
Es ist zum Haareraufen. Da gibt es einen Kanzlerkandidaten, der ein Bündniskanzler sein will und sich an der Spitze einer stetig wachsenden Bewegung sieht. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Die Partei des Kandidaten dümpelt auf dem vierten Rang. Robert Habecks Kampagne kommt nicht in Schwung.
Also greift Habeck nach jedem PR-Strohhalm, den er fassen kann. Er isst Döner vor der Kamera. Doch der Ausflug ans Büdchen zeigt, worin Habecks große Schwäche liegt: Der Wirtschaftsminister kann weder mit Menschen noch mit Zahlen umgehen. Wo sein Ich endet, beginnen die Probleme.
Die aktuelle Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:
Der Westdeutsche Rundfunk hat sich ein Format ausgedacht, das pfiffig sein will. Jeweils eine halbe Stunde sollen Spitzenpolitiker vor der Kulisse eines Imbisswagens so tun, als würden sie Döner essen. Für mehr als ein, zwei Bissen reicht es selten. Man hat ja viel zu fragen.
Als der grüne Spitzenkandidat auf einen Happen vorbeischaute, zeigte er sein bisher am wenigsten gewürdigtes Talent. Robert Habeck ist ein Meister in der Kunst, anderen Menschen ins Wort zu fallen. Habeck hört Habeck gerne reden – auch wenn es um ein derart wichtiges Thema geht wie Migration und Innere Sicherheit. Da fährt er Journalisten gerne über den Mund.
Die Zwischentöne machen das Lied aus. Habeck erträgt keine Kritik. Habeck weiß alles besser. Habeck will nicht konkret werden. Er blafft die Journalisten an: „Ich weiß ja, was jetzt kommt“ – und fällt ihnen ins Wort. Die Journalisten hätten einen „gedanklichen Fehler“ begangen.
Auf Deutsch: Die Frage, die gestellt werden sollte, ist in Habecks Ohren eine dumme Frage, weil der Frager nicht der Hellste sei. Habeck beschwört den Dialog, kann ihn aber nicht führen. Er gibt sich neugierig, hat aber kein Interesse an anderen Meinungen. Wenn Habeck sagt, alles sei kompliziert und nichts einfach, dann meint er, dass er keine Lösung parat habe.
Das gilt erst recht für Habecks Bilanz als Wirtschaftsminister. Habeck kann ökonomische Probleme erklären, aber nicht lösen. Er entwirft Ziele, verirrt sich aber auf dem Pfad. Habeck wird gefragt, ob er mit seiner Bilanz als Wirtschaftsminister zufrieden sei. Die Antwort ist entlarvend: Er habe das Schlimmste verhindert.
Was für eine Ambitionslosigkeit! Der Wirtschaftsminister der drittgrößten Wirtschaftsnation erklärt, er habe das Schlimmste verhindert. Was soll das heißen? Es hätte auch zur Massenarbeitslosigkeit kommen können, zur Verödung ganzer Landstriche, zum Kollaps des Sozialstaats, zum Bürgerkrieg?
Der Blick auf die Zahlen zeigt: Das Schlimmste wurde nicht verhindert. Das schlimmste ökonomische Szenario ist unter Habeck eingetreten: Deutschland belegt den letzten Rang beim Wirtschaftswachstum unter allen Industriestaaten. Die Rezession geht ins dritte Jahr. Die Zahl der Insolvenzen ist auf dem höchsten Stand seit 2015.
Kanzlerkandidat Robert Habeck präsentiert die Wirtschaftsbilanz 2024.
Aber Habeck nimmt mildernde Gründe in Anspruch. In der Welt der Zahlen ist Robert Habeck nicht zu Hause. Zahlen stören seine Erzählungen von Aufbruch, Transformation und Zusammenhalt.
Habecks Vorschlag, Kapitaleinkünfte zur Finanzierung der Sozialsysteme heranzuziehen, bleibt bis heute ohne jede konkrete Zahl. Ab welcher Grenze soll die neue Belastung greifen? Wir wissen es nicht. Habeck kennt sich in Habecks Vorschlag nicht aus. Das macht kein Döner schöner.
Als Bundeswirtschaftsminister kann man also mit Zahlen jonglieren, die man gar nicht kennt. Auf Zahlen, gibt uns Habeck zu verstehen, kommt es nicht an. Entscheidend ist das große Ganze. Die, wie er sagt, „politische Laufrichtung“. Den Rest klärt der Verfahrensweg, konkret: „die Gesetzgebung an verschiedenen Stellen“. Damit möge man ihn nicht behelligen.
Ein schlimmer Verdacht drängt sich auf: Robert Habeck hat am Politischen kein Interesse. Er will fabulieren, nicht gestalten. Er verachtet Zahlen, weil Zahlen seinen Erzählungen im Weg stehen. Robert Habeck ist der erste Wirtschaftsminister, der den Zustand der Wirtschaft als persönliche Kränkung begreift.