Porsche in großer Not

vor etwa 19 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Beim Sportwagenbauer Porsche, der früheren „profit cow“ des VW-Konzerns, kriselt es erheblich. Dramatische Schwierigkeiten in China und mögliche US-Zölle bedrohen zwei Drittel des Porsche Jahres-Absatzes. Hausgemachte Probleme mit verfehlter Modellpolitik kommen noch hinzu. Die Antwort der Geschäftsleitung ist, man wollte sich aus der Krise heraus sparen. Porsche-Chef Oliver Blume stimmt die Belegschaft auf neue Sparpläne ein. Wird das ausreichen?

Drohende Zölle in USA, ein Markteinbruch in China und hausgemachte Strategieprobleme stürzen Porsche in die Krise. In einer ersten Sparrunde fielen bereits Stellen weg. Weitere Stellenkürzungen werden wohl nicht zu vermeiden sein.

VW- und Porsche-Doppel-CEO Oliver Blume hat der Belegschaft der Porsche AG einen Brief geschrieben. Und der hat es in sich. Inhalt wie Vorgang erinnern stark an Goethes Zauberlehrling, der des von ihm selber heraufbeschworenen Unheils nicht mehr Herr wird. Und dann verzweifelt um Hilfe ruft.

Bei Goethe konnte noch der alte Zaubermeister helfen. Porsche-Chef Blume bleibt nur der dramatische Appell, besser Hilferuf, an seine Belegschaft. Denn ohne deren Zustimmung und Mitwirkung wird es nicht gehen, da ein neues Sparprogramm vor allem die Belegschaft treffen wird. Bereits Anfang des Jahres hatte der Porsche-Vorstand angekündigt, bis 2029 1.900 Stellen in der Region Stuttgart sozialverträglich abbauen zu wollen.

Zur Sache äußert sich der Porsche-Chef indessen klar und deutlich: „Unser Unternehmen kämpft derzeit mit massiven Herausforderungen […] Die Lage bleibt ernst, und die Branche entwickelt sich sehr dynamisch […] Das Geschäftsmodell, dass das Unternehmen über viele Jahrzehnte getragen habe, funktioniere heute nicht mehr in dieser Form […] Unsere Rahmenbedingungen haben sich in kurzer Zeit massiv verschlechtert.“

Immerhin gesteht er ein, dass sich vor allem die Elektromobilität in vielen Märkten deutlich langsamer entwickelt, als Porsche, Experten, Politik und Medien es noch vor Jahren erwartet hatten. „Das alles trifft uns hart. Härter als viele andere Automobilhersteller. Wir haben es mit einer Krise der Rahmenbedingungen zu tun.“ Dass Blume als CEO dazu selbst maßgeblich beitragen hat, übergeht er geflissentlich.

Über die Folgen der vom Porsche-Vorstand selbst initiierten strategischen Fehlentscheidungen, einseitig zugunsten der E-Autos und zu Lasten der sportlichen Autos mit Verbrenner-Motor als tragendes Geschäftsmodell seit Gründung von Porsche, schweigt Blume sich aus.

Porsche müsse laut Blume jetzt flexibel und schnell auf die Veränderungen reagieren. Das gelte weltweit und mache sich bei Absatz und finanziellem Ergebnis bemerkbar. „Im zweiten Halbjahr 2025 verhandeln Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung von nun an über ein zweites Strukturpaket, um die Leistungsfähigkeit des Unternehmens langfristig abzusichern.“ Porsche-Chef Blume bereitet die Belegschaft auf Jobabbau vor.

Beim euphorisch bejubelten Börsengang von Porsche am 22. September 2022 – Blumes Erstlingswerk als VW-Konzernchef – waren dem Kapitalmarkt langfristig sogar 20 Prozent in Aussicht gestellt worden. Und nun dieses Desaster. Als Folge musste im Frühjahr 2025 schon Finanzvorstand und langjähriger Weggenosse von Blume, Lutz Meschke, ebenso wie Vertriebs-Vorstand Detlev von Platen, ihren Hut nehmen.

„Die aktuelle Performance ist nicht unser Anspruch. Unsere Ambitionen bei Porsche liegen weit höher“, so Blume in seinem Schreiben. Die Ambitionen ja, aber die Porsche-Realität von heute sieht völlig anders aus.

Dass sich alles in diese Richtung entwickeln würde, hat sich seit langem angekündigt. Blume &Co wollten das aber nicht wahrhaben. Bereits 2024 kam beim wachstumsverwöhnten Autobauer der jahrelange Aufwärtstrend zum Stillstand. Der globale Porsche-Absatz fiel um 3 Prozent auf 310.718 Einheiten. Da konnte auch das Verbrenner-Revival des „alten“ 911er in Deutschland mit einem ungewohnten Absatzzuwachs von 11 Prozent auf 35.858 nichts ändern.

