
Weil er eine satirische Fotomontage teilte, auf der Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Plakat mit der Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ in den Händen hält, wurde der Chefredakteur des Online-Mediums Deutschlandkurier zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Amtsgericht Bamberg sah den Strafbestand der „Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ nach dem Beleidigungsparagrafen 188 des Strafgesetzbuches (StGB) als erfüllt an. Der verurteilte Journalist David Bendels kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen.
Am Dienstagmorgen sprachen Medienanwalt Joachim Steinhöfel, Journalistin Jasmin Kosubek und NIUS-Kolumnist Alexander Kissler über die besorgniserregende Entwicklung eines immer übergriffiger werdenden Staates und darüber, dass dieses Urteil so nie hätte gefällt werden dürfen. „Das, was Herr Martin Waschner in Bamberg gemacht hat, ist Gott sei Dank mit Rechtsmitteln anfechtbar. Aber Richter wie er sind eine Gefahr, nicht nur für den Rechtsstaat, sie sind ungeeignet, sondern sie sind eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“, so Steinhöfel. Er sei überzeugt, dass der Richter es verdiene, namentlich genannt zu werden. „Es ist ganz, ganz wichtig, dass solche Dinge ans Tageslicht kommen“.
Das Urteil sei lächerlich, grotesk und offenbare das totalitär anmutende „Bestrafungs-Fieber“, von dem Waschner besessen gewesen sei. Denn statt sieben Monaten Haft auf Bewährung hätte eine durchaus mildere Strafe, wie zum Beispiel zehn Tagessätze, gewählt werden können, so der Medienanwalt bei NIUS Live. Die Frage von Alexander Kissler, ob die Justiz in Deutschland schon politisch sei, verneint Steinhöfel. „Es gibt keine politisierte Justiz, aber es gibt politisierte Richter und Martin Waschner gehört offenbar dazu“. Denn die Fotomontage, das sogenannte Meme, um das es geht, sei offensichtlich satirisch gemeint. „Mir fehlt jedes Verständnis dafür, wie man das anders interpretieren kann“.
Gerade in den unteren Rängen der Strafjustiz säßen reihenweise inkompetente Juristen, die von einem Bestrafungswillen getrieben seien. „Ich kann Ihnen garantieren, dass wir hunderte von Urteilen haben, oder Strafbefehle, die rechtskräftig geworden sind, die keinesfalls zu rechtfertigen sind auf der Basis unserer Rechtsordnung“, behauptet der Medienanwalt. Menschen wie Waschner „dürfen nicht über frei oder nicht frei in einem Rechtsstaat entscheiden“. Und Politiker, die glaubten, sie müssten besonders vor der Meinung anderer geschützt werden, pervertierten das System, so Steinhöfel.
Erst im Herbst 2024 hatte das Amtsgericht Bamberg aufgrund dieses auf „X" geteilten Memes eine Hausdurchsuchung bei Stefan Niehoff in Bayern angeordnet.
Der verurteilte Chefredakteur des Deutschlandkuriers habe die nötigen Mittel, sich gegen das Urteil zu wehren. Doch nicht jeder Bürger könne sich einen guten Anwalt leisten und habe die Kraft notfalls durch mehrere Instanzen hindurchzugehen. „Die Angst, die das auslöst, etwas Zulässiges zu sagen, ist unglaublich“. Die Fotomontage von der Innenministerin sei „harmlos. Ich glaube, ich habe solche Sachen schon 500 Mal bei Twitter veröffentlicht“, kommentiert Steinhöfel bei NIUS Live. „Das Urteil ist in einer Weise abwegig, dass es drastischer kaum noch denkbar ist“. Daher sei er überzeugt, dass es früher oder später aufgehoben wird.
Was aber bedeutet der Fall David Bendels für uns? „Verfremdete Plakate waren immer ein Mittel der Regierungskritik. Und wenn das nicht mehr möglich ist, leben wir nicht mehr in einem Staat mit Meinungsfreiheit“, sagt Kissler. Für all jene, die sich trotz der Einschüchterungsversuche nicht den Mund verbieten lassen wollen, hat Medienanwalt Steinhöfel zwei Tipps: „Never drink and tweet“ und „nicht auf die Person gehen, sondern auf die Sache“. So sei es unbedenklicher, zu sagen: „Nancy Faesers Aussagen missachten das Recht auf Meinungsfreiheit“ statt „Nancy Faeser hasst die Meinungsfreiheit.“
Die gesamte Sendung NIUS Live finden Sie hier:
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