Präsidenten-Barbie tritt ab

vor etwa 6 Stunden

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Bildquelle: Apollo News

Der Raum ist nicht gut gefüllt. Viele Ränge bleiben weitgehend frei, nur ihre eigene Fraktion ist nahezu vollständig vertreten. Ihre letzte Rede im Bundestag muss Annalena Baerbock vor vielen blauen Stühlen halten. Doch das nimmt ihr nicht das grundzufriedene Lächeln von den Lippen und auch nicht das Strahlen, das sich über ihrem ganzen Gesicht breit macht. Ihre Stimmung ist unbeirrt glücklich. Wie nach der Zeugnisvergabe vor den Sommerferien. Fast wirkt sie sogar ein bisschen erleichtert.

Sie darf ihre letzte Rede halten, ganze zehn Minuten sind für sie vorgesehen. Auf ihrem Instagram-Account postete sie später ein Foto von sich an ihrem Schreibtisch. Sie beißt sich konzentriert auf die Lippe, um sie herum markierte Zettel, Notizen und der Gesetzesentwurf der AfD, zu dem sie ihre Rede hielt. „…manche Dinge ändern sich nie. Minuten vor der letzten Bundestagsrede. #letzterede„, schreibt sie dazu. Die Kommentare unter dem Artikel sind eingeschränkt und bestehen daher ausschließlich aus Lob.

Ob sie uns damit sagen will, dass sie erst kurz vor der Sitzung angefangen hat, ihre Rede vorzubereiten, weil sie ja so menschlich ist oder noch einmal betonen will, wie hart sie doch arbeitet, versteht man nicht so ganz. Aber wenn es eins gibt, was Grüne am liebsten machen, dann ist das konzentriert zu gucken, inmitten von Zetteln zu hocken und zu zeigen, wie sehr man sich doch abrackert. Vielsagend in die Ferne schauen ist auch ein Dauerrenner. Am liebsten noch mit Schwarz-Weiß-Filter.

Baerbock geht es in diesen Wochen sehr darum, Kreise zu schließen. Ihren letzten öffentlichen Auftritt hatte sie in einer Schule in Frankfurt an der Oder, aus irgendwelchen sentimentalen Gründen, die man lang und breit auf Instagram nachlesen kann. In ihrer letzten Rede erklärt sie, dass sie ihre erste Rede vor 12 Jahren zum Klimaschutz und ihre letzte nun zum Schutz der Demokratie hält, jeweils den akutesten Grundsatzthemen. Sie trägt den gleichen rosa Hosenanzug, den sie schon bei ihrer Bewerbung vor den Vereinten Nationen getragen hatte.

Ihr neuer Posten als Präsidentin für die 80. Sitzungsperiode der Generalversammlung der Vereinten Nationen ist offenbar ein echter Neuanfang für Annalena. Jetzt hat sie so wirklich das Gefühl, es geschafft zu haben. Sie lässt alles hinter sich, ihren Ex-Mann, die vielen Memes, zu denen die Strafbefehle noch ausstehen und Hausdurchsuchungen noch anstehen und die gemeinen Zusammenschnitte ihrer Versprecher. Jetzt geht es in die oberflächliche Lifestyle-Politik in New York.

Doch vor ihrem Abschied gibt sie uns, die sie nun schweren Herzens zurücklassen muss, noch ein paar Lehren mit auf den Weg. Immerhin ist sie ja nun erfahrene Weltpolitikerin – von einem hinterhergeworfenen Amt ins nächste. Sie hat diese neue Identität bereits fest verinnerlicht. Und so spricht sie zu uns nicht mehr wie eine Grünen-Politikerin, sondern wie jemand, der über den Dingen steht. Sie erzählt von den Grundsätzen der Demokratie und des Rechtsstaats und was alles im Grundgesetz steht.

Man fragt sich, warum sie so hart an der Rede arbeiten musste, als jemand, der aus dem Völkerrecht kommt, hätte das Rechtsstaatsprinzip jetzt nicht so überraschend für sie kommen sollen. Bei ihrem Argumentationsmuster hätte man sich auch gewünscht, dass sie wenigstens bei ihrer letzten Welle nicht fünf Minuten vorher mit der Vorbereitung anfängt. Die AfD – da ist sie sich sicher, was man daran merkt, dass sie jetzt brüllt – will deshalb ein Verbot der Finanzierung von parteinahen NGOs aus öffentlichen Mitteln, weil sie Angst vor der Zivilgesellschaft haben. Und sie wollen das Grundgesetz ändern, weil sie Angst vor dem Grundgesetz haben, weil da auch ein Parteiverbot drinsteht.

