
„Uns geht es darum, dass diejenigen belohnt und nicht bestraft werden, die sich mehr anstrengen wollen.“ Deswegen schlage die CDU auch vor, „Überstunden steuerfrei zu stellen“, erklärte Merz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sein CSU-Pendant Markus Söder forderte auf einem CSU-Parteitag im Sommer, Überstunden „endlich steuerfrei“ zu machen.
Und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte laut Bild das Gleiche. Im „Sofortprogramm“ für die Wirtschaft, welches die Union 2023 aus der Opposition heraus präsentierte, heißt es sogar mit Ausrufezeichen: „Wir fordern Überstunden ab sofort steuerfrei zu stellen!“
Im Koalitionsvertrag ausformuliert klingt das anders: Dort heißt es, man werde „umgehend Überstundenzuschläge steuerfrei [stellen], die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen.“
Überstunden vs. Überstundenzuschläge – ein entscheidender Unterschied. Denn statt Überstunden grundsätzlich steuerfrei zu bezahlen, würde hier nur eine vergleichsweise geringe Summe an tatsächlichen Steuerentlastungen beim Arbeitnehmer ankommen.
Man muss dabei festhalten: Im Wahlprogramm machten CDU und CSU den Unterschied klar und sprachen auch von Überstundenzuschlägen. „Wir stellen Überstundenzuschläge bei Vollzeitbeschäftigung steuerfrei“, heißt es dort. Nur in der öffentlichen Kommunikation kam das nicht so wirklich an – was nicht zuletzt auch an den Lautsprechern der Union lag.
Ein einfaches Rechenbeispiel zeigt, in welcher Dimension die Zuschläge stehen: Der durchschnittliche Verdienst pro Arbeitsstunde in Deutschland beträgt 24,83 Euro. Ein durchschnittlicher Überstundenzuschlag hat oft die Höhe von 10 bis 25 Prozent des vereinbarten Stundenlohns. Ausgehend vom Durchschnittsverdienst wären das – gerechnet mit 25 Prozent Zuschlag – also etwas mehr als sechs Euro Überstundenzuschlag pro Stunde. Nur diese sechs Euro pro Stunde wären dann jeweils steuerfrei, nicht jedoch die gut 24 Euro Lohn für die zusätzlich gearbeitete Stunde.
Bezahlte Überstunden (ein weiterer Unterschied) leistet der Deutsche durchschnittlich rund 14 im Jahr – bei lediglich steuerfreien Überstundenzuschlägen (weiterhin gerechnet mit 25 Prozent) wären das also 87 Euro steuerfrei im Jahr. Ob das die Entlastung ist, an die manch einer bei den Wahlkampf-Sprüchen dachte, darf man wohl bezweifeln.