Prozess gegen Bande in London: Bulgaren gestehen Spionage für Wirecard-Marsalek

vor 5 Monaten

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Aufregung im Fall Wirecard: Ein bulgarischer Geschäftspartner des flüchtigen Ex-Vorstands Jan Marsalek hat in einem Spionageverfahren in London ein Geständnis abgelegt. Das berichten der „Spiegel“ und das „Handelsblatt“.

Demnach sollen Marsaleks Geschäftspartner Orlin Roussev (46) und dessen Komplize Bizer Dzhambazov (43) sich vor Prozessbeginn der Spionage für Russland schuldig bekannt haben. Darüber soll laut „Handelsblatt“ Staatsanwältin Alison Morgan die Jury im Londoner Strafgericht Old Bailey informiert haben.

Der 46-jährige Roussev ist ein früherer IT-Kontakt Marsaleks aus Wirecard-Zeiten. Seit knapp zwei Jahren läuft in Großbritannien das Verfahren gegen Roussev und weitere bulgarische Verdächtige. Unter Marsaleks Anleitung soll sich die Gruppe verschworen haben, „um Informationen zu sammeln, die direkt oder indirekt nützlich für einen Feind sind und damit dem Interesse und der Sicherheit des Staates schaden“.

Die sechsköpfige Bande um besagten Roussev sollte demnach dem Kreml missliebige Personen ausspähen und quer durch Europa verfolgen. Zudem sollen sensible Örtlichkeiten für Moskau ausgespäht haben – unter anderem den Stützpunkt „Patch Barracks“ des US-Militärs in Stuttgart. Zwischen 2020 und 2023 sollen sie mit „ausgefeilter Methodik“ vorgegangen sein, hätten falsche Identitäten verwendet und moderne Technologie eingesetzt haben. Sie beschafften laut Anklage Bildmaterial und detaillierte Berichte über Zielpersonen. Dafür sollen sie „beträchtliche Summen“ erhalten haben.

Im Februar 2023 verhaftete die Londoner Polizei zunächst fünf der Beschuldigten wegen Spionageverdachts. Der Inlandsgeheimdienst MI5 hatte die Gruppe bereits überwacht. Zu den Angeklagten gehören auch zwei Frauen (30, 33) und ein Mann (39). Die Spionageaktivitäten sollen in London sowie in Stuttgart, Wien, Valencia und dem Balkanstaat Montenegro stattgefunden haben. Laut den britischen Ermittlern sollen die Bulgaren ihre Aufträge teilweise von Marsalek erhalten haben. Der frühere Wirecard-Vorstand wird in Russland vermutet.

Hintergrund: Die Wirecard AG, ein ehemaliger Zahlungs- und Finanzdienstleister, war lange Zeit der Liebling der Anleger. Das deutsche Unternehmen war quasi der Mittelsmann zwischen Online-Shops und Kunden. Von September 2018 bis Juni 2020 war Wirecard an der Börse. Insolvenz musste Wirecard anmelden, nach dem herausgekommen war, dass Saldenbestätigungen für Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gefälscht waren. Wirtschaftsprüfer weigerten sich, den Jahresabschluss 2019 zu beglaubigen. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Markus Braun trat zurück und wurde verhaftet. Jan Marsalek flog raus, tauchte ab und ist seit Ende Juni 2020 auf der Flucht. Wirecards Insolvenz führte zu Kritik an der Struktur der deutschen Finanzmarktaufsicht BaFin und zu einem Wirecard-Untersuchungsausschuss.

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