
37 verletzte Polizisten, rund 400 Festnahmen und 670 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Sprengstoff- und Waffengesetz – das ist die Bilanz der Berliner Silvesternacht 2024.
Doch wer sind die Menschen, die gezielt Polizisten angreifen und wahllos mit Sprengstoffkörpern durch die Gegend schießen? Um das herauszufinden, war NIUS unterwegs an bekannten Berliner Brennpunkten wie der Sonnenallee in Neukölln, dem Graefekiez in Kreuzberg oder der Osloer Straße in Wedding.
Schauen Sie sich hier an, was die NIUS-Reporterinnen Helena Gebhard und Joelle Rautenberg in der Silvesternacht erlebt haben:
Es sind überwiegend junge migrantische Männer, die in Berlin unterwegs sind. Viele von ihnen erzählen, dass sie aus Syrien, dem Libanon oder Gaza stammen. Oft sind schwarz gekleidet, bewegen sich in größeren Gruppen. Auffällig: Frauen sind kaum zu sehen. Obwohl viele der jungen Männer die deutsche Sprache nicht verstehen, verstehen sie eines: nämlich wie sie die sogenannten „Böllerverbotszonen“ umgehen, die präventiv an mehreren Orten der Stadt festgelegt wurden, mit dem Ziel mögliche Krawalle in der Silvesternacht zu verhindern.
Brennende Container am Richardplatz in Neukölln
Auch in der berühmt-berüchtigten „Sonnenallee“ in Berlin-Neukölln, die schon im letzten Jahr wegen der oft gewalttätigen Ausschreitungen zum Jahreswechsel Schlagzeilen machte, ist ein Teil der Straße Böllerverbotszone. Wer zum anderen Ende kommen möchte, muss durch die Polizeikontrolle und sich auf Feuerwerkskörper durchsuchen lassen.
Sprechen wollen die meisten hier nicht. Für Social Media filmen sie jedoch gerne, wie Raketen in Wohnungen mit offenem Fenster hineingeschossen werden. Die wenigen, größtenteils Kopftuch tragenden Frauen auf der Sonnenallee drehen sich weg, wenn sie die Kamera sehen oder rufen präventiv „nicht mich film‘!“. Männergruppen, die einen eher rauflustigen Eindruck machen, rennen weg, wenn man auf sie zugeht oder erklären, dass ihr Deutsch zu schlecht sei, um mit NIUS zu sprechen.
Andere sprechen provokativ in arabischer Sprache, einer murmelt etwas Arabisches in die Kamera, verwendet dabei das Wort „Israel“. Am Ende sagt er „fick dich“ und geht. Trotz der Wortkargheit und dem Widerwillen, mit uns zu sprechen, gibt es ein Thema, das die jungen Männer auf den Straßen Neuköllns zu bewegen scheint: den Nahostkonflikt. So rufen Menschen immer wieder „free Palestine“ in die Kamera, betonen aber, dass sie sich nicht äußern wollen.
Polizeieinsatz am Planufer in Berlin-Kreuzberg
In der Nähe des Alexanderplatzes geht es weniger politisch zu, dafür aber gefährlicher. Trotz Böllerverbotszone, mehrerer Polizei-Mannschaftswagen und einer extremen Präsenz von Einsatzkräften ist die Stimmung hier eher ausgelassen und nachlässig. Eltern lassen ihre Kleinkinder mit Pyrotechnik spielen, Männergruppen werfen einander mit Böllern ab, überall hört man es krachen. Als die Situation eskaliert, die Menschenmasse immer größer, die Situation immer unübersichtlicher wird, wird der Alexanderplatz in Richtung Rathausplatz zu Teilen geräumt.
Doch auch davon lassen sich die Böllerchaoten nicht bremsen: Knapp an der Verbotszone vorbei schwingt eine migrantische Männergruppe eine Syrien-Flagge und ruft dabei „Allahu Akbar“. Andere Chaoten zünden rücksichtslos Böller mitten in der Menschenmenge.
Es ist gefährlich, hier zu stehen, die Lust am Böllern scheint einfach kein Ende zu nehmen ... Dass am gleichen Tag noch ein Syrer in Charlottenburg auf mehrere Personen einsticht, lässt fassungslos ins neue Jahr blicken.