der Einheitsmeinung. Und er stirbt, wenn Begriffe wie „Hass“ zur politischen Waffe werden.

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