Das nächste gebrochene Versprechen der Regierung Friedrich Merz

vor etwa 5 Stunden

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Die schwarz-rote Koalition hat den “Investitionsbooster” in dritter Lesung durch den Bund gebracht. Damit kann er in Kraft treten. Vorausgesetzt, der Bundesrat stimmt dem in seiner Sitzung am 11. Juli zu. Noch ist dieses Ja unsicher. Aber nur leicht. Denn Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) verfügt mit dem regulären Haushalt und den “Sondervermögen” über einen großzügigen Werkzeugkasten, mit dem er in den nächsten Jahren 850 Milliarden Euro an zusätzlichen Staatsschulden aufnehmen kann. Dadurch kann er den Ländern das Geld zuschustern, dass diese durch die Steuerausfälle erwarten, die durch den Investitionsbooster voraussichtlich entstehen.

Die Ministerpräsidenten müssen sich also keine Sorgen machen. Sie werden von den 850 Milliarden Euro neuen Schulden profitieren. Der Klima-Industrie geht es ebenso. Ihr politischer Arm, die Grünen, hat ihnen im “Klima- und Transformationsfonds” – noch so ein Nebenhaushalt – 100 Milliarden Euro garantiert. Die Silberlinge, die Grüne für ihr Ja zum Aufweichen der Schuldenbremse erhalten haben. Und auch den Empfängern von Bürgergeld geht das staatliche Geld nicht aus. 47 Milliarden Euro im laufenden Jahr allein vom Bund. Fast zehn Prozent des eigentlichen Haushalts. Fünf Milliarden Euro mehr als geplant.

Mit den 850 Milliarden Euro neuen Schulden hat sich Klingbeil einen gigantischen Futtertrog geschaffen, an dem nun genug Hungrige Schlange stehen. Doch es reicht trotzdem nicht für alle. Noch im Mai haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass die Stromsteuer gesenkt werden soll. Für alle. Auch für private Verbraucher. Mit dem Entwurf des Haushalts, der seit Dienstag vorliegt, wird nun klar: Die Regierung Friedrich Merz bricht auch dieses Versprechen. Die Senkung kommt nur für das produzierende Gewerbe.

“Die Absage des Bundesfinanzministers an die Senkung der Stromsteuer für alle Branchen ist ein Schlag ins Gesicht für viele Unternehmen”, sagt Peter Adrian. Er ist Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Viele Betriebe hätten seit Dienstag in der Kammer angerufen. Sie seien empört, da sie “fest mit einer sinkenden Stromsteuer gerechnet hatten.” Zumal die Bundesregierung dies in ihrem Koalitionsvertrag “für alle klar versprochen” habe – “und zwar dort schon ausdrücklich als Sofortmaßnahme”. Adrian folgert: “Niemand versteht, warum trotz der geplanten Rekord-Verschuldung diese ohnehin recht kleine, aber sehr wichtige Entlastung nicht möglich sein soll.”

Vor der Abstimmung sagt Klingbeil, dass der “Investitionsbooster” ein Signal ins Land strahlen soll. Dieses Signal sende die Regierung mit dem Haushalt ebenfalls, mahnt Adrian. Aber halt kein gutes Signal: “Auf eine Entlastung bei den Energiekosten durch die Senkung der Stromsteuer haben sich hunderttausende Betriebe verlassen.” So wie sie jetzt geplant ist – ausschließlich für das produzierende Gewerbe – komme sie “nur bei einem Bruchteil der Unternehmen in Deutschland an”. Die Industrie- und Handelskammer sieht die Regierung Merz in der Pflicht, ihr Wort zu halten und die Stromsteuer zu senken. Für alle. Wie versprochen.

Die Fraktionsvorsitzende der AfD, Alice Weidel, teilt die Kritik am Kanzler: “Die Versprechungen von Friedrich Merz, egal ob im Bundestagswahlkampf oder im Koalitionsvertrag, haben eine Halbwertzeit von allenfalls wenigen Wochen.” Dass der Bund die Stromsteuer nun für die Verbraucher oben hält, sei ein “Schlag ins Gesicht für die privaten Haushalte und vielen kleinen Unternehmen”. Dabei litten alle “unter exorbitanten Stromkosten in Deutschland”. Die Regierung Merz verpulvere das Geld der Bürger für “Asylkosten, Klimafonds und Bürokratie”. Weidel analysiert, dass Merz in einer Koalition mit der SPD gar nichts anderes übrigbleibe, als immer wieder sein Wort zu brechen. Zusammen mit den Sozialdemokraten habe er eben keine Mehrheit für den “Politikwechsel”, den er im Wahlkampf angekündigt hat. Die AfD-Chefin fordert den Kanzler auf, überflüssige Ausgaben des Staates zu streichen und die “klimaideologisch motivierte Deindustrialisierung” des Landes zu beenden.

In der Debatte um den Staatshaushalt warnt Weidel als Vertreter der größten Oppositionspartei, die schwarz-rote Koalition bringe mit ihren 850 Milliarden Euro an neuen Schulden Deutschland auf den “sicheren Weg in die Staatspleite”. Die Ausgaben fürs Soziale würden weit überproportional im Vergleich zum restlichen Haushalt wachsen. Zwar verspreche die Regierung, die Schulden für Investitionen zu verwenden, doch sie landeten vor allem im Konsum. Etwa eben im Sozialen. Der Wirtschaft komme das Geld zu wenig und zu langsam zugute. So beschließt der Bund mit dem “Investitionsbooster” eine Senkung der Körperschaftssteuer. Aber erst ab 2028. Und dann auch nur schrittweise.

Vor dem Weg in die Überschuldung warnt nicht nur die größte Oppositionspartei im Bundestag. Sondern auch Veronika Grimm. Die Ökonomin ist eine “Wirtschaftsweise”. Also eine offizielle Beraterin der Regierung. Sie sagt in einem Interview mit der Welt: Die Ministerien hätten nun einen “Überbietungswettbewerb” darin gestartet, neue Schulden zu machen. Statt Ausgaben runterzufahren, stopfe der Bund nun alle Löcher mit neuen Schulden.

Grimm hält den Ansatz des “Investitionsboosters” für falsch. Nämlich Abschreibungen, etwa für E-Autos, jetzt schon zu ermöglichen und die Steuern frühestens in drei Jahren zu senken. Senkungen von Steuern kämen dem Standort zugute. Anders als bessere Abschreibungen würden niedrigere Steuern “Investitionen deutlich und nachhaltig” zu fördern. Steuersenkungen seien daher in der jetzigen Schwäche der deutschen Wirtschaft “dringend geboten”.

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