
Nach der NIUS-Berichterstattung über die linksextreme Vergangenheit eines Berliner Richters, der als Vorsitzender der 6. Kammer am Verwaltungsgericht die Zurückweisung von drei Somaliern für rechtswidrig erklärt hatte, schlagen Politik und Medien Alarm: Sie kritisieren „massive Angriffe“ auf die Unabhängigkeit der Justiz. Doch wie unabhängig sind die Gerichte in Berlin? Immerhin machen in der Hauptstadt sogar Verfassungsrichter gegen die Opposition mobil. Eine „queere“ Richterin ruft mit der NGO „Pro Asyl“ und der „Interventionistischen Linken“ zu „Brandmauer“-Demonstrationen gegen AfD und CDU auf.
Vergangene Woche hatte NIUS exklusiv über die engen Verbindungen eines Berliner Richters ins linksextreme Lager berichtet. Jener Richter, der als Vorsitzender der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin mit zwei Kollegen die Zurückweisungen von drei Somaliern durch die Bundespolizei als rechtswidrig eingestuft hatte. Als Student trat Florian von Alemann der marxistischen Gruppierung „JungdemokratInnen/Junge Linke“ bei. Zu dieser Zeit wurde die Gruppe vom Verfassungsschutz als „linksextreme Bestrebung“ geführt. Wie lange er Mitglied der Gruppe war, ist unklar.
Zudem zeigten seine Postings in den sozialen Netzwerken eine eindeutige Nähe zu den Grünen. Von Alemann wird auf einer Internetseite des fachpolitischen Forums Demokratie und Recht der Grünen als „unser Mitglied“ bezeichnet – und ist in grünen Kreisen auf Social Media bestens vernetzt.
Nun aber herrscht Aufregung. „Zwei Kolleginnen und ein Kollege haben in Berlin gemeinsam über eine Rechtsfrage zur Zurückweisung von Asylsuchenden entschieden. Deswegen werden sie persönlich diffamiert und bedroht. Das geht zu weit!“, beschwerte sich der Berliner Landesverband des Deutschen Richterbundes.
Auch die Justizminister von Bund und Ländern ergriffen am Freitag bei einer Konferenz im sächsischen Bad Schandau das Wort. Sie verurteilten Angriffe auf die Justiz und die richterliche Unabhängigkeit. „Nach den Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts zu Zurückweisungen an der Grenze erleben wir massive Attacken auf die Justiz“, erklärte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD). Solche Angriffe seien für die betroffenen Richterinnen und Richter zutiefst belastend. „Für mich, als Vertreterin der unabhängigen Justiz, sind sie alarmierend.“ Denn sie richteten sich nicht nur gegen einzelne Personen, „sondern gegen das Recht selbst – und gegen die Idee einer unabhängigen Justiz“.
Hubig beschwert sich über Angriffe auf die Justiz
In der Zeit meldete sich auch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Berlin, Erna Viktoria Xalter, zu Wort. „Verschiedene Akteure versuchen gezielt, einen einzelnen Richter zu diffamieren, um so das Gericht und letztlich die Justiz insgesamt zu delegitimieren. Das ist absolut inakzeptabel“, erklärte sie.
Doch wie sahen diese Bedrohungen überhaupt aus? Und inwiefern wurde der Richter diffamiert? Auf die Nachfrage nach der Form der Bedrohungen, gibt es keine Antworten. Das Justizministerium kann beispielsweise nicht sagen, ob es zu Anzeigen infolge der Attacken auf den Richter kam. „Bitte wenden Sie sich mit Ihren Fragen an das Verwaltungsgericht Berlin“, heißt es auf NIUS-Anfrage. Auch der Richterbund will diese Fragen nicht beantworten. Zudem werden auch die politischen Hintergründe des Richters unzureichend aufgeklärt. Die Vergangenheit in einer linksextremen Gruppierung wird nirgends erwähnt.
Die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Berlin, Erna Viktoria Xalter, stellte in der Zeit jedenfalls klar: „Grundsätzlich gilt, ein Richter muss sich auch außerdienstlich so verhalten, dass an seiner Neutralität kein Zweifel entsteht.“ Das Problem: die außerdienstlichen Aktivitäten von einzelnen Verfassungsrichtern in Berlin wecken genau diese Zweifel.
Kürzlich fällte der Verfassungsgerichtshof in Berlin ein überraschendes Urteil: Der Berliner Senat muss die Vornamen von deutschen Messertätern bekanntgeben. Konkret geht es um die 20 häufigsten Vornamen von deutschen Staatsbürgern, die von der Polizei 2023 als Tatverdächtige identifiziert wurden. Interessant ist vor allem ein Nebenaspekt des Urteils, das die AfD erstritten hatte. Die Entscheidung fiel denkbar knapp aus. Fünf Richter stimmten der Klage zu, vier Richter sprachen sich dagegen aus. Um ihren Unmut zu verdeutlichen, verfassten die Richter Lucy Chebout, Ulrike Lembke, Florian Schärdel und Florian Rödl ein sogenanntes „Sondervotum“.
