Putin, der Schreckliche

vor 14 Tagen

Blog Image
Bildquelle: NiUS

In der Debatte um den Ukraine-Krieg und einen möglicherweise bevorstehenden Krieg mit Russland schüren manche Ängste, andere bestreiten, dass Putin eine Gefahr für den Frieden ist. Dabei war der Kreml-Chef schon immer ein Gewaltmensch, als KGB-Offizier ebenso wie als Präsident. Um seine Ziele zu erreichen, schreckt er vor der Vernichtung seiner Gegner nicht zurück, auch nicht im eigenen Land.

Seit dem 24. Februar 2022, als russische Truppen in die Ostukraine einfielen, tobt der Krieg. Hunderttausende Soldaten und tausende Zivilisten sind gestorben, es wurden Kriegsverbrechen verübt, Millionen Ukrainer wurden zu Flüchtlingen. Es ist verständlich, wenn nun versucht wird, das Grauen zu beenden.

Dennoch ist die berechtigte Sehnsucht nach Frieden keine Rechtfertigung dafür, in Wladimir Putin etwas anderes als einen Tyrannen zu sehen. Der Kreml-Chef war immer ein Gewaltmensch – und er ist es heute noch. Manche Menschen neigen dazu, diese Tatsache beiseitezuschieben, sie führen an, dass auch der Westen Fehler gemacht hat. Mag sein. Und auch der Ukraine-Krieg hat eine Vorgeschichte – allerdings keine, die Russland unschuldig dastehen ließe. Manche, die sich einen Verhandlungsfrieden wünschen, neigen sogar dazu, Putins ganz und gar nicht reine Weste weißzuwaschen; er erscheint ihnen als Gegenprogramm zu unseren Politikern, die saft- und kraftlos wirken.

Starker Mann Russlands – und ohne Skrupel: Wladimir Putin.

Doch möchten sie in Putins Russland leben? Er hat mit woker Politik nichts am Hut, das ist gewiss, aber das macht ihn nicht zum Vorbild. Traurige Tatsache ist: Putin herrscht mit harter Hand, auch im eigenen Land. Von 1975 bis 1990 war er beim sowjetischen Geheimdienst KGB, und seit er, mal als Präsident, mal als Ministerpräsident, in Moskau herrscht, lässt er skrupellos Regimegegner aus dem Weg räumen. Die bekanntesten Beispiele sind Anna Politkowskaja (erschossen), Alexander Litwinenko (vergiftet), Sergej Juschenkow, Boris Nemzow (beide erschossen) und Alexej Nawalny (ungeklärte Todesumstände).

Hinzu kommt eine Reihe mysteriöser Todesfälle im Kreise der bei Putin in Ungnade gefallenen Zeitgenossen: angebliche Suizide, tödliche Unfälle, Stürze vom Balkon, aus dem Fenster, von Bord einer Yacht. Jewgeni Prigoschin, der Chef der Gruppe Wagner, kam bei einem mysteriösen Flugabsturz ums Leben. Der Tschetschene Selimchan Changoschwili wurde im Tiergarten in Berlin-Moabit Opfer eines Auftragsmordes.

2019, Berlin: Ein Auftragskiller hat Selimchan Changoschwili ermordet.

Zwar wurde keiner dieser Morde direkt mit Putin vor Gericht verknüpft, doch die Häufung, die Wahl der Ziele (Kritiker, Ex-Agenten) und die Verwendung von Methoden wie Nowitschok oder Polonium deuten auf staatliche Operationen hin.

Diplomatische Versuche, mit Putin ins Gespräch zu kommen, wurden von diesem nicht selten zynisch mit besonders brutalen Angriffen beantwortet, wohl um zu signalisieren, dass Russland diplomatische Zugeständnisse nicht ernsthaft verfolgt. Zuletzt waren das in der Nacht zum 19. März 2025 40 Drohnenangriffe auf ukrainische zivile Infrastruktur, die nach einem Telefonat zwischen Wladimir Putin und Donald Trump über eine mögliche Waffenruhe erfolgten, und gerade eben der schwere russische Raketenangriff auf die Stadt Sumy, der zeitlich mit diplomatischen Bemühungen zusammenfiel. Zwei Tage zuvor hatte der US-Sondergesandte Steve Witkoff in St. Petersburg mehr als vier Stunden lang mit dem russischen Präsidenten Putin gesprochen – auch über die Ukraine.

Izyum, Ukraine: Ermittler für Forensik und Kriegsverbrechen haben die Leichen von 447 Ukrainern exhumiert.

Auch hier ist ein Muster zu erkennen. So hatten die USA und die Europäer Anfang 2014 intensive diplomatische Aktivitäten entwickelt; wenige Wochen später begann Russland die Annexion der Krim, nachdem prorussische Kräfte die Kontrolle über die Halbinsel übernommen hatten. Im April folgte unmittelbar auf Gespräche in Genf der Angriff prorussische Separatisten, unterstützt von Russland, die Verwaltungsgebäude in Donezk und Luhansk übernahmen, was den Beginn des Krieges im Donbass markierte. Nach dem Minsk-II-Abkommen im Februar 2015 nahmen prorussische Kräfte die strategisch wichtige Stadt Debalzewe ein – ein klarer Verstoß gegen die Waffenruhe.

Beim russischen Raketenangriff auf das Zentrum von Sumy starben 24 Menschen, 83 wurden verletzt.

Ein Bild aus Sumy nach dem Angriff.

