
Der polnische Präsident Andrzej Duda hat sich geweigert, einen Gesetzentwurf der Mitte-Links-Koalitionsregierung von Ministerpräsident Donald Tusk gegen Hassreden zu unterzeichnen. Duda begründete dies mit Bedenken über mögliche negative Auswirkungen auf Minderheitengruppen wie die LGBT-Gemeinschaft. Das Gesetz war vorher vom Parlament verabschiedet worden.
Andrzej Duda begründet die Ablehnung wie folgt: „Die fraglichen Bestimmungen lassen Zweifel an der Umsetzung des in der Verfassung garantierten Rechts auf freie Meinungsäußerung aufkommen.“ Weiter sagte er, dass das vorgeschlagene Gesetz „ein hohes Risiko birgt, dass es instrumentalisiert wird und damit eine Art präventive Zensur schafft“. „Der Rückgriff auf das Strafgesetzbuch ist nur dann gerechtfertigt, wenn das gewünschte Ziel nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Die Verfasser des Entwurfs konnten nicht nachweisen, dass die bestehenden Schutzmaßnahmen unzureichend sind“, so Duda weiter.
Der Präsident, der den oppositionellen Konservativen (PiS) nahesteht, hat den Gesetzentwurf am 17. April an das Verfassungsgericht weitergeleitet, das darüber entscheiden soll, ob die Bestimmungen des Gesetzes mit den verfassungsrechtlichen Garantien der Meinungsfreiheit vereinbar sind. Die PiS hat im Parlament gegen den Vorschlag gestimmt.
Da alle Richter, die derzeit im Verfassungsgericht sitzen, während der Regierungszeit der vorherigen PiS-Regierung gewählt wurden, gilt es als unwahrscheinlich, dass das Gericht das Gesetz genehmigen wird. Allerdings erkennt die Regierung Tusk die Legitimität des Gerichts nicht an. Sie weigert sich, dessen Urteile zu veröffentlichen, und hat die Wahl von drei der 15 Richter angefochten.
Die in Polen geltenden Gesetze gegen Hassverbrechen gelten für „Verbrechen, die durch Hass aufgrund der nationalen, ethnischen, rassischen, politischen oder religiösen Zugehörigkeit des Opfers motiviert sind“. Sie bestrafen Gewalt, Drohungen oder Beleidigungen, die durch solchen Hass motiviert sind, und die Förderung von darauf basierenden Ideologien mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren.
Letztes Jahr verurteilte ein Gericht Mitglieder einer Lebensrechtsinitiative wegen Verleumdung, weil sie Slogans veröffentlicht hatten, die „LGBT+“ mit Pädophilie in Verbindung brachten. Das Justizministerium sieht den Schutz von Minderheiten jedoch noch nicht als ausreichend an. Es argumentierte: „Diese Bestimmungen bieten nicht genügend Schutz für alle Minderheitengruppen, die besonders anfällig für Diskriminierung, Vorurteile und Gewalt sind.“ Daher schlug das Ministerium vor, die bestehenden Kategorien, die unter die Gesetzgebung gegen Hassverbrechen fallen, um die Kategorien Geschlecht, Alter und Behinderung zu erweitern.
Die Aufnahme der sexuellen Orientierung und des Geschlechts in die Gesetze gegen Hassverbrechen war eines der Elemente der Koalitionsvereinbarung zwischen Tusks Bürgerkoalition (KO), der Linkspartei und dem Mitte-Rechts-Bündnis Dritter Weg.
Die Gesetzesänderung war von der LGBT-Lobby gefordert worden, die argumentierte, sie sei in den acht Jahren der letzten PiS-Regierung (2015-2023) stigmatisiert worden. Während dieser Zeit, so die LGBT-Gruppen, hätten die Partei und Duda eine Kampagne gegen LGBT- und Gender-Ideologien geführt, die den polnischen Traditionen und Normen fremd seien.
Der Gesetzesentwurf könnte nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten im August wieder ins Parlament eingebracht werden, falls die Regierungskoalition die Präsidentschaftswahlen gewinnt. Präsident Duda befindet sich in seiner zweiten und damit letzten Amtszeit als Staatsoberhaupt. Er kann deshalb nicht noch einmal gewählt werden.
Der Spitzenkandidat für seine Nachfolge ist nach den jüngsten Umfragen der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski, der für Tusks Partei kandidiert. Allerdings ist sein Vorsprung vor dem PiS-Kandidaten Karol Nawrocki in den Umfragen in letzter Zeit kleiner geworden.
Der Artikel erschien bei brusselssignal.eu.