
Seit Anfang des Monats der islamische Fastenmonat Ramadan begonnen hat, bieten verschiedene Bildungsinstitutionen Angebote für fastende Muslime an. Dabei geht eine Universität besonders weit: Sie kooperiert mit einem Islamisten-Verein.
Woke, feministisch, vielfältig und gegen jede Art von Diskriminierung. So präsentiert sich die Universität zu Köln, die 1919 gegründet wurde und regelmäßig Spitzenplätze in internationalen und nationalen Rechts- und Wirtschafts-Rankings belegt, auf ihrer offiziellen Website.
Auf dieser wird auf Studiengänge wie „Gender and Queer Studies“ aufmerksam gemacht und auf verschiedenste vermeintliche Diskriminierungsformen. Darunter „Heteronormativität“, „Islamfeindlichkeit“ oder „Klassismus“. Auch mit einem „Gender Equality und Diversity Portal“ und diversen Meldestellen, bei denen Studenten mutmaßliche diskriminierende Vorfälle anzeigen können, brüstet sich die Universität.
Egal, um welche „Diskriminierungsform“ es geht – die Universität zu Köln zählt diese auf.
Umso bemerkenswerter ist es, dass die Lehranstalt, die von sich selbst behauptet „Wir bauen Diskriminierungen ab“ selbst mit einer diskriminierenden Organisation zusammenarbeitet – nämlich mit dem umstrittenen Verein Ditib.
Auf Instagram wirbt die Universität damit, zusammen mit der Islamorganisation Ihsan e.V. und dem Moscheeforum des Vereins Ditib im Rahmen des islamischen Fastenmonats Ramadan sogenannte „Iftarpakete“, also Essenspäckchen, die Lebensmittel zum Fastenbrechen enthalten, kostenlos an „Studierende und Bedürftige“ zu verteilen. Das Problem dabei: Der Islamverein Ditib fällt immer wieder durch Islamismus, antisemitische Ausfälle, undurchsichtige Verwendung von Spendengeldern und anderen Problematiken auf.
„Gesegneten Ramadan und guten Appetit“ wünscht die Universität zu Köln muslimischen Studenten.
Dies liegt unter anderem daran, dass der Verein Ditib, der eigentlich Diyanet İşleri Türk İslam Birliği heißt, nicht nur die größte islamische Religionsvereinigung Deutschlands ist, sondern auch ein direkter Ableger des türkischen Religionsministeriums Diyanet und der türkischen Regierung des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan unterliegt. Während die Organisation von sich selbst behauptet, die „Förderung des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen, Völkerverständigung und Toleranz“ zum Ziel zu haben und dafür jährlich Millionen an Zuschüssen vom deutschen Staat erhält, sieht die Realität hinter dem Verein anders aus.
In der Vergangenheit hatte der Verein Ditib vor allem durch die Gestaltung des Islamunterrichts in mehreren Bundesländern Einfluss auf deutsche Bildungseinrichtungen. Nun kooperiert auch eine staatliche Universität mit der Islamorganisation.
Der Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbaş, ist die oberste religiöse Autorität der deutschen Ditib. In seinem Auftrag predigen weit mehr als 1000 Imame in Deutschland, zudem ist er Vorsitzender des Beirats der Ditib und entscheidet somit über Leitlinien und Führung der Ditib in Deutschland. Genau dieser Mann bezeichnete Israel in einer Predigt als „rostigen Dolch im Herzen der islamischen Geographie“. Er nennt den jüdischen Glauben „schmutzig und pervers“. Gleichzeitig fallen einige Ditib Gemeinden auf ihren Facebook-Seiten immer wieder mit türkischsprachigen Zitaten wie „Um die Barbarei der Juden zu beschreiben, werdet ihr nicht die richtigen Worte finden können“ oder „Der kannibalische Jude kotzt den Tod in Palästina“ auf.
Doch das ist nicht alles. Zu den zahlreichen Problematiken der türkisch-deutschen Islamorganisation gehören auch die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern, das Predigen von islamistischen Inhalten, die Indoktrination von Kindern zum Märtyrertum und der Verdacht auf Zusammenarbeit mit dem türkischen Geheimdienst.
Aus diesen Gründen fordern zahlreiche Politiker verschiedener Parteien seit Jahren das Ende der Zusammenarbeit der deutschen Regierung mit Ditib, so sagte der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck gegenüber der Welt beispielsweise: „Wer mit der Ditib kooperiert, hat den Antisemitismus und türkischen Nationalismus mit am Tisch“.
Für die Universität zu Köln scheint die Kritik an dem Islamverein, der laut dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen durch die türkische AKP-Partei beeinflusst wird, keine Rolle zu spielen. Auf NIUS-Anfrage teilte diese mit, dass die Aktion von der Hochschulleitung genehmigt wurde und die Veranstalter unterschrieben haben, „dass keinerlei politische oder religiöse Botschaften mit der Aktion verbunden sind“. Außerdem betont eine Sprecherin der Hochschule: „Die Universität zu Köln sieht im Lichte dieser Rahmenbedingungen keinen Grund, das Angebot des Moscheeforums zu untersagen. Wir gehen davon aus, dass diese Rahmenbedingungen eingehalten werden.“
Auf die Fragen, warum die Universität überhaupt kostenloses Essen zum Ramadan verteilt, ob das Essen durch Gebühren der Studenten wie Semesterbeiträgen bezahlt wird und warum die Hochschule ausgerechnet mit Ditib zusammenarbeitet, äußerte sich die Universität nicht. Stattdessen betonte sie: „Die Iftarpakete können alle Studierenden und alle Bürgerinnen und Bürger abholen, unabhängig von ihrer Konfession.“
Brisant: Während die Universität zu Köln zu den Islamismus Vorwürfen gegenüber Ditib schweigt, scheint die Universität eine klare Haltung hierzu zu haben. So teilt die Universität auf ihrer Website einen „Leitfaden zum rassismuskritischen Sprachgebrauch“ des Antidiskriminierungsbüros Köln, in dem davor gewarnt wird, das Wort „mutmaßlicher Islamist“ zu nutzen. Als Grund gibt der Leitfaden an: „Islamist zu sein, ist nicht verboten“.
Im „Leitfaden zum rassismuskritischen Sprachgebrauch“ auf der Website der Universität zu Köln wird die Nähe der Hochschule zu Islamisten deutlich.
NIUS sprach mit einem Augenzeugen, der anonym bleiben möchte, über die Ramadan-Aktion der Hochschule. Dieser gibt an, aufgrund seines südländischen Aussehens von einem Ditib-Mitarbeiter „auf die Iftarpakete im Hauptgebäude“ angesprochen worden zu sein. „Als er sich dann umdrehte und ich den riesigen Ditib-Aufdruck auf seiner Jacke feststellte, war ich schockiert, dass die Uni Köln mit der Ditib kollaboriert und nicht ihre Säkularität als Hochschule aufrechterhält“, so der Student.
Mit strammem Gang und Ditib-Weste: So sprechen Mitarbeiter des Islamvereins muslimisch aussehende Studenten auf dem Campus der Universität zu Köln an.
Tatsächlich wird die Erfahrung des jungen Studenten auch durch ein Instagram-Video des Moscheeforums selbst auf Instagram bestätigt. Dort zeigen sich Mitarbeiter Ditibs stolz in blauen Westen vor dem Eingang der Universitätsbibliothek. Bemerkenswert: Sowohl die Kommentare unter dem Beitrag des Moscheeforums als auch unter dem Beitrag der Universität wurden limitiert, also absichtlich eingeschränkt.
Dass die Erdogan-nahe Islamorganisation Einfluss auf eine staatliche Universität in Deutschland hat, ist nicht ihr erster Erfolg. Über Jahre hinweg gestaltete die Organisation, die von vielen als „verlängerter Arm der türkischen Regierung“ bezeichnet wird, den Islamunterricht in Bundesländern wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen. Als das Bundesland Hessen den Islamunterricht durch Ditib im Jahr 2020 aussetzte, weil, wie der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Hessen Armin Schwarz sagte, weiter die Annahme bestünde, „dass der Verband unter der politischen Einflussnahme des türkischen Staates steht“, klagte Ditib. Mit Erfolg: Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 31. Mai 2022 war es nicht rechtens, dass das Land Hessen 2020 den Islamunterricht mit Ditib aussetzte.
Er zeigte sich 2020 „heilfroh“ als die Zusammenarbeit mit Ditib beendet war: der CDU-Politiker Armin Schwarz.
Doch der Einfluss Ditibs hört nicht beim Islamunterricht in Schulen auf. In Köln schaffte es eine Ditib-Moschee im Stadtteil Ehrenfeld, dass ihr 2022 als erster Moschee Deutschlands der Muezzin-Ruf genehmigt wurde. Nachdem letztes Jahr die zweijährige Pilotphase für das Projekt ausgelaufen war, darf dort nun dauerhaft fünfmal täglich ein muslimischer Ausrufer Muslime zum Gebet rufen.
In den sozialen Medien zeigt sich die Oberbürgermeisterin Kölns, Henriette Reker, nicht nur regelmäßig mit Ditib-Vertretern, sie versucht auch mit türkischen Beiträgen gezielt die muslimische Bevölkerung Kölns zu erreichen.
Obwohl Islamismus-Forscher wie Ahmad Mansour den Muezzin-Ruf als „Machtdemonstration des politischen Islam“ bezeichnen und vor Ditib warnen, schwärmt Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker über das umstrittene öffentliche Religionsbekenntnis. Für sie zeigt der Ruf des Muezzins, „dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird“. Kritische Worte verliert die Oberbürgermeisterin über den Verein dabei nicht, im Gegenteil. Als Ditib vergangenes Jahr sein 40-jähriges Bestehen bei einem traditionellen Iftar-Essen in der Ehrenfelder Zentralmoschee feierte Reker, die sich persönlich für die Genehmigung des Muezzin-Rufs starkgemacht hatte, mit.
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