Wie Pressefotografie immer mehr zur Regierungspropaganda wird

vor 5 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Es sind drei Arten von Fotos, die heutzutage in Medien kaum mehr voneinander zu unterscheiden sind:

Gerade die dritte Form der Fotografie nehmen Journalisten gerne für sich in Anspruch. Denn Journalismus soll im Text und im Bild unabhängig sein. Doch einige Fotografen springen zwischen den Genres und können dann doch nicht verheimlichen, dass sie im Alltag eher Propaganda und Imagepflege etwa für Robert Habeck und Annalena Baerbock betreiben.

Dieses Foto schoss Dominik Butzmann kürzlich für das Wirtschaftsministerium (BMWK)

So gibt es die Fotografen Dominik Butzmann und Julia Steinigeweg, die gerne im Auftrag von Ministerien arbeiten und Inhalte für die Social-Media-Auftritte von etwa Robert Habeck oder Annalena Baerbock liefern.

Julia Steinigeweg begleitet hier eine Pressekonferenz von Robert Habeck.

Dominik Butzmann reiste sogar auf Steuerzahler-Kosten nach Syrien, um Außenministerin Baerbock für ihren Instagram-Account in Szene zu setzen.

Steinigeweg nutzt die Fotos von Habeck und Baerbock sogar als Referenz für ihre Tätigkeit als Fotografin.

Vom PR-Fotografen gewandelt zum unabhängigen Fotojournalisten: Dominik Butzmann fotografiert Baerbock für ein „Spiegel“-Cover im Jahr 2021.

Gerade noch Regierungspropaganda, jetzt Fotojournalismus: Julia Steinigeweg ist nun unabhängige Fotojournalistin für den „Spiegel“. Habeck kam darauf jedoch überraschend positiv zur Geltung.

Butzmann fotografierte Angela Merkel im Wahlkampf 2013.

Sie sind hip, farblich nachgearbeitet und die jeweiligen Protagonisten sind überraschend positiv in Szene gesetzt. Ein nachrichtlicher Wert ist kaum erkennbar. Gelegentlich scheint die Inszenierung derart gelungen, dass man sich fragt, ob zuvor ein Coaching der Protagonisten stattfand – ganz wie bei der Imagepflege auf dem Instagram-Kanal der Politiker. Stilistisch sind die Fotos vom Wahlplakat oder „Spiegel“-Cover kaum noch voneinander zu unterscheiden.

Für den gewöhnlichen Leser des „Spiegel“ oder anderer Magazine fehlt jedoch die Transparenz. Dass die „Spiegel“-Fotografen gerne auch Rahmenverträge mit Ministerien haben oder gar in der Vergangenheit werblich mit den Protagonisten zusammenarbeiteten, wird verschwiegen. Eine unabhängige Arbeit wird durch die bestehenden Beziehungen erschwert.

Eine Fotografin, die oft im Auftrag des Wirtschaftsministeriums arbeitet, erklärt in einem öffentlich abrufbaren Video: „Hauptsache, es ist gut bezahlt.“ Und weiter: Sie habe „begonnen, Dinge auszuschließen, die mir nicht wirklich Kohle bringen“. Inhaltliche Überlegungen scheinen, gerade auch bei gesunkenen Vergütungen für Fotografien, für sie keine Rolle mehr zu spielen.

Der Haus- und Hof-Fotograf des Wirtschaftsministers, Dominik Butzmann, garantiert seinen Kunden laut Interview im Tagesspiegel (Dezember 2024), dass seine Aufnahmen niemals manipuliert seien. Zeitgleich gibt er jedoch zu, dass er seinen Fotos einen „farblich-ästhetischen Schliff“ gebe und er unter anderem aus diesem Grund gebucht werde. Dass viele Personen, die Butzmann fotografiert, ihn auch beauftragen, sorgt gewiss immer für besonders glänzende Ergebnisse.

Dominik Butzmann fotografiert den Bundeskanzler im Herbst 2023. Der schätzt die Resultate wahrscheinlich wegen des „farblich-ästhetischen Schliffs“.

Butzmanns Protagonisten erscheinen in seinen Porträts regelmäßig in gleicher Art und Weise: perfekt durchgestylt, gut ausgeleuchtet und nahbar. Das sind sicherlich gute Gründe, die dem Fotografen Sympathien der Politiker entgegenbringen – doch das Genre der Nachrichtenfotografie hat man als Fotograf damit verlassen.

Bei einem Ortstermin in Wentorf ist Habeck: gut gestyled, ganz nahbar und fotografiert von Dominik Butzmann.

Oder wie Butzmann dem Tagesspiegel sagte: „Ich habe kein schlechtes Gewissen, jemanden toll aussehen zu lassen. Das ist mein Handwerk.“

Die Regeln, die für Fotojournalisten gelten – nämlich möglichst authentisch zu arbeiten – sucht man bei Butzmann und Kollegen vergeblich. Politiker auch mal in peinlichen Situationen zu zeigen, sei nur ein Trend gewesen. Butzmann tut dies ab als „eine Mode, die lange Zeit vorherrschte.“

Längst wurde dieser verschönende Stil von seriösen Tageszeitungen und Wochenblättern akzeptiert. Der „Spiegel“ druckte auf das Cover der aktuellen Ausgabe ein Porträt von Robert Habeck:

Julia Steinigeweg fotografiert

Fazit: Das obsessive Imagebranding von Politikern hat sich inzwischen derartig in den Medien ausgeweitet, dass eine kleine auserwählte Gruppe von Imagehütern – pardon Fotografen – ganz nach Wünschen ihrer Auftraggeber deren Image verbreitet. Dabei sichern sie sich teils sogar Exklusivrechte zu. So geschehen bei der Agentur Photothek, die Rahmenverträge mit verschiedenen Ministerien hat. Unabhängige Nachrichtenfotografen, die zeigen, was ist, sucht man in diesem Zirkel vergebens.

Natürlich sind die Imagehüter nicht allein für diesen Status Quo verantwortlich. Regierungskritische Bilder fehlen, weil Medien sie nicht nachfragen. Stattdessen gibt es gerne einmal das sympathische Porträt.

Im Jahr 1976 wurden auf dem Spiegel-Cover Politiker wie Helmut Kohl kritisch karikiert.

Die gestandene Fotografin Herlinde Kölbl brachte in einem NZZ-Interview den Unterschied zwischen Regierungspropaganda und authentischem Fotojournalismus auf den Punkt. Sie erzählte in einer Anekdote über den früheren Kanzler Gerhard Schröder, den sie über viele Jahre begleitet hatte. Er sagte zu ihr: „Ich brauche neue Wahlkampffotos, aber Sie fotografieren ja die Realität – das kann ich nicht nehmen. Dafür brauche ich meinen Fotografen.“

In den vergangenen Jahren ging genau dieser wichtige Unterschied verloren.

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