
Die Beauftragte für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag, Evelyn Zupke, hat Ärger und Unverständnis über die Rede des Linken-Politikers Gregor Gysi als Alterspräsident geäußert. Gysi eröffnete vergangene Woche umstritten den neu gewählten Bundestag – seine lange Eröffnungsrede wurde von vielen als Verherrlichung und Verharmlosung der DDR kritisiert. Gysi erklärte unter anderem, die Menschen in der DDR hätten mit der Einheit zwar mehr Freiheit gewonnen, aber auch viel verloren.
Dafür erhält er scharfe Kritik von Zupke, einer DDR-Oppositionellen: Solche Aussagen spiegelten nur die Sichtweise eines als SED-Funktionär in der DDR privilegierten Menschen wider, so die frühere Bürgerrechtlerin laut Welt. „Für jeden einzelnen politischen Gefangenen, der aus dem Gefängnis befreit wurde, für jeden einzelnen Menschen, der erstmals seine Freiheit nutzen konnte, haben sich die Anstrengungen und Herausforderungen mehr als gelohnt“, betonte sie.
Zupke äußerte sich vor dem Bundeskongress der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur am Wochenende in Berlin. Auch 35 Jahre nach dem Ende der DDR lohne sich der Blick zurück auf die Diktatur, sagte die Opferbeauftragte. „Die Menschen, die politische Gewalt erfahren haben, leiden an den Folgen bis heute. Es ist wichtig, die Diktatur zu verstehen, um diesen Menschen in geeigneter Form helfen zu können.“ Zupke wehrte sich auch gegen Vergleiche der DDR mit der deutschen Gegenwart: „Wer so redet, verharmlost die Diktatur und spielt mit den Ängsten der Menschen, insbesondere derer, die in der DDR politisch verfolgt wurden“.
Immer wieder kritisiert Zupke öffentlich die Normalisierung der ehemaligen Staatspartei der DDR. 2021 attackierte sie die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, weil Manuela Schwesig den ehemaligen Stasi-Spitzel Torsten Koplin, Linken-Vorsitzender im Land, an der Regierungsbildung beteiligte. Dies sei ein „Hohn“ für die Opfer der SED-Diktatur, beklagte Zupke damals.
Evelyn Zupke war eine der führenden Köpfe des DDR-oppositionellen „Friedenskreis Weißensee“ in Ostberlin und trug maßgeblich zur Aufdeckung des Wahlbetruges in der bei den Volkskammerwahlen 1989 bei. Sie organisierte auch Montagsdemonstrationen in Ostberlin. Seit 2021 ist sie die erste SED-Opferbeautragte beim Deutschen Bundestag.