Schattenseiten der Migration: Das schwierige Thema „Ausbürgerung“

vor etwa 10 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Es ist immer schlecht, wenn Straftaten für Täter eher folgenlos, hingegen für Opfer folgenschwer sind. Besteht ein ausgeprägtes Missverhältnis, werden Straftaten strukturell begünstigt. Solange bei dauerhaften oder schwerwiegenden Regelverstößen die Konsequenzen für die Gesellschaft gravierend, für den Verursacher aber überschaubar sind, wird sich nicht viel ändern.

Deswegen müssen zwei Dinge geschehen: der Integrationsdruck gesteigert und der Preis für ein schwerwiegendes Integrationsversagen erhöht werden. Der Entzug der Aufenthaltsbewilligung ist ein wichtiges Korrektiv für Personen mit Migrationshintergrund, die ein schwerwiegendes Fehlverhalten zeigen. Man sollte hier auch nicht die Signalwirkung unterschätzen. Es ist das Signal, dass wir uns nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Umgekehrt ist es ein Signal in die falsche Richtung, wenn jemand, egal wie schwer er gegen die Regeln verstößt, sicher sein kann, seine Aufenthaltsbewilligung zu behalten. Man kann Fehler machen. Man kann aus einer zu gutmütigen oder naiven Haltung die falschen Leute ins Land lassen. Fatal ist aber die Kombination, sich dann gleichzeitig die Korrekturmöglichkeiten für diesen Fehler aus der Hand nehmen zu lassen. Ich halte den Entzug der Staatsbürgerschaft daher unter bestimmten Bedingungen als Ultima Ratio für eine sinnvolle Maßnahme. (…)

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Einbürgerungen sind eine sinnvolle Integrationsmaßnahme. Es ist aber falsch, Einbürgerungen zu erleichtern, ohne gleichzeitig Sicherungsmaßnahmen bei schwerem Integrationsversagen einzubauen. Es geht also nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Gleichgewicht und damit um eine Frage der gesellschaftlichen Balance. Man sollte eine Einbürgerung nicht als etwas Absolutes verstehen, das unumkehrbar ist, sondern als einen Vertrauensvorschuss, der durch den weiteren Lebensweg eingelöst werden muss. (…)

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Manche sagen, es wäre eine psychologische Belastung für die Eingebürgerten, wenn die Gefahr besteht, dass sie den Pass wieder verlieren könnten. Welch ein merkwürdiger Gedanke. Der Eingebürgerte sollte doch die minimale Zuversicht aufbringen, in Zukunft nicht allerschwerste Straftaten zu begehen und das neue Heimatland nicht schwer zu schädigen. Jemand fühlt sich also psychisch belastet, weil er unsicher ist, ob er dieser minimalen Anforderung in Zukunft gerecht werden kann? Da würde ich sagen: Er sollte die Finger von der Einbürgerung lassen.

Personen, die schwer gegen die Regeln und Gesetze des neuen Heimatlandes verstoßen, sollten damit rechnen, dass die neue Staatsbürgerschaft unter Umständen wieder verloren gehen kann und dass somit kein absoluter Schutz davor besteht, das Land wieder verlassen zu müssen. Im Hinblick auf solch schwerwiegende Gründe und die hohen Hürden ist auch ein sehr langfristiger Vorbehalt von Einbürgerungen alles andere als ein radikaler Gedanke, sondern eigentlich eine Selbstverständlichkeit. (…)

Bislang ist es im deutschsprachigen Raum tabu, die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn es sich nicht um einen Doppelbürger handelt. Denn wer nur einen Pass besitzt, dem droht beim Passentzug die Staatenlosigkeit.

Aus meiner Sicht sollte eine drohende Staatenlosigkeit in Abhängigkeit von der Schwere des Fehlverhaltens nicht dazu führen, auf den Entzug der Staatsbürgerschaft generell zu verzichten. Der Zustand der Staatenlosigkeit mag eine unangenehme Folge einer schweren Straftat wie zum Beispiel eines terroristischen Akts sein. Aber das hätte sich die Person früher überlegen sollen. Wenn sie weiß, dass diese Konsequenz droht, ist es ihre Verantwortung, auf das Fehlverhalten zu verzichten. Wer unsicher ist, ob er solch basale Regeln wie den Verzicht auf schwere Gewalt- und Sexualstraftaten einhalten kann, der sollte sich überlegen, auf die Einbürgerung ganz zu verzichten oder zur Sicherheit aus Eigeninteresse seinen zweiten Pass zu behalten.