Nun ist zeitliche Korrelation nicht immer ein Beweis für Kausalität, und russische Militäraktionen folgen oft einer eigenen strategischen Logik, doch kann der aufmerksame Beobachter nicht an derart zahlreiche Zufälle glauben. Eher drängt sich der Eindruck auf: Putin zeigt ein ums andere Mal, was er von Deeskalationsbemühungen hält: nämlich nichts. Die Gesprächsbereitschaft des Westens interpretiert er, ganz Machtmensch, als Schwäche – und eskaliert, um seine Verhandlungspositionen zu stärken oder Fakten zu schaffen.

In Sumy wurden auch Rettungskräfte ins Visier genommen.

Das, was in Putins Russland „militärische Spezial-Operation“ genannt wird, nämlich der Krieg in der Ukraine, hat das Land laut jüngster NATO-Einschätzung bisher 900.000 getötete oder verletzte russische Soldaten gekostet, davon bis zu 250.000 Tote. Putin ist kaltblütig genug, um sie auf dem Schlachtfeld zu opfern und unternimmt bisher nichts, um das Sterben zu beenden.

Das Grauen des Krieges in der Ukraine, April 2022.

Entsprechend brachial gehen die russischen Streitkräfte gegen den Gegner vor. Auf einzelne, gezielte Schläge gegen militärische Ziele folgte bald nackte Gewalt durch wahllosen Artilleriebeschuss, das Kernkraftwerk Saporischschja wurde von Panzern beschossen, die russische Armee Streitkräfte bombardierte wiederholt vorsätzlich ErErsthelfer und Rettungskräfte (Double-Tap-Taktik, wie gerade in Sumy). Angriffe auf zivile Ziele wie den mit mehreren hundert Zivilisten überfüllten Bahnhof der Stadt Kramatorsk, das akademische Dramatheater in Mariupol und gezielte Angriffe gegen die zivile ukrainische Infrastruktur (Kraftwerke, Umspannwerke, Stromleitungen etc.) und Wasserinfrastruktur (Staudämme, Wasserwerke, Wasser-Reservoirs etc.) terrorisieren die ukrainische Zivilbevölkerung. Massaker wie das von Butscha schockten die Welt.

Leichen nach dem Massaker in Butscha.

In Butscha fand man 2022 über 450 Leichen.

Und das beileibe nicht nur in der Ukraine. Was nämlich nicht vergessen werden darf: Die „Spezial-Operation“ ist nicht die erste unter Putins Herrschaft. Schon im Zweiten Tschetschenienkrieg (1999–2009) richteten russische Sicherheitskräfte und pro-russische Milizen Massaker, etwa in Grosny und Nowye Aldy, an.

Im August 2008 besetzten russische Truppen Teile Georgiens. Russische Truppen und ihre Verbündeten wurden beschuldigt, Zivilisten angegriffen und Dörfer geplündert zu haben. Ab 2015 griff Putins Russland in den syrischen Bürgerkrieg ein, um das Regime von Baschar al-Assad zu stützen und den westlichen Einfluss im Nahen Osten zu begrenzen. Bei Luftangriffen wurden Krankenhäuser, Schulen und Märkte zerstört, insbesondere in Aleppo und Idlib. Auch Streubomben wurden eingesetzt. Der Kampf gegen Assads Gegner ging nicht zuletzt auf Kosten der Zivilbevölkerung.

Szene aus Georgien, 2008.

Russischer Luftangriff im syrischen Bürgerkrieg.

Putins Kriege und Verbrechen folgen einer Strategie der Machtsicherung und geopolitischen Expansion, die über zahllose Leichen geht. Viele täuschen sich über Putins Absichten. Man muss nicht die aktuellen Warnungen vor einem Angriff Russlands auf den Westen binnen weniger Jahre teilen und das Geraune von einem „letzten Sommer im Frieden“, um zur Kenntnis zu nehmen, was den Mann im Kreml umtreibt. Wer die Auflösung der Sowjetunion als die schlimmste Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet hat, über dessen Motive sollte man sich schon Gedanken machen.

Im Tschetschenien-Krieg (Bild: Grosny) schlugen die Russen den Aufstand brutal nieder.

Zwar ist jede Initiative, die den verheerenden Krieg in der Ukraine beenden will, zu begrüßen, doch sollte man sich dabei über den Charakter des Wladimir Wladimirowitsch Putin keinen Illusionen hingeben. Den russischen Präsidenten zu unterschätzen, verbietet sich ebenso wie zu versuchen, ihn zu beschwichtigen. Es gilt, seine Motive zu analysieren und ihm so entgegenzutreten, dass Zugeständnisse nicht als Zeichen von Schwäche gedeutet werden. Wir haben es nicht mit einem „lupenreinen Demokraten“ (Gerhard Schröder) zu tun, sondern mit einem mächtigen Mann, der keine Skrupel kennt und jederzeit bereit ist, über Leichen zu gehen, um seine Ziele zu erreichen.

Putin ist nicht Hitler, schon weil nicht so wahnhaft, neigt aber wie jener dazu, hoch zu pokern und wohlmeinende Demokraten zu täuschen und brutal über den Tisch zu ziehen. Sich das Wesen des zynischen Strategen und rücksichtslosen Autokraten Putin schönzureden, und sei es aus Sehnsucht nach Frieden, würde sich als fataler Irrtum erweisen.

Mehr zum Thema: Ukraine-Krieg: Putin ist so abgeschirmt wie Hitler

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von NiUS

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von NiUS zu lesen.

Weitere Artikel