
Das Publix-Haus in Berlin versteht sich als Zentrum für sogenannten „gemeinnützigen Journalismus“. Etwa 30 Organisationen aus dem NGO-Sektor sind dort ansässig. Wie NIUS berichtete, flossen in das Haus und die dortigen Projekte bereits über 20 Millionen Euro an Steuergeldern. NIUS-Recherchen zeigen zudem, dass im Haus auch Filme mit Terror-Unterstützern gedreht wurden.
Als „Resident“ von Publix war bis Mitte März auch die Produktionsfirma „Rosastream“ gelistet. Deren Leiter war Tom Wills. Zusammen mit der amerikanisch-palästinensischen Journalistin Hebh Jamal produzierte Wills den Dokumentarfilm „The Reason of State: A Documentary Project Investigating Germany’s War on Palestinian Voices“ – einen Film, der palästinensischen Protest gegen die deutsche „Staatsräson“, also die deutsche Solidarität mit Israel, dokumentieren möchte.
Das Publix-Haus für „gemeinnützigen Journalismus“ möchte eine „vielfältige Medienlandschaft“ fördern.
Die Co-Autorin des Films, Hebh Jamal, veröffentlichte am 7. Oktober 2023 ein Video auf TikTok, in dem sie die Massaker der Hamas und anderer palästinensischer Gruppen vom selben Tag als „Dekolonisierung“ und „notwendig“ bezeichnete: „Dekolonisierung ist schmutzig“, sagte sie wörtlich, „Dekolonisierung ist hässlich, Dekolonisierung ist nicht hübsch anzusehen. Aber sie ist absolut notwendig.“ Das Video ist mittlerweile gelöscht, wurde aber unter anderem von der Jüdischen Allgemeinen veröffentlicht.
In diesem Video bezeichnet Hebh Jamal das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 als „absolut notwendig“.
Im Zentrum des Films steht laut Projektbeschreibung die persönliche „Reise“ Hebh Jamals. Sie wolle darin „die Geschichten ihrer Freunde und Kollegen“ darstellen, die in Deutschland aufgrund ihres antiisraelischen Aktivismus vermeintlich „zum Schweigen“ gebracht würden. Als Zustelladresse des Projekts gaben Tom Wills und Hebh Jamal auf der Website des Films ursprünglich die Adresse des Publix-Hauses an. Als im Februar die Jungle World zu dem Fall recherchierte, verschwand diese jedoch von der Homepage.
Auch mit Greta Thunberg hat sich Hebh Jamal schon mal getroffen.
Einer der Protagonisten des Films ist Zid Tamim, der sich selbst Zaid Abdulnasser nennt. Der gebürtige Palästinenser war als Deutschland-Koordinator des mittlerweile verbotenen Netzwerks Samidoun tätig. Samidoun-Mitglieder feierten am 7. Oktober 2023 das Massenmorden der Hamas auf der Berliner Sonnenallee mit Baklava. Die Gruppe ist als Vorfeldorganisation der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) mittlerweile verboten. Mitglieder der PFLP waren ebenfalls am Überfall auf Israel am 7. Oktober beteiligt.
Laut der israelischen Organisation NGO Monitor ist Tamim außerdem im Exekutivkomitee von Masar Badil tätig. Masar Badil ist ein weltweit agierendes antizionistisches Netzwerk, das vor allem in Kanada und Europa aktiv ist. 2022 organisierte es laut NGO Monitor in Berlin eine Demonstration, auf der „Tod den Juden, Tod Israel!“ skandiert wurde. Zudem organisiert es regelmäßig Videoseminare mit hochrangigen Vertretern der Hamas, des Palästinensischen Islamischen Jihad und der jemenitischen Huthi-Rebellen – zuletzt im September 2024 mit einem Sprecher der Hamas.
Zid Tamim, der sich selbst Zaid Abdulnasser nennt, ist im Exekutivkomitee von Masar Badil.
Die Selbstbeschreibung des Films, wonach man die Terror-Unterstützerin Hebh Jamal auf ihrer „Reise“ begleite, auf der sie „die Geschichten ihrer Freunde und Kollegen“ erzähle, kann daher nur so gedeutet werden, dass auch Zid Tamim ein solcher „Freund und Kollege“ ist – ein Mann, der im Exekutivkomitee einer Organisation sitzt, die Videoseminare mit Hamas- und Huthi-Rebellen veranstaltet. Fragen hierzu beantwortete Hebh Jamal nicht.
Im Februar 2024 führte Masar Badil mit dem Sprecher der Huthi-Rebellen, Ahmed al Shami, eine „Online-Diskussion“.
Hinzu kommt: Teile des Films wurden sogar im Publix-Haus selbst gedreht. Auf ihrem Instagram-Account veröffentlichte Hebh Jamal im September 2024 einen Videoausschnitt, der sie während der Dreharbeiten zu „The Reason of State“ im Publix-Haus zeigt. Hebh Jamal schreibt in dem Post zwar, der Dreh habe in Mannheim stattgefunden, doch die Räume des Publix-Hauses in Berlin-Neukölln sind klar erkennbar. Im Hintergrund sieht man durch ein Fenster die Hermann- und Jonasstraße.
Im März löschte das Publix-Haus Tom Wills’ Produktionsfirma „Rosastream“ als „Resident“ von seiner Website. Tom Wills, so teilte man mit, habe seinen dortigen Co-Working-Space – wohl von sich aus – Mitte März gekündigt. Dies geschah vermutlich auch wegen laufender Recherchen zu Tom Wills und seinem Filmprojekt. Auch Tom Wills löschte nach NIUS-Informationen etwa zum selben Zeitpunkt die Website seiner Produktionsfirma.
Hier sitzt Hebh Jamal während der Dreharbeiten zu „The Reason of State“ im Publix-Haus.
Ein Podcast, an dem Wills als Produzent beteiligt war, wechselte – ebenfalls im Februar – offenbar das Studio. Ob dies darauf hindeutet, dass der entsprechende Podcast „Mad in Germany with James Jackson“ zuvor im Publix-Haus abgedreht wurde, ist jedoch unklar. Weder Tom Wills noch das Haus gingen auf Fragen hierzu ein.
Maria Exner, ehemals Chefredakteurin vom „Zeit Magazin“, ist Intendantin von „Publix“: Zur Causa Tom Wills hält sie sich bedeckt.
Mittlerweile erschien jedoch ein neuer Podcast, in dem Tom Wills wieder für „Video/Schnitt“ zeichnet. Die erste Folge von „Nullpunkt“ wurde ebenfalls im Publix-Haus gedreht. Darin interviewt der Journalist Hanno Hauenstein die UN-Sonderberichterstatterin für die palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese. Die Räumlichkeiten des Publix-Hauses sind wieder klar erkennbar, im Hintergrund sieht man Gebäude der Hermannstraße in Berlin-Neukölln.
Von Correctiv über Reporter ohne Grenzen bis Netzwerk Recherche sind im Publix-Haus einige „Branchengrößen“ versammelt – ein eigenes Haus für den journalistischen Teil des NGO-Komplexes. Im September letzten Jahres wurde es feierlich eröffnet. Es wurde wiederholt vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit Steuergeldern gefördert, zuletzt mit 200.000 Euro zur „Entwicklung und Durchführung eines Technologie-Journalismus-Fellowships“.
NIUS fragte beim Publix-Haus an, ob Tom Wills noch immer im Haus arbeite. Es verwies abermals darauf, dass er seinen Co-Working-Space zum 15. März gekündigt habe. Da jedoch niemand anderes als Tom Wills für Video und Schnitt des neuen Podcasts verantwortlich zeichnet, ist es schwer vorstellbar, dass er für den Dreh nicht im Publix-Haus war. Weitere Fragen hierzu wollte das Haus nicht beantworten.
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