Es liegt auf der Hand, dass eine drohende Staatenlosigkeit zu noch höheren Hürden für den Entzug der Staatsbürgerschaft führt. Aber es ist das falsche Signal, dass jemand mit Migrationshintergrund, der kein Doppelbürger ist, zu 100% sicher sein kann, in jedem Fall die Staatsbürgerschaft zu behalten und damit im Land zu bleiben, ganz egal, was er tut. Es muss abgewogen werden, ob ein solcher Eingriff in die persönlichen Rechte im Einzelfall verhältnismäßig ist. Eine solche Maßnahme wird nur bei relativ wenigen Personen mit schwerstem Integrationsversagen infrage kommen. Aber sie sollte in solchen Fällen eine Möglichkeit sein, die ein Gericht nach Prüfung des Einzelfalls anwenden könnte.

Schweren Gewalttätern mit Migrationshintergrund, insbesondere wenn es sich um sogenannte Intensivtäter mit einer Vielzahl von Delikten handelt, sollte der deutsche, Schweizer oder österreichische Pass auch dann entzogen werden können, wenn sie keinen anderen Pass besitzen. Sie werden im Folgenden die beiden Intensivtäter S. und H. kennenlernen. Bei beiden sollte diese Möglichkeit bestehen, auch wenn das die Staatenlosigkeit zur Folge hätte. (…)

Denn solche Personen sollten nicht die Möglichkeit haben, dauerhaft die Kultur des Zusammenlebens in dieser Weise nach ihrem eigenen Gutdünken zu prägen. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob dieser Mann mittlerweile eingebürgert ist oder nicht und ob er seinen bisherigen Pass noch behalten hat oder nicht. Er sollte verstehen, dass er ohne eine glaubhafte Veränderung seine Aufenthaltsberechtigung in unserem Land gefährdet. Das ist nur dann glaubwürdig zu vermitteln, wenn man ihm als letztes Mittel seine Aufenthaltsberechtigung tatsächlich entziehen kann. Darum sollte der Staat auf diese Möglichkeit nicht von vornherein verzichten.

Ich würde noch einen Schritt weitergehen und auch bei nachfolgenden Generationen den Vorbehalt machen, dass die Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden kann. Viele werden spätestens hier sagen: Das geht nun eindeutig zu weit! Das sei doch sicher diskriminierend, rassistisch und schließlich könne man den deutschen Tätern auch nicht die Staatsbürgerschaft entziehen. Der Reihe nach: Es stimmt, dass wir bei den Inländern ohne Migrationshintergrund diese Möglichkeit nicht haben. Mit diesen Inländern müssen wir ohne diese Möglichkeit klarkommen, so ist es. Das verpflichtet uns aber nicht, zusätzlich überproportionale Kriminalität zu importieren, der wir dann hilflos ausgeliefert sind.

Menschen werden eingebürgert, damit sie etwas Positives zur Gemeinschaft beitragen. Sie bekommen etwas, wir dürfen etwas erwarten. In sehr vielen Fällen klappt das gut und beide Seiten profitieren. Diskriminierend und rassistisch wäre mein Vorschlag, wenn ich generell etwas gegen die Kinder von Migranten hätte und sie deswegen ausbürgern möchte. Das ist aber nicht der Fall. Der entscheidende Punkt ist mal wieder: die Überproportionalität. Hätten wir kein Problem mit den folgenden Generationen, würde es die Maßnahme nicht brauchen. Aber es gibt ein Problem. Die nachfolgenden Generationen der Migranten aus bestimmten Herkunftsländern treten deutlich überproportional (also häufiger) mit schweren Straftaten in Erscheinung. Es ist diese belegbare Tatsache, die in schweren Fällen auch den Entzug der Staatsbürgerschaft in einer nachfolgenden Generation rechtfertigt. (…)

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Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Fall des 18-jährigen libanesischen Intensivtäters S. Er ist in Duisburg geboren und gehört einem libanesischen Clan an. Gegen ihn werden 75 Ermittlungsverfahren vor allem wegen Eigentums- und Gewaltkriminalität geführt. In Duisburg leben laut Polizeibericht rund 2700 Angehörige arabischstämmiger Großfamilien, von denen rund 600 in den vergangenen Jahren zum Teil mehrmals Straftaten begangen haben. Die Clans konzentrieren sich auf wenige Stadtteile. (…)

Der 18-jährige Deutsch-Marokkaner H. bringt es auf 42 Ermittlungsverfahren. Er war drei Jahre in einem Präventionsprojekt für Intensivtäter. Viel genutzt hat es anscheinend nicht. Beim Versuch, S. und H. zu verhaften, bekommen es die Polizisten mit anderen Clan-Mitgliedern zu tun. Vermutlