
Robert Habeck hat für seine Wahlkampf-Werbung ein Gebäude gewählt, das den Krieg in seinen Mauersteinen trägt – in vielfacher Hinsicht.
Mitten im Bundestagswahlkampf lässt der grüne Spitzenkandidat sein Konterfei auf das Münchner Siegestor projizieren. Erbaut im Auftrag Ludwig I., sollte das Tor das bayerische Heer im Falle eines Sieges empfangen und direkt zur Feldherrenhalle leiten, die den Nationalsozialisten später als Schauplatz ihrer Propaganda diente. Auch das Siegestor war Kulisse für Aufmärsche des NS-Regimes. Im Krieg teilweise zerstört, wurde das Tor nach 1945 nicht vollständig wieder saniert – und zeugt so nicht nur vom Triumph des Krieges, sondern auch von seiner Zerstörungskraft.
Nun mischte sich die erhabene Inschrift „Dem Sieg geweiht – Vom Krieg zerstört – Zum Frieden mahnend“ mit der eher profanen grünen Botschaft „Bündniskanzler. Ein Mensch. Ein Wort“ zu einer Art verspäteten, zeitgenössischen Replik auf Ludwig I.. Habecks Wunsch, mit dem eigenen Gesicht ein Denkmal und Mahnmal des Krieges zu zieren, zeugt vom Anspruch, den er auf Deutschland erhebt.
Dass es sich hierbei um einen autoritären Anspruch handelt, liegt offen zu Tage und wird doch von seiner Partei zu vertuschen versucht. Wenn Robert I. in den Spiegel schaut, mag er einen König sehen – wenn er für Autogrammkarten oder den Spiegel posiert, inszeniert er sich doch lieber als antiautoritären Kämpfer für die Demokratie. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie autoritäre Gesinnung hoffähig gemacht wird“, versprechen die Grünen in einer Petition, die sich gegen Elon Musk wendet. Am Hofe von Robert I. soll sich das Volk in Freiheit wähnen.
Mit einer Petition machen die Grünen gegen Elon Musk mobil.
In Freiheit leben soll das Volk dennoch nicht. Das Perfide an der grünen Rhetorik ist, dass sie es schafft, die wunderbarsten Vokabeln des Westens – Demokratie, Selbstbestimmung, Freiheit – bis zur Unkenntlichkeit zu verdrehen und ihnen damit den Stempel grüner Ideologie aufzudrücken. Was die Grünen als Kampf für einen freien demokratischen Diskurs im Netz ausgeben, ist der größte inländische Angriff auf die Demokratie in der Geschichte der Bundesrepublik, der sich nun auch dem demokratischen Heiligtum zuwendet: den freien Wahlen.
Die Tafel am Hof der Grünen für einen Angriff auf die Bundestagswahlen am 23. Februar ist gedeckt. Wenn die Partei nach der Wahl ihre Macht einbüßen sollte, könnte sie die Gültigkeit des Ergebnisses in Zweifel ziehen und auf Unterstützung der Europäischen Union setzen. Derzeit trifft die Partei dafür mediale Vorbereitungen und verbreitet entsprechende Falschbehauptungen und Vorwürfe, die ein Vorgehen gegen die Wahlen legitimieren könnten.
Das Rezept für den Angriff auf die Gültigkeit der Wahlen liefern die jüngsten Geschehnisse in Rumänien. Dort wurde die erste Runde der Präsidentschaftswahl vom Verfassungsgericht annulliert, nachdem der Geheimdienst einen Bericht vorgelegt hatte, der ausländische Wahlbeeinflussung belegen sollte. Statt Beweisen für illegitime Einflussnahme enthielt der Bericht jedoch lediglich unbelegte Vorwürfe gegenüber Influencern, die angeblich auf TikTok für den Wahlsieger Călin Georgescu geworben hätten. Sie seien von diesem finanziert worden, die TikTok-Algorithmen hätten die Reichweite der Videos multipliziert und so das Wahlverhalten beeinflusst. Zahlreiche der beschuldigten Influencer widersprachen der Darstellung, auch gegenüber NIUS.
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In Deutschland äußern die Grünen bereits vor den Wahlen entsprechende Vorwürfe. Sie zielen auf die Plattform X des Unternehmers Musk ab, der für die Trump-Regierung als Beauftragter für Regierungseffizienz dienen, den linken Vorfeld-Organisationen also die Gelder streichen soll. Im Bundestagswahlkampf schlägt sich Musk auf die Seite der AfD, empfahl die Partei auf X und in einem Gastbeitrag in der Welt. Die Grünen stellen dies als unlautere Beeinflussung der Wahl dar und behaupten ohne jegliche Grundlage, Musk manipuliere die Algorithmen zugunsten der AfD. Je öfter sie diese Unterstellung medial und damit in den Köpfen der Wähler platzieren, desto größer sind die Chancen, dass zumindest im eigenen Milieu Zweifel am Wahlergebnis aufkommen, sollte dieses nicht wie erwünscht ausfallen.
Călin Georgescu ging als Sieger aus den rumänischen Präsidentschaftswahlen hervor – doch das Verfassungsgericht kassierte die Wahl.
Auch das juristische Besteck liegt bereit, um die Gültigkeit der Wahlen anzuzweifeln. Mit dem Digital Services Act (DSA) verfügt die EU über ein Instrument, um sich in nationale Angelegenheiten einzumischen. Nach der Annullierung der Wahl in Rumänien erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) zwar einerseits, es läge am „rumänischen Volk, frei von ausländischer Einmischung zu entscheiden, was das Beste für sein Land ist“, gleichzeitig werde sich die Kommission „weiterhin dafür einsetzen, dass die Plattformen ihren Verpflichtungen aus dem Digital Services Act im Hinblick auf Wahlen in Europa nachkommen“. Die EU stieß – auf Zuruf der rumänischen Netzbehörde – im Rahmen des DSA eine Untersuchung der rumänischen Wahl an und fordert von TikTok Rechenschaft über die Rolle des Unternehmens bei der Wahl.
Auch im Zusammenhang mit dem deutschen Wahlkampf verwies der ehemalige Binnenmarkt-Kommissar und mächtige Brüssel-Bürokrat Thierry Breton auf den DSA. Am vergangenen Samstag richtete er sich auf X an AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und Elon Musk, die sich am kommenden Donnerstag öffentlich auf X unterhalten werden. Mit Blick auf das Gespräch mahnte Breton, dass Musk „seine Verpflichtungen gemäß unserem EU-Recht uneingeschränkt einhalten sollte“ und dass Musks Reichweite Weidel „einen deutlichen und wertvollen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern“ verschaffe. Er verwies zudem auf die Regeln zur „ordnungsgemäßen Nutzung systemischer Plattformen“, die „vor illegalem oder Fehlverhalten während der Wahlen“ schützten. Ein freies Gespräch unter den Verdacht der Illegalität zu stellen, widerspricht allen Grundsätzen der freien Rede, die in einer Demokratie gelten.
Thierry Breton droht Elon Musk regelmäßig auf X.
Auch die Köche stehen bereit, um nach rumänischem Rezept anzurichten. Die Schlüsselinstitutionen sind klug besetzt. Die Ampel-Koalition hat die Bundesnetzagentur zum sogenannten Digital Services Coordinator (DSC) ernannt. Die Behörde ist also für die Anwendung des DSA in Deutschland zuständig und wird ausgerechnet von einem engen Habeck-Vertrauten, dem Grünen-Politiker Klaus Müller, geleitet. Das rumänische Pendant, die dortige Netzbehörde, hatte die EU nach der Wahl alarmiert und Zweifel am Ergebnis geweckt.
Der Grüne Klaus Müller leitet die Bundesnetzagentur.
Der deutsche Inlandsgeheimdienst hat sich in den vergangenen Jahren als politisierte Institution offenbart. Mit einem politisierten Geheimdienst, einem grün geführten DSC und einer EU, die bereits im Vorfeld der Wahl einschüchtert, sind alle Akteure versammelt, die nötig wären, um Untersuchungen gegen das Wahlergebnis einzuleiten.
Von oberster Stelle gibt es ebenfalls grünes Licht für die Argumentation der Grünen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte, als er den Bundestag auflöste, zugleich vor einer Einflussnahme auf die anstehende Wahl, „sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei den Wahlen in Rumänien, oder offen und unverhohlen, wie es derzeit besonders intensiv auf der Plattform X betrieben wird“. Sogar der erste Mann im Staat stellt also legitime Formen der freien Rede als illegitime Beeinflussung einer Wahl dar – und könnte bei einem unerwünschten Ausgang der Wahl öffentlich Zweifel an deren Gültigkeit säen.
Am 27. Dezember löste Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auf.
Schließlich stehen die Zutaten im Regal der grünen Küche bereit, wurden teils seit Jahren herangezüchtet. Während der Corona-Zeit schuf der Verfassungsschutz den Phänomenbereich der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“, der Proteste gegen Corona-Maßnahmen zur Gefahr für die Verfassung erklärte. Wer „demokratisch gewählte Repräsentanten des Staates“ kritisiert, greift nach dieser Interpretation die Verfassung an.
Eine Verdrehung, die Grünen-Politiker wie Kulturstaatsministerin Claudia Roth gerne aufgreifen und bereits gegen Musk anwenden. Dieser hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als „antidemokratischen Tyrannen“ bezeichnet. Roth goutierte dies gegenüber Table-Briefings mit den Worten: „Der Bundespräsident repräsentiert unser Land. Wer ihn verunglimpft, der verunglimpft Deutschland.“
Um die Behauptung einer illegitimen Einflussnahme aufrechtzuerhalten, ist den Grünen keine Lüge zu dreist. So fordern sie immer wieder, Musk müsse die Algorithmen von X offenlegen – was jedoch längst der Fall ist. Der Algorithmus ist open source, das heißt öffentlich einsehbar. Man muss ihn nur lesen können, was den Grünen offenbar nicht gelingt. Diese Fakten hindern sie jedoch nicht daran, immer wieder die Offenlegung zu fordern, wie kürzlich Habecks Wahlkampfleiter Andreas Audretsch im Fernsehsender Welt. Solche Lügenkonstrukte ersetzen das Fleisch am Knochen der fantasierten Wahl-Beeinflussung.
Glücklicherweise bringen die Gäste am Hofe Habecks I. Hunger mit. Die Grünen, die laut ihrer Petition „nicht tatenlos zusehen“ wollen, wie „autoritäre Gesinnung hoffähig“ gemacht wird, sagen abweichenden Gesinnungen damit offen den Kampf an. Doch weil die deutschen Grünen von anderen machthungrigen Politikern umgeben sind, die ebenfalls den Aufwind rechts-konservativer Bewegungen fürchten, können sie auf Unterstützung aus dem Ausland zählen. Nicht nur aus der EU: Auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der seit Jahren gegen den erstarkenden rechten Rassemblement National von Marine Le Pen kämpft, verbreitete am Montag in einer Rede die Erzählung einer Einflussnahme:
„Wenn man uns vor zehn Jahren gesagt hätte, dass der Besitzer eines der größten sozialen Netzwerke der Welt eine neue reaktionäre internationale Bewegung unterstützen und direkt in die Wahlen eingreifen würde, auch in Deutschland, wer hätte sich das vorstellen können?“
Bei einer Rede vor Botschaftern warf Macron Elon Musk vor, sich in die deutsche Wahl einzumischen.
Die herrschende europäische Klasse fürchtet sich vor einem Machtverlust. Robert I. ist umgeben von Kräften innerhalb Europas, die vorgeben, gegen autoritäre Bestrebungen zu kämpfen – und dabei nur ihren eigenen autoritären Machtanspruch offenbaren, der mehr mit Ludwig I. gemein hat, als die selbsternannten Progressiven sich eingestehen wollen. Der 23. Februar könnte darum ein entscheidendes Datum in der deutschen Geschichte werden, an dem die Grünen zeigen müssen, ob sie sich zu den Grundprinzipien der Demokratie bekennen. Oder ob sie eine legitime Wahl anzweifeln werden.
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