Rote Karte für Harris

vor 7 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

Kamala Harris zittert. Der noch vor einigen Wochen zelebrierte Hype um sie ist vorbei, stattdessen droht das Weiße Haus jetzt den Demokraten aus den Händen zu fallen. Mit neuen Besuchen in Hurrikan-Gegenden und einer Tour durch die Medien, die sie lange mied (inklusive eines schlecht gelaufenen CBS-Interviews), versucht sie ihre Kandidatur irgendwie noch zu retten. Denn in Umfragen liegt sie aktuell hinter Trump: sowohl knapp im nationalen Stimmungsbild als auch in vielen „Swing States“.

In fast allen dieser entscheidenden Bundesstaaten liegt Trump laut dem aktuell aggregierten Umfragendurchschnitt von RealClearPolling vorne. Und das würde ihm einen Sieg in der Wahl bescheren – sie wird nämlich nicht von der nationalen Stimmengesamtzahl, sondern dem „Electoral College“, dem Wahlmännerkollegium, entschieden.

Im „Electoral College“ ist Trump bei dieser Wahl insgesamt deutlich besser positioniert als Kamala Harris. Hintergrund ist auch der Zensus 2020, dessen Ergebnisse nun erstmals in einer Präsidentschaftswahl zum Tragen kommen. Dabei verschob sich das Gewicht zugunsten der Republikaner. Mehrere republikanische Staaten verzeichneten einen deutlichen Bevölkerungszuwachs – zulasten demokratischer Staaten, die nun Abgeordnetensitze und damit Wahlmännerstimmen verloren.

Diese zunächst kleinen Änderungen haben dennoch beachtliche Auswirkungen. Dafür reicht etwa ein Blick auf die aktuelle Karte: So gibt es jetzt schon knappe Szenarien, bei denen Trump gewinnt, während bei der letzten Wahl unter dem alten Zensus und Wahlmännerstimmen-Zuteilung noch Joe Biden bei der gleichen Verteilung entsprechender Staaten triumphiert hätte.

Die Swing States sind dabei praktisch gleich geblieben: Dies sind weiterhin die „Rustbelt“-Staaten Wisconsin, Michigan, Pennsylvania und die „Sunbelt“-Staaten Nevada, Arizona, Georgia und North Carolina. Um die Präsidentschaft zu gewinnen, muss ein Kandidat 270 der 538 Wahlmännerstimmen gewinnen. Genau diese 270 würde Trump bereits erreichen, wenn er im „Rustbelt“ lediglich Pennsylvania gewinnt und im Süden Georgia und North Carolina – auch wenn er das bisher wichtige Arizona und zusätzlich noch den Wüstenstaat Nevada verliert. Bei der vergangenen Wahlmännerzuteilung hätte im gleichen Ausgang noch Biden knapp gewonnen.

Die aktuellen Umfragen zeigen allerdings ein Szenario, das einen komfortableren Trump-Sieg beinhaltet: Knapp liegt er nämlich nicht nur in Arizona, Georgia, North Carolina, sondern auch in Pennsylvania und Michigan vorne; nur in Wisconsin führt Harris knapp. Das würde einen „Electoral College“-Sieg mit 296 Stimmen für Trump bedeuten.

Der entscheidende Staat bei all dem ist aber vor allem Pennsylvania: Unter den sowieso schon umkämpften „Swing States“ ist es der Staat, in dem das Rennen am engsten ist. Bevor etwa Georgia oder North Carolina an die Demokraten fällt, wird es eher Pennsylvania sein; ebenso gilt, dass Trump eher Pennsylvania gewinnen wird, bevor er in Michigan oder Wisconsin Harris überholen kann. So zeigen es zumindest die aktuellen Umfragen.

Für Harris ist das eine brenzlige Lage: Denn ihre Wege zum Sieg im Wahlmännerkollegium sind schwieriger. Um zu siegen, ist es praktisch ein Muss, dass sie alle drei „Rustbelt“-Staaten, Wisconsin, Michigan, Pennsylvania – die früher als verlässliche demokratische „Blue Wall“ galten – gewinnt. Ohne dieses Szenario ist ein Sieg für sie undenkbar. Aktuell liegt sie aber in zwei von drei dort hinter Trump.

Selbst wenn sie alle drei gewinnt, ist im Ausnahmefall trotzdem noch eine Trump-Präsidentschaft möglich: Da wäre nämlich das „269 Szenario“ – also ein Gleichstand, bei dem jeder der beiden 269 Wahlmännerstimmen erhält. Möglich wäre das, wenn Harris den „Rustbelt“ gewinnt, während Trump den „Sunbelt“ mit Nevada, Arizona, Georgia und North Carolina gewinnt, plus noch den zweiten Distrikt im republikanischen Nebraska.

Nebraska vergibt, genauso wie Maine, seine Wahlmännerstimmen nämlich nicht nach dem „Winner takes all“-Prinzip wie die restlichen Staaten: Stattdessen erhält der Sieger im Bundesstaat nur zwei Stimmen plus je eine weitere Stimme für jeden der Kongressbezirke, in denen er vorne liegt. Von Nebraskas 5 Wahlmännerstimmen gehen so in den meisten Rechnungen 4 an Trump und eine im urbanen Wahlbezirk um die größte Stadt des Staates, Omaha, knapp an Harris. Verliert sie hier nur ein paar Prozente, ginge auch Omaha an Trump und so stünde es 269 zu 269.

Was passiert dann? Dann entscheidet das US-Repräsentantenhaus, wer Präsident wird, und der Senat, wer Vizepräsident wird. Kommt es dann also auf den Sieger der Kongresswahlen an? Nein, denn auch hier haben Republikaner einen strukturellen Vorteil. Eine Wahl zum Präsidenten durch das Repräsentantenhaus läuft nämlich anders ab als alle anderen Abstimmungen dort: Sie wird nicht durch die Stimmenzahl der Abgeordneten, sondern der Staatsdelegationen entschieden.

Heißt: Jeder Bundesstaat hat eine Stimme und an wen diese geht, das entscheidet eine Abstimmung unter Abgeordneten aus diesem Staat – das gibt ländlichen Staaten mehr Gewicht. Dadurch haben hier die Republikaner aktuell klar die Nase vorn. Ein „Electoral College“-Gleichstand könnte also schnell in einem Trump-Sieg enden. So ein Gleichstand gilt nicht unbedingt als sehr wahrscheinlich, wäre aber gerade in einer extrem knappen Wahl durchaus denkbar – und würde wohl eine einmalige Polit-Show in Washington liefern.

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