Darin kritisierten die vier Richter: „Die staatliche Erstellung und Veröffentlichung einer Liste der häufigsten Vornamen von deutschen Staatsangehörigen, die einer bestimmten Deliktsart tatverdächtig sind oder waren, wäre unvereinbar mit dem Diskriminierungsverbot und der Garantie der Menschenwürde.“ Das Erfragen der Vornamen verglichen sie mit dem Vorgehen der Nationalsozialisten. Diese hätten deutsche Staatsbürger aufgrund ihrer „typisch jüdischen“ Vornamen „eindeutig als 'Fremde' markiert“.
Doch wer sind die vier Richter? Eine der Unterzeichnerinnen ist Lucy Chebout, die sich selbst als „queere Anwältin“ versteht, seit Jahren gegen das „Patriarchat“ ankämpft und seit 2024 Richterin am Verfassungsgerichtshof ist. Die 1984 geborene Juristin studierte zunächst Islamwissenschaften sowie Gender Studies und schloss 2016 ein Jura-Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin ab. Für Belustigung unter Juristen sorgte sie, als sie auf dem Verfassungsblog von „gebärenden Vätern“ sprach. In den sozialen Netzwerken teilte sie jüngst auch freudige Meldungen über eine Demo „gegen Rechts“ des Compact-Mitbegründers Christoph Bautz: „100.000 Menschen in Berlin! In dunklen Zeiten sind wir ein Lichtermeer. Sie stellen sich gegen die AfD und die Pläne von Friedrich Merz, gezielt eine gemeinsame Mehrheit mit den Rechtsextremen im Bundestag zu suchen. Wir Demokrat:innen müssen zusammenstehen und wir stehen zusammen!“ Die AfD nennt Chebout auf ihrem Bluesky-Account in bestem Aktivistensprech „noAfD“.
An anderer Stelle teilte die Richterin einen Aufruf, in dem unter anderem die NGO „Pro Asyl“ und die „Interventionistische Linke“ zu „Brandmauer“-Demonstrationen gegen die AfD und die CDU aufriefen. Die Interventionistische Linke wird vom Verfassungsschutz als linksextreme Gruppierung eingestuft. „Die größte und einflussreichste Gruppe des postautonomen Spektrums in der Hauptstadt ist weiterhin 'Interventionistische Linke' (IL) Berlin“, heißt es im Berliner Verfassungsschutzbericht. Eine Verfassungsrichterin stört sich jedoch nicht daran, Aufrufe zu gemeinsamen Demonstrationen zu teilen.
Chebout ist dabei nicht der einzige linke Jurist am Berliner Verfassungsgerichtshof. Unter den vier Richtern, die ihren Unmut bekundeten, befand sich auch Florian Schärdel. Schärdel ist Mitglied der Grünen und ehemaliger Fraktionssprecher seiner Partei in der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Kreuzberg. Seit 2024 ist der 43-Jährige als Richter am Verfassungsgerichtshof tätig.
Zudem ist er Ansprechpartner der Landesgruppe „Verein Grüner und grünennaher Juristinnen und Juristen“. Sein Bluesky-Account verdeutlicht eine Nähe zu zahlreichen linken Aktivisten. Schärdel postete im Januar 2024 auch Bilder von Demonstrationen, die nach der Correctiv-Berichterstattung ins Leben gerufen wurden, versehen mit dem Satz „Nie wieder ist jetzt!“
Auf Antrag der Linkspartei wurde 2020 auch Ulrike Lembke für das Richteramt nominiert und später durch das Berliner Abgeordnetenhaus im Amt bestätigt. Lembke war Professorin für „Gender im Recht“ an der FernUniversität in Hagen. Später nahm sie eine Professur für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin an. Lembke zufolge ergibt sich aus dem Grundgesetz die Pflicht für staatliche Stellen, die sogenannte „gendergerechte Sprache“ zu nutzen. „Die Pflicht zur sprachlichen Nichtdiskriminierung besteht von Verfassung wegen und kann durch gesetzliche Regelungen oder durch Verwaltungsvorschriften, Erlasse und Weisungen konkretisiert werden“, erläuterte sie. Zudem sei die Verwendung des Gendersternchens eine „(überfällige) Verwirklichung zentraler Anforderungen an verfassungskonformes Verwaltungshandeln“.
Der letzte in der Viererrunde ist Florian Rödl. Rödl wurde auf Vorschlag der Linken und der Grünen Ende März 2022 Mitglied der eingesetzten Expertenkommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ des Berliner Senats. Er hält Enteignungen grundsätzlich für möglich. Die taz beschrieb ihn als „Verteidiger des Mietendeckels“, der „mehr oder minder große Sympathien für die erstmalige Anwendung von Artikel 15“ hegt.
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