
Wie die BZ am Samstag berichtet, droht ab dem 01. November hunderten Mietern in Berlin-Charlottenburg die Wohnungslosigkeit. Grund ist der mangelnde Brandschutz wegen eines Fahrradwegs in der Kantstraße. 2020 wurde in der Kantstraße ein sogenannter Pop-Up-Radweg, also ein temporärer Radweg auf der Fahrbahn, eingeführt. Am rechten Rand der Fahrbahn verläuft der Radweg, dann kommen Parkplätze für Autos, dann die Spur für fahrende Autos. Aufgrund dieser Konstellation ist der Brandschutz für die Wohnungen ab der dritten Etage nicht mehr gewährleistet.
Das Gesetz sieht vor, dass bei Häusern bis zu einer Höhe von 22 Metern ein zweiter Fluchtweg gegeben sein muss, indem die Feuerwehr Leitern zur Rettung einsetzen kann. In der Kantstraße kann die Feuerwehr aufgrund der Straßenunterteilung die Wohnungen ab der dritten Etage mit dem Leiterwagen nicht mehr erreichen. Denn der Fahrradweg ist für Einsatzfahrzeuge zu schmal und der linke Fahrstreifen ist zu weit weg. Das Problem ist schon seit Jahren bekannt. So berichtete der Tagesspiegel bereits 2021 darüber. Damals hieß es, dass über hundert Wohnungen betroffen sind. Ein weiteres Problem bei der Fahrbahnaufteilung in der Kantstraße besteht darin, dass Fahrzeuge dem Rettungswagen wegen des Zauns im Mittelstreifen nicht ausweichen können.
Nun hat laut der BZ der Bezirksstadtrat Christoph Brzezinski (CDU) beschlossen, dass ab dem 01. November “sukzessive Nutzungsuntersagungen für die betroffenen Wohneinheiten” ausgesprochen werden sollen. Das bedeutet, dass Mieter ab der dritten Etage nicht mehr in ihren Wohnungen wohnen dürfen. Auf eine Anfrage der FDP-Fraktion vom Donnerstag bestätigte das Bezirksamt den Vorgang. Das Bezirksamt konnte nicht sagen, wo die betroffenen Bewohner bleiben sollen.
Der Bezirks-Parlamentarier Johannes Heyne von der FDP sagte zur BZ: Brzezinski “steht persönlich in der Haftung, wenn er einen baurechtlichen Missstand duldet.” Doch Nutzungsuntersagungen für die betroffenen Mieter seien der falsche Weg. “Eine vernünftige Lösung muss her!”, forderte der FDP-Politiker.
Obwohl das Problem seit Jahren bekannt war, kam man zu keiner vernünftigen Lösung. Die FDP-Fraktion forderte schon im September 2020 den Rückbau des temporären Radwegs, wie der Tagesspiegel damals berichtete. Laut der FDP habe die Senatsverwaltung Betroffene wie die Feuerwehr oder die Berliner Verkehrsbetriebe an der Planung der Pop-Up-Radwege nicht beteiligt. Im Zuge der Corona-Pandemie waren in den ersten Monaten fünfundzwanzig Kilometer an temporären Radwegen in ganz Berlin errichtet worden. 2021 teilte die zuständige Berliner Verkehrsverwaltung mit, dass aus dem temporären Radweg in der Kantstraße ein dauerhafter Radweg werden sollte.
Schon am 28. April 2022 war das Problem des mangelnden Brandschutzes wegen des Radweges in der Bezirksverordnetenversammlung zur Sprache gekommen. Auf eine mündliche Anfrage der FDP antwortete das Bezirksamt, dass eine Räumung der betroffenen Wohnungen geprüft werde. Denn rechtlich gesehen müssen Wohnungen sofort geräumt werden, wenn kein zweiter Fluchtweg zur Verfügung steht.
Außerdem gab das Bezirksamt damals an, dass wegen des mangelnden Brandschutzes keine Dachgeschossausbauten in der Kantstraße genehmigt werden könnten. Die FDP forderte daher auch 2022 schon die Aufgabe des temporären Radwegs. 2023 erkundigte sich laut der Berliner Woche die FDP in einer Anfrage, ob die Anwohner der Kantstraße vom Bezirksamt darüber informiert worden seien, dass sie im Falle eines Brandes nicht über die Leitern der Feuerwehr gerettet werden könnten. Das Bezirksamt antwortete, dass es die Anwohner nicht informiert habe.