
Mehrere Dutzend Sozialdemokraten, darunter frühere Spitzenfunktionäre der Partei, fordern in einem Grundsatzpapier eine Neuausrichtung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Das Papier mit dem Titel „Friedenssicherung in Europa durch Verteidigungsfähigkeit, Rüstungskontrolle und Verständigung“ liegt dem Magazin Stern vor.
In dem Text sprechen sich die Verfasser gegen die geplante Aufrüstung der Bundeswehr sowie gegen die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen aus. Die Autoren schreiben: „Für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gibt es keine sicherheitspolitische Begründung. Wir halten es für irrational, eine am BIP orientierte Prozentzahl der Ausgaben für militärische Zwecke festzulegen.“
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine fordern sie Gespräche mit Russland, so brauche es „eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten“. Trotz wiederholter diplomatischer Bemühungen vor allem aus den USA hat Russland seine Angriffe auf die Ukraine zuletzt massiv ausgeweitet. Die Friedensverhandlungen gelten derzeit als faktisch gescheitert.
„In Deutschland und in den meisten europäischen Staaten haben sich Kräfte durchgesetzt, die die Zukunft vor allem in einer militärischen Konfrontationsstrategie und hunderten von Milliarden Euro für Aufrüstung suchen“, heißt es hingegen in dem Papier.
Die Unterzeichner gehören überwiegend dem linken Flügel der SPD an. Zu ihnen zählen laut Stern unter anderem der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich, der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner, der frühere Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans sowie der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel.
Die Verfasser kritisieren, dass die derzeitige Sicherheitspolitik die Bedrohungswahrnehmung zwischen NATO und Russland verschärfen würde. Wörtlich heißt es: „Militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme schaffen nicht mehr Sicherheit für Deutschland und Europa, sondern führen zur Destabilisierung und zur Verstärkung der wechselseitigen Bedrohungswahrnehmung zwischen Nato und Russland.“
Konkret fordern die Autoren eine diplomatische Annäherung an Russland. In dem Text heißt es: „Die Unterstützung der Ukraine in ihren völkerrechtlichen Ansprüchen muss verknüpft werden mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität.“ Ziel sei es, nach einem Waffenstillstand wieder in einen Dialog mit Russland zu treten.
Die geplante Stationierung neuer US-Raketen in Deutschland wird abgelehnt. Die Verfasser erklären: „Die Stationierung von weitreichenden, hyperschnellen US-Raketen-Systemen in Deutschland würde unser Land zum Angriffsziel der ersten Stunde machen.“