Die Zusammenhänge liegen ja quasi auf der Hand. Da muss man auch nichts weiter erklären und das tut Baerbock auch nicht. Sie geht dazu über aufzuzählen, was mit der Gesetzesinitiative alles betroffen wäre. Von jüdischen Museen bis zum THW ist das alles dabei, bis sie dann erklärt: Sogar der Sport wäre betroffen. Damit bringt sie ihr geniales Plädoyer zum großen Klimax: Die AfD will, dass wir nicht mehr Fußball-Weltmeister werden können. Und wer für den Fußball und für die Demokratie ist, darf deshalb dem Gesetzesentwurf nicht zustimmen.

Man kommt eben nicht aus seiner Haut. Deshalb hätte ich als Baerbocks Redenschreiberin auch nicht unbedingt das Wort „Kesselflicker“ in ihre Rede geschrieben, wenn man doch aus Erfahrungswerten ahnen konnte, dass sie das l definitiv nicht richtig aussprechen wird. Zum Abschluss geht sie dann zum Abschied über. Sie schwelgt in Erinnerungen an den Kampf für das Gute, bei dem alle über die Parteigrenzen hinweg zusammengearbeitet haben. Sie spricht von den vielen Freunden und Verbündeten in den verschiedenen Parteien, die sie aber nicht namentlich nennen will, damit ihnen die Nähe zu ihr nicht auf die Füße fällt.

Dass sie zum Ende hin mehrmals erinnert wird, dass sie über der Zeit ist, macht sie unbeirrt weiter: Ihr besonderer Dank gilt den Parlamentsdienern, den Kantinenmitarbeitern und ganz besonders denen, die nachts die Flure des Bundestages putzen. Was sie sich als bodenständige Danksagung an die kleinen Leute vorgestellt hatte, klang im Ergebnis wie das Gegenteil. Sie verlässt den Bundestag für eine höhere Berufung und dankt nochmal den kleinen Leuten, die sich alle ganz geehrt fühlen dürfen, dass sie überhaupt weiß, dass sie existieren.

Annalenas letzte Rede fasst ihre bisherige Karriere gut zusammen. Oberflächlich, nicht durchdacht und mit einem beachtlichen Selbstbewusstsein, das sich in keiner Weise auf die Wirklichkeit stützt. Damit passt sie perfekt in die neue Welt, in die sie nun eintreten wird. Abgesehen davon, dass das ganze Konzept der UN oberflächlich und nicht durchdacht ist, wird Baerbock sich wohl ganz besonders darauf freuen, auf dem pompösen Marmorpodest zu stehen und sich ganz wichtig zu fühlen. Wir werden noch viele Fotos von ihr sehen, auf denen sie hochkonzentriert guckt.

Baerbocks Vorstellung von Politik geht substanziell nicht über die Präsidenten-Barbie hinaus. Die hatte Mattel mal mit dem Weißen Haus als Kampagne ins Leben gerufen. Die Vorstellung war: Wenn Mädchen andere Frauen in Führungspositionen sehen, dann glauben sie daran, dass sie auch selbst einmal in Führungspositionen kommen können. Auch Baerbock betont immer wieder, dass sie ein Vorbild sein will und beweisen, dass auch Mädchen es schaffen können.

Für Kinder im Puppenalter mag das noch ganz süß sein, aber irgendwann muss eine Politikerin dann doch mit mehr ausgestattet sein, als einem hübschen Kostüm für den Wahlkampf, einem Abendkleid für die Gala und einem Handy, so wie die Präsidenten-Barbie von 2008. Jedenfalls wenn man seinen Job wirklich so ernst nimmt, wie Baerbock es von sich glaubt. Aber wofür denn? Wenn Baerbock irgendwas beweist, dann dass man in der Politik heute keine Verantwortung mehr übernehmen muss.

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