Protestlärm bei Weidel-Interview – hat die ARD bewusst auf eine technische Lösung verzichtet?

vor 1 Tag

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Bildquelle: Apollo News

Wegen eines Gegenprotests kam es beim ARD-Sommerinterview mit Alice Weidel zu großflächigen Störungen. Ein mit Lautsprechern ausgerüsteter Bus war von den Demonstranten in die Nähe des offenen Gesprächsortes gefahren, wo dann ein AfD-feindliches Musikstück abgespielt wurde. Weidel und der ARD-Moderator Markus Preiß waren zum Teil kaum zu verstehen. Das Interview wurde jedoch weitergeführt.

Jetzt stellt sich die Frage, ob die ARD eine technische Lösung hätte schaffen können. Der ehemalige Tagesschau-Redakteur Alexander Teske, der im vergangenen Jahr ein Buch über die Abläufe bei Deutschlands bekanntester Nachrichtensendung veröffentlicht hatte, brachte auf X einige Möglichkeiten ins Spiel: Trennwände hätten aufgestellt werden können oder das Interview in einem Studio weitergeführt werden können. „Das ist als Schlechtwetter-Variante immer im Standby“, so Teske.

Doch, doch. Das könnten die schon. Wird mit Richtmikro und vier Tonspuren aufgenommen. Man hätte das leiser machen können. Dazu Trennwände aufstellen können. Oder ins Studio umziehen. Das ist als Schlechtwetter-Variante immer im Standby. https://t.co/LkWKgsMVLh

— Alexander Teske (@aleksteske) July 20, 2025

Durchsichtige und schalldämpfende Trennwände wären möglicherweise von Anfang an eine Option gewesen. Moderator Preiß hatte am Abend in der Tagesschau erklärt, an dem Veranstaltungsort vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus – gegenüber liegt der Bundestag und das Paul-Löbe-Haus – „fließt natürlich die Spree vorbei. Man ist das auch gewohnt, da gibt es immer mal Geräusche oder auch mal Rufe“. Abgesehen davon habe man „zu Beginn des Interviews gemerkt, dass da etwas sich zusammenbrauen könnte“. Prävention wäre also denkbar gewesen – getan hat man jedoch nichts.

"Da fließt natürlich die Spree vorbei (..), da gibt's immer mal Geräusche oder Rufe" erklärt @markuspreiss das ARD Sommerinterview mit Weidel in der @tagesschau. Übermorgen überträgt ihr dann wieder Fußball aus dem vollen Stadion. Für wie blöd haltet ihr eure Zuschauer? pic.twitter.com/vdCSHBhUY6

— Gr@ntlɘr 🥨🍺 (@oida_grantler) July 21, 2025

Dabei war für das Interview auch ein Sonnensegel aufgespannt worden, logistisch wären Modifikationen an dem Veranstaltungsort vermutlich also möglich gewesen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich vor allem um präventive Schritte, doch auch während des Interviews wären technische Umstellungen infrage gekommen, um den Lärm der Demonstration abzuschwächen.

Für das Gespräch kamen Ansteckmikrofone zum Einsatz. Eine gängige Praxis für derartige Formate. Das Problem nur: Ansteckmikrofone sind wesentlich kleiner als sogenannte Richtmikrofone, deren Schallaufnahme vor allem über eine Richtung erfolgt, während Ansteckmikrofone Umgebungsgeräusche wesentlich freizügiger aufnehmen.

Ein Umstieg auf Richtmikrofone hätte vermutlich bereits während des Gesprächs vollzogen werden können. Für den interaktiven Teil des Sommerinterviews, der anschließend an das 30-minütige Gespräch mit Fragen der Zuschauer durchgeführt wurde, stellte die ARD dann auch auf derartige Handmikrofone um, wie man sie üblicherweise von Reportern oder Moderatoren von Sportveranstaltungen kennt.

Der Ton wurde spürbar besser, wenngleich das Grundproblem natürlich vor allem die Verständigung von Weidel und den Moderatoren war. Die hätte nur durch einen physischen Schutz, etwa Glaswände, verbessert werden können, welche aber eben nur präventiv, also vor dem Interview hätten errichtet werden können.

Auf Anfrage, ob es Umzugsabwägungen und Technikalternativen gab, äußerte sich die ARD auf Anfrage von Apollo News nicht. Bereits nach der Sendung hatte der Moderator eingestanden: „Das waren schon verschärfte Bedingungen“. Er gab Weidel recht, dass eine Verständigung zeitweise nicht möglich war.

Der mit Lautsprechern ausgestattete Bus, der von dem aktivistischen Kollektiv Zentrum für politische Schönheit betrieben wird, hatte weite Teile des Interviews das Lied „Scheiß AfD Jodler“ abgespielt. Dieser wurde von dem Augsburger Corner Chor eingesungen, der letztes Jahr von der Stadt Augsburg mit dem Pop-Preis ausgezeichnet worden war, weil sein Auftreten „bunt“ sei. „Die Message ist klar und deutlich: für Vielfalt, für soziale Gerechtigkeit“, begründete die Stadt die Auszeichnung.

Gemeinsam mit dem Bus waren etwa 40 Personen vor Ort. Sie trugen Anstecker mit dem Logo der Omas gegen Rechts und Regenbogenflaggen, ein Transparent mit einer AfD-feindlichen Aufschrift, „FCK AfD“, wurde gezeigt. Die Polizei teilte am Montag mit, dass die Versammlung nicht angekündigt worden sei. Die herbeigerufenen Polizisten stellten fest, dass der Bus im Halteverbot stand und ordneten an, die Beschallung durch die Lautsprecher zu beenden.

Außerdem teilten die Personen vor Ort mit, dass es sich um eine Spontankundgebung zum Thema „Keine Bühne der AfD“ handele. Gegen die 64-jährige Versammlungsleiterin und einen 39-jährigen, der sich als Verantwortlicher des Busses zu erkennen gegeben hatte, wurde jeweils ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz eingeleitet, teilte die Polizei überdies mit. Besonders pikant: Eigentlich handelt es sich bei dem Regierungsviertel um einen befriedeten Bereich – Demonstrationen müssen strengste Auflagen erfüllen. Doch das war hier nicht der Fall.

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