
ZF Friedrichshafen, einer der größten Automobilzulieferer weltweit, steht unter erheblichem wirtschaftlichen Druck. Als Reaktion auf die angespannte Lage wird am Stammsitz des Konzerns in Friedrichshafen nun ein drastischer Sparkurs gefahren. Laut Unternehmensangaben soll ab 15. Mai 2025 die Wochenarbeitszeit von rund 2.800 Mitarbeitern zunächst auf 32,5 Stunden gesenkt werden, ab 1. Juni folgt dann die dauerhafte Reduzierung auf 31,5 Stunden. De facto bedeutet das die Einführung einer Vier-Tage-Woche.
Die Folge für die Beschäftigten ist klar: weniger Arbeitszeit bedeutet weniger Gehalt. Wer bislang eine 40-Stunden-Woche hatte, muss künftig mit rund einem Fünftel weniger Lohn auskommen. Es ist ein harter Einschnitt, insbesondere in Zeiten steigender Preise für Energie, Miete und Lebensmittel.
Besonders betroffen ist laut Betriebsrat der sogenannte „Betrieb Z“, der zentrale Einheiten wie Forschung, Entwicklung und das Management umfasst. Durch die Arbeitszeitkürzung erhofft sich ZF Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es für die Beschäftigten aber immerhin: Das Bekenntnis zur Konzernzentrale am Bodensee bleibt bestehen. ZF sicherte außerdem zu, dass es bis Mitte 2028 am Standort Friedrichshafen keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll. Anders sieht es an anderen ZF-Standorten in Deutschland aus: Dort müssen sich die Beschäftigten auf erhebliche Job-Kürzungen gefasst machen.
Im Zuge dieser Einsparpolitik wurden Ende 2024 bereits erste Werke geschlossen – darunter die Standorte Damme und Gelsenkirchen. Nun wird deutlich: Die bisherigen Einschnitte greifen offenbar nicht tief genug. Die geplanten Arbeitszeitreduzierungen in Friedrichshafen sollen nun zusätzliche Kostenvorteile bringen und dabei helfen, die angestrebten Einsparziele zu erreichen. Auch weitere Werksschließungen werden daher wahrscheinlicher. Als Nächstes dürften Berichten zufolge die Standorte in Eitdorf, Kressbronn und Langenhagen auf der Streichliste stehen.
Die heftigen Einschnitte bei ZF Friedrichshafen sind eine Reaktion auf eine wirtschaftlich prekäre Realität: Das Unternehmen schreibt seit Jahren tiefrote Zahlen. Allein im vergangenen Jahr belief sich der Nettoverlust auf mehr als eine Milliarde Euro. Der Umsatz brach auf 41,4 Milliarden Euro ein. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2023 konnte ZF noch 46,6 Milliarden Euro umsetzen und einen Überschuss von 126 Millionen Euro ausweisen.
Die Ursachen für diese Entwicklung liegen vor allem in der angeschlagenen Lage der Automobilindustrie: Der politisch forcierte Wandel hin zur Elektromobilität erlegt der Branche massiven Druck auf.
Getrieben von EU-Vorgaben wie den CO2-Flottengrenzwerten und dem ab 2035 greifenden Verbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor, bleibt den deutschen Autoherstellern nichts anderes übrig, als voll auf die Elektromobilität zu setzen. Doch diese politische Zwangsmaßnahme fügt der Branche enormen Schaden zu. Denn während VW, Mercedes & Co. nicht konkurrenzfähig sind, überrollen chinesische Hersteller längst die Märkte, mit unschlagbar günstigen E-Fahrzeugen.
Möglich machen dies die wirtschaftlichen Vorteile, die das Reich der Mitte bietet: massive Subventionen durch den chinesischen Staat, niedrige Energiepreise, günstige Arbeitsbedingungen und ein leichter Zugang zu Seltenen Erden verschaffen den asiatischen Konzernen entscheidende Wettbewerbsvorteile. Deutsche Anbieter können hier nicht mithalten. Die Folge: Absatzschwund, sinkende Umsätze, Gewinneinbrüche für VW, Mercedes, BMW & Co.
