
Berlin. Die rasant steigende Verschuldung Deutschlands, verbunden mit stark steigenden Zinsbelastungen, könnte dazu führen, dass Deutschland wie Griechenland während der Eurokrise in massive finanzielle Probleme gerät. „Wenn wir nicht aufpassen, steuern wir irgendwann auf griechische respektive argentinische Verhältnisse zu“, fürchtet der frühere Berliner Finanzsenator und Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin.
In einem Gastbeitrag für das Monatsmagazin Tichys Einblick schreibt Sarrazin: „Die schuldenfinanzierten Programme für Infrastruktur und Rüstung ändern nichts an den langfristigen angebotsseitigen Strukturproblemen in Deutschland, die für die kommenden Jahrzehnte allenfalls ein anämisches Wirtschaftswachstum, wenn überhaupt, erhoffen lassen. Das Erwerbspersonenpotenzial sinkt quantitativ und verschlechtert sich qualitativ, und die Produktivität pro Arbeitsstunde steigt schon seit Jahren kaum. Der deutsche Wohlstandsmotor stottert nicht nur, er steht still – ein langfristiges strukturelles Problem.“
Deshalb sei die Wirkung der „langfristigen Zinsbelastungen, die durch die Schuldenorgie der nächsten Jahre ausgelöst werden und mindestens mit jährlich 40 Milliarden Euro zu veranschlagen sind, umso schwerwiegender“, unterstreicht Sarrazin. „Darauf bleibt die gegenwärtige Politik jede geistige Antwort schuldig.“
Bundeskanzler Friedrich Merz habe es verpasst, eine „wirkliche konservative und wirtschaftliche Wende herbeizuführen“, vielmehr habe er die Union in eine „babylonische Gefangenschaft der linken Parteien“ geführt. „Das kann die Union in ihrem Markenkern zerstören und die AfD erst recht zu ihrer Alternative machen. Wenn Friedrich Merz nicht aufpasst, könnte seine Kanzlerschaft noch kürzer sein als jene von Olaf Scholz.“