
Wenn bereits nach den ersten 100 Tagen das schnelle Ende von Kanzler Merz vorhergesagt wird, kann nicht nur mit Merz etwas nicht stimmen, sondern auch mit der Demokratie.
Die größten Wohlstandsvernichter (Grün-Rot) hielten sich vor noch nicht langer Zeit für Propheten der großen Transformation. Sie abzuwählen war unausweichlich. Ein großer Irrtum besteht jedoch in der Annahme, allein durch Wahlen werde die Wende vollzogen. Wahlen sind eine notwendige, doch keine hinreichende Bedingung für eine Wende zum Besseren. Q.e.d.
Die Leute verwechseln Ankündigungen mit Absichten, Propaganda mit Plänen. Es gibt jedoch stets nur einen einzigen Plan und eine einzige Absicht: die Wahl zu gewinnen. Politiker wählen selbst immer das geringste Übel. Sie möchten mit so wenig Leistung wie möglich an die Macht kommen. Sie glauben sogar, es nütze ihrer Macht, wenn sie auf die Ausübung der Macht verzichten. Q.e.d.
Unsere Demokratie wird nicht von der AfD bedroht, sondern vom Versagen derer, die von „unserer Demokratie“ reden. Die Demokratie gehört ihnen nicht. Merz hat die Wahl. Sollte er die Brandmauer doch noch einreißen, wird man ihn mit deren Trümmen steinigen. Sollte Merz immer noch glauben, man müsse die Brandmauer nur dick genug bauen, wird sie ihn ruinieren. Niemand muss hoffen oder fürchten, dass die Mauer ihn unter sich begräbt. Für den Schutt, unter dem er gerade verschwindet, hat das Abbruchunternehmen gesorgt, dem er selbst vorsitzt. Die Bürgerlichen zertrümmern sich seit Jahrzehnten selbst. Q.e.d.
Die meisten Wähler glauben, die Regierenden könnten ihnen die Wahrheit zumuten. Zugleich empfinden sie die Wahrheit als unzumutbar. Das ist paradox. Aber auf solchen Paradoxien gründet die Macht von Demokraten. Wer dreist behauptet, die Rente sei sicher, wird bei Wahlen belohnt. Deshalb bleiben notwendige Reformen aus. Q.e.d.
Abgesehen davon gibt es nie nur eine Wahrheit. Die Demokratie leidet darunter, dass die Parteien bestimmen möchten, was für die einzige Wahrheit gehalten werden soll. Weil das nicht funktionieren kann, zweifeln immer mehr Wähler an der Demokratie und träumen von autokratischen Anführern. Sie sollen ihnen die Mühe abnehmen, zwischen den verschiedenen Wahrheiten abzuwägen. Q.e.d.
Wer behauptet, die Demokratie in den USA sei in besten Händen, muss verrückt sein. Wer sagt, die Kritik der US-Regierung an der Demokratie in Deutschland sei verrückt, muss blind sein. Q.e.d.
Die Bürger haben zu Recht Angst vor dem Staat. Zugleich erwarten sie vom Staat, dass er ihnen Ängste nimmt. Ängste bedrohen die Freiheit oft mehr als reale Bedrohungen. Das Gegenteil von Angst wäre Zuversicht. Wird die Zuversicht knapp, verliert der Staat seine Rechtfertigung. Q.e.d.
Demokratie ist erledigt, wenn sie zur Diktatur der Mehrheit degeneriert. Noch schlechter ist, wenn sich eine Minderheit über die Mehrheit hinwegsetzt – und hinwegsetzen kann, weil Mehrheitsparteien sich der (linken) Meinungshoheit unterwerfen. Manchmal – es ist nicht auszuschließen – folgt die Regierung dennoch der Mehrheit der Bürger. Die Mehrheit der Deutschen findet zum Beispiel gerade den Stopp von Waffenlieferungen an Israel richtig. Richtig ist aber nur, dass Populismus selten richtig ist. Q.e.d.
Die schlechteste Regierung ist die, die am schlechtesten regiert. Q.e.d. Deshalb gilt: „Die beste Regierung ist die, welche am wenigsten regiert“ (Henry David Thoreau). Meine Leseempfehlung zum Wochenende ist sein Essay: „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ (1849).