Hinzu kommt der allgemeine Nachfragerückgang bei E-Autos. Besonders in Deutschland wurde dies im letzten Jahr sichtbar. Laut Statista brachen die Neuzulassungen reiner Elektrofahrzeuge in Deutschland 2024 gegenüber dem Vorjahr um über 27 Prozent ein – von rund 524.200 auf 380.600 Fahrzeuge.
Für Zulieferer wie ZF ist das problematisch. Denn rund 70 Prozent aller Fahrzeugkomponenten stammen nicht aus den Werken der Hersteller selbst, sondern von externen Zulieferbetrieben. Wenn große Player wie Volkswagen oder Mercedes die Produktion drosseln, oder Verluste einfahren, spüren das die Zulieferer unmittelbar, in Form leerer Auftragsbücher und stillstehender Bänder.
Außerdem leiden die Zulieferer unter dem eigenen, kostspieligen Umstrukturierungsbedarf in Bezug auf die E-Mobilität. Denn mit der Transformation der Fahrzeugtechnik müssen auch Zulieferer ihr Sortiment grundlegend umbauen – von Verbrennerkomponenten hin zu Hochvoltbatterien, Elektromotoren und Leistungselektronik. Das bedeutet: Maschinen umrüsten, Belegschaften weiterbilden, ganze Werke neu ausrichten. Ein Kraftakt, der Milliarden verschlingt.
Ein weiterer Faktor, der ZF in die aktuelle Krise geführt hat, ist der überambitionierte Expansionskurs, den das Unternehmen in den vergangenen Jahren eingeschlagen hat. Um sich im Zukunftsmarkt der Elektromobilität und im Bereich des autonomen Fahrens zu positionieren, tätigte ZF umfangreiche Investitionen. So übernahm der Konzern im Jahr 2015 den US-amerikanischen Zulieferer TRW Automotive für die Rekordsumme von 12,4 Milliarden Euro. Im Corona-Krisenjahr 2020 lehnte sich der Konzern aus Friedrichshafen noch weiter aus dem Fenster. Für 6,2 Milliarden Euro setzte man die Übernahme des US-Bremsenspezialisten Wabco um. In diesen wirtschaftlich volatilen Zeiten mehr als nur ein riskanter Kraftakt.
Neben der forcierten Hinwendung zur Elektromobilität und einem überdehnten Expansionskurs leidet ZF Friedrichshafen auch unter den zunehmend unattraktiven Rahmenbedingungen des Standorts Deutschland. Ein Umstand, dem kein in Deutschland ansässiges Unternehmen entfliehen kann. Besonders gravierend: die ausufernden Energiekosten. Preiswerte und verlässliche Energie sind für industrielle Wertschöpfung essenziell, doch genau das kann die Bundesrepublik nicht mehr bieten. Die Strompreise für die Industrie explodieren seit Jahren. Die Folge: Unternehmen müssen Einbußen bei ihrer Wettbewerbsfähigkeit hinnehmen.
Hauptverantwortlich für diese Misere ist eine seit Jahren fehlgeleitete Energiepolitik, die bereits unter Angela Merkel in ideologischen Bahnen verlief und unter der Ampelkoalition dann vollends ins Irrationale abdriftete. Mit dem übereilten Ausstieg aus der Kernkraft wurde eine bezahlbare und verlässliche Energiequelle vom Netz genommen. Dadurch hat man Deutschlands Energieversorgung in eine gefährliche Abhängigkeit von „wetterlastigen‟ und volatilen Energiequellen wie Wind- und Solaranlagen gestürzt. Scheint keine Sonne oder weht kein Wind, bricht die Produktion ein. Es folgen Stromengpässe, Versorgungslücken und Preisexplosionen, die Unternehmen wie Privathaushalte gleichermaßen treffen.
Es braucht dringend wieder einen Einstieg in die Kernkraft, um eine effiziente, nachhaltige und stabile Energieversorgung zu etablieren, die günstig Strom produziert.
Doch in den nächsten vier Jahren wird sich hier wohl kaum etwas ändern. Die neue Bundesregierung hat sich klar zu den erneuerbaren Energien bekannt, und ein Wiedereinstieg in die Kernkraft ist nicht geplant. Zusätzlich möchte man sich in den nächsten Jahren auch vollständig von fossilen Energieträgern wie Kohle- und Gaskraftwerken trennen. Strom soll bis spätestens 2045 vollkommen aus erneuerbaren Energien kommen. Für die Wirtschaft eine Unmöglichkeit. Ein Industriestandort wie Deutschland kann nicht auf derart ineffiziente Energiequellen zurückgreifen. Bereits jetzt sieht man, dass diese ideologisch motivierte Energiepolitik pures Gift für den Standort ist.
Ein weiterer gravierender Belastungsfaktor ist der ausufernde bürokratische Aufwand. Insbesondere die Kontrolle der Lieferketten entwickelt sich für viele Zulieferbetriebe wie ZF zur Mammutaufgabe. Sie sind gezwungen, ihre Strukturen nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten. Das erfordert teils hohe Investitionen. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz etwa zwingt Unternehmen dabei zu Dokumentationsauflagen, etwa in Bezug auf Menschenrechtsverstöße und Umweltaspekte entlang der gesamten Lieferkette. Besonders bei internationalen Zulieferbeziehungen sind diese Anforderungen in der Praxis nicht umsetzbar.
Trotzdem bleibt den Unternehmen keine Wahl – denn ähnlich wie bei den CO2-Flottengrenzwerten drohen bei Nichteinhaltung rigorose Sanktionen und Milliardenstrafen. Die politische Führung agiert mit repressivem Druck und drängt die Wirtschaft immer weiter in den Abgrund. Statt Kontrolle wird nichts anderes erreicht als Unterdrückung. Die einst freiheitlich organisierte Marktwirtschaft verwandelt sich schleichend in eine Planwirtschaft.
Bundeskanzler Friedrich Merz plant zwar, das nationale Lieferkettengesetz zu streichen – doch dieser Schritt ist weitgehend wirkungslos. Denn auf EU-Ebene greift mit der EU-Lieferkettenrichtlinie bereits ein nahezu identisches Regelwerk. Für die Zulieferbetriebe bedeutet das: Der bürokratische Aufwand wird auch in Zukunft kaum nachlassen. Eine echte Entlastung bleibt aus.
Angesichts der zunehmend unattraktiven Standortbedingungen ziehen immer mehr Unternehmen die Reißleine und verlagern ihre Produktionskapazitäten ganz oder teilweise ins Ausland. Auch für ZF könnte dieses Szenario künftig Bedeutung gewinnen. Um Kosten zu sparen, könnten die rund 15.000 Stellen, die hierzulande abgebaut werden sollen, perspektivisch nach China, Indien oder Osteuropa ausgelagert werden.
Ein Blick zur Konkurrenz bestätigt den Trend: So eröffnete Continental bereits im Juni vergangenen Jahres in Hefei, China sein erstes vollständig im eigenen Besitz befindliches Reifenwerk in der Volksrepublik. Bis 2027 sollen dort jährlich bis zu 18 Millionen Reifen vom Band rollen.
Was sich bei ZF Friedrichshafen abzeichnet, ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck eines systemischen Versagens. Politische Ideologie, staatlich verordnete Marktverzerrung und wirtschaftsfeindliche Standortbedingungen treiben einen der weltweit bedeutendsten Zulieferer in den Untergang. Arbeitszeitkürzungen, Stellenabbau und Verluste sind die direkten Folgen einer verfehlten Industrie- und Energiepolitik. Während China expandiert und profitiert, strangulieren sich Deutschland und die EU selbst zu Tode.
Besonders der Kurs, der in der Automobilindustrie gefahren wird, bedarf dringender Korrektur. Die strengen Flottengrenzwerte, die letztlich auf das Verbrenner-Verbot hinführen, werden das Rückgrat der deutschen, bzw. europäischen Wirtschaft, die Automobilbranche zerschmettern. Hunderttausende Arbeitsplätze und damit auch der wirtschaftliche Wohlstand ganzer Regionen stehen auf dem Spiel.