Ausschlaggebend war ausschließlich der zweitwichtigste Porsche-Volumenmarkt China, wo bereits 2024 die Verkäufe um 28 Prozent auf 56.887 Einheiten zurückgegangen war. Dieser Trend hat sich im ersten Halbjahr 2025 noch verstärkt. Der Verkauf in China ging nochmals um weitere 28 Prozent zurück. Die gesamten Absatzzahlen sanken deshalb um 6 Prozent auf 146.391 verkaufte Autos. Die Zuffenhausener hatten ihren Nordamerika-Absatz vorsorglich, wegen der drohenden Zölle, um 10 Prozent auf 43.577 erhöht. Und das gegen den Trend, denn auch in USA blieb 2024 das Wachstum mit 86.541 verkauften Autos aus.

Zum einen ist Porsche als einziger deutscher Premium-Hersteller auf Gedeih und Verderb auf den Export angewiesen. In keiner wichtigen Absatzregion, zum Beispiel USA oder China, werden von dem Unternehmen Auto produziert. Vor allem der volumenstärkste Markt in Nordamerika ist durch die Zollpolitik der neuen Regierung ernsthaft bedroht.

Zum Zweiten bahnt sich in China, bedingt durch die forcierte, aber längstens bekannte Elektrifizierungspolitik der Regierung, ein für Porsche schmerzhafter Marktverlust an. Vor allem durch das überraschende Vordringen des Handy-Anbieters Xiaomi, der neuerdings billige, aber qualitativ vergleichbare, Elektro-Sportwagen anbietet. Xiamomi-Sportwagen kosten nur die Hälfte.

Drittens kann der Versuch von Porsche-Chef Blume, auch in Deutschland und Europa „seinen“ CO2-Sportwagen einen grünen Elektro-Stempel aufzudrücken, als gescheitert angesehen werden. Die neuen Porsche E-Modelle sind zwar nach Meinung von Fachleuten, außer in China, technologisch hoch wettbewerbsfähig, haben aber ein Manko. Die traditionsbewussten Porsche-Fahrer wollen keinen elektrischen Porsche. Wo Porsche draufsteht, sollte auch ein echter Porsche drin sein.

Porsches E-Modelle standen im ersten Halbjahr 2025 wie Blei beim Handel. In Deutschland brach der Porsche-Absatz im ersten Halbjahr 2025 um 23 Prozent ein, im übrigen Europa um 8 Prozent.

Die Zusatz-Entwicklungskosten zurück zum Verbrennner hat er nicht angesprochen. Grundsätzlich beurteilen Branchenkenner das von Blume angekündigte zweite Spar- und Umstrukturierungspaket skeptisch.

Zu Recht. Denn die Maßnahmen zur Kostensenkung sind zwar eine notwendige erste Hilfe, aber keine hinreichende Bedingung, um Porsche zurück auf die Erfolgsspur zu setzen. Porsche braucht vor allem wieder Wachstum. Davon steht im Paket nichts. Belegschafts-Abbau heißt auch Abbau von Kapazitäten. Kostensenkung lindert die Ertragsnot. Zurück auf die alte Erfolgsspur kann sie den Sportwagenbauer aber nicht bringen. Porsche wird strukturell und dauerhaft schrumpfen.

Was danach kommt, ist offen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass der harte Kunden-Kern der Sportwagen-Marke Porsche dem Original treu bleiben wird. Ähnliche aber preiswertere chinesische Sportwagen wie Xiaomi, so sie eines Tages nach Europa und Deutschland kommen, werden sicherlich ihre Kunden finden, erfahrungsgemäß vor allem solche, die sich zuvor keinen „echten“ Porsche leisten konnten.

Fake wird das Original nie ganz ersetzen. Exklusivität schlägt Masse, das gilt auch bei Porsche. Exklusivität ist jedoch keine Wachstumsstrategie. Inzwischen hat der Porsche-Vorstand deshalb einen Strategie-Schwenk eingeleitet.

Noch lebt der Porsche-Mythos. Damit ist die wichtigste Voraussetzung gegeben, dass der Sportwagenhersteller am Ende des Tages wieder ein stabiles und ertragreiches Unternehmen wird. Aber auf niedrigerem Niveau. Und mit geschrumpften Strukturen.

Die alte Größe ist dahin. Bleibt es beim Aus für den Verbrennungsmotor, könnte das auch das Ende des Sportwagen-Hersteller Porsche bedeuten.

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