Porsche: Blume tauscht Vorstand aus, Aktionäre fordern Blumes Rücktritt

vor 28 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

„Gestern noch auf stolzen Roßen, heute in die Brust geschossen……“ (Reiters Morgenlied, Wilhelm Hauff). Eine unter Automobil-Ethnologen beliebte Scherzfrage lautet: Was unterscheidet Unternehmen in der Automobilindustrie von einer Fußballmannschaft in der Bundesliga? Antwort: alles! In Automobilunternehmen werden bei Strategie-Fehlern der Chiefs die Indianer entlassen, die Chiefs bleiben; bei Bundesligamannschaften ist es umgekehrt.

Die Abläufe kennen altgediente Kenner der Autobranche seit Dezennien. Ob Opel, Ford, VW, Audi usw., alles verlief immer nach dem gleichen Muster: Bei Absatz- und Ergebnis-Schieflagen kam es stets zu rigiden Personaleinsparungen, vulgo: Massenentlassungen. Die deutschen US-Auto-Töchter Opel und Ford brachten es in dieser Disziplin in den letzten Jahrzehnten sogar zu einer richtigen Meisterschaft. Nach dem Verkauf von Opel an den französischen Stellantis-Konzern steht aktuell -wieder einmal – der letzte verbliebene US-Mohikaner mit Tradition Ford in Köln im Mittelpunkt der Medien. Da wird sogar – völlig dem Absatz angemessen – erstmals in der Ford-Geschichte gegen die drohenden weiteren Arbeitsplatzverluste gestreikt, kaum, dass von ehemals 20.000 Mitarbeitern noch ein paar tausend übrig sind. Davor war – allerdings wesentlich seltener – der VW-Konzern mit Personal-Kahlschlag an der Reihe, dann kam Mercedes.

Personalpolitik in der Autoindustrie folgt stets dem einstigen Show-Motto von Rudi Carrell: Köpfe rollten am laufenden Band. Bei Porsche und BMW waren Personalentlassungen bislang fremd. Porsche unter CEO Oliver Blume tanzt jetzt allerdings aus der Reihe. Hier musste CEO Oliver Blume angesichts extremer Absatz- und Ertragsproblemen – die Rendite fiel von wie früher gewohnt 18 Prozent inzwischen auf deutlich unter 10 Prozent, sehr zum Leidwesen der Konzernmutter VW und deren Familienaktionäre – kurzerhand „alle Chiefs in die Prärie“ schicken, will sagen, den gesamten Vorstand innerhalb weniger Wochen fast komplett entlassen und neu besetzen.

Dazu im Einzelnen: Jochen Breckner (Finanzen), Matthias Becker (Vertrieb), Vera Schalwig (Personal), Joachim Scharnagl (Beschaffung) stehen für eine neue Generation. Abgelöst wurden Personal- und Beschaffungsvorstand Frenkel und Haffner. Wenige Wochen zuvor schon Vize-CEO Lutz Meschke (Finanzen) und Detlev von Platen (Vertrieb). Geblieben sind Produktionschef Albrecht Reimold und Entwicklungschef Michael Steiner. Vor der jetzigen Personalrochade ist der Vorstand des Sportwagenbauers nahezu zehn Jahren unverändert geblieben (Porsche baut Vorstand um: Was Oliver Blume damit bezweckt | Automobilwoche.de).

Erst mit der Beförderung von Oliver Blume vom Produktionschef zum Porsche Vorstandsvorsitzenden im Jahr 2015 wurden damals auch die meisten anderen Posten neu besetzt. Blume löste damals Matthias Müller als Porsche CEO ab, der als neuer Chef nach Wolfsburg gerufen wurde, um den Diesel-Skandal zum Abschluss zu bringen; und den Chefsessel nach kurzer Zeit an Ehrgeizling Herbert Diess weiterreichte, bis Porsche-Chef Oliver Blume kam und Diess mit goldenem Händeschütteln in Früh-Pension schickte.

Lutz Meschke zeichnete seit 2015 für das Ressort Finanzen verantwortlich und wurde Blumes Stellvertreter. Produktionschef wurde Albrecht Reimold, Entwicklungschef Michael Steiner, Vertriebschef Detlev von Platen sowie Personalchef Andreas Haffner, alle zur gleichen Zeit. Einen völlig geräuschlosen und unspektakulären Wechsel in Stuttgart gab es nach Müllers Weggang lediglich noch im Jahr 2021, als Barbara Frenkel den Bereich Beschaffung vom altersbedingt ausscheidenden Uwe-Karsten Städter übernahm. Zudem wurde 2023 für Sajjad Khan das Ressort Car-IT neu geschaffen.

Für die Automobilwoche war die Stabilität in der Führungsmannschaft bei Porsche einer der wesentlichen Faktoren für den rasanten Wachstumskurs des Sportwagenherstellers in den vergangenen Jahren. Es handelte sich um ein sehr erfahrenes und eingespieltes Team, das unentwegt auf der „winning“-Spur war. Und Porsche zum renditestärksten Autokonzern auf dem Globus machte.

Doch damit ist nun Schluss. In den vergangenen Monaten hat Blume, der seit 2021 zusätzlich auch den Volkswagen-Konzern lenkt, seine Führungsmannschaft fast komplett ausgewechselt. Erst mussten völlig überraschend Finanzchef Lutz Meschke und Vertriebschef Detlev von Platen Knall auf Fall gehen, weil sie in Ungnade gefallen waren. Laut Automobilwoche der eine, weil er allzu forsch Ansprüche auf den Chefposten anmeldete; der andere, weil er mit seiner jungen Frau eine Weltreise plante, während die Absatzzahlen vor allem in China abstürzten.

Bei den zwei jüngsten Personalien wirkt der Übergang zwar geordneter. In Zeiten der Krise kann es indessen Blume offenbar nicht schnell genug gehen, seine Führungsmannschaft auszutauschen. Denn auf externe Lösungen bei den Neubesetzungen verzichtete CEO Blume. Allen Neuen sind ausnahmslos Porsche-Eigengewächse, die aus der zweiten Reihe kommen und sofort loslegen können.

Und auch müssen! So musste Jochen Breckner keine zwei Wochen nach offiziellem Amtsantritt bereits seine erste Bilanzpressekonferenz bestreiten. Auch Matthias Becker legte bei der Neuaufstellung der regionalen Vertriebschefs ein beachtliches Tempo vor. Fakt ist, die neuen Porsche-Vorstände haben viel zu reparieren:

Hinzu kommt, dass Porsche als einziger deutscher Autobauer ausschließlich in Deutschland produziert und kein Werk im Ausland betreibt, weder in USA noch in China, seinen Hauptabsatzmärkten. Von scharfen Zollkriegen wäre der Sportwagenbauer also besonders betroffen.

Da gibt es viel zu tun!

P.S.

Wie der blog „deraktionär.de“ berichtet, „forderten Aktionäre den Manager auf der Hauptversammlung der Wolfsburger am Freitag auf, das Amt als Porsche-CEO niederzulegen. Mehrere Großaktionäre von Volkswagen haben auf der Hauptversammlung am Freitag deutliche Kritik an Konzernchef Oliver Blume geäußert. Sie forderten seinen Rückzug von der Porsche-Spitze. „Sie stehen im Kreuzfeuer der Interessen“, sagte Ingo Speich von Deka Investments. Um bei VW das Steuer herumzureißen, brauche es vollen Fokus. Auch Union Investment und DWS forderten ein Ende der Doppelrolle: Volkswagen habe derzeit nur einen Teilzeit-Chef“, so „deraktionär.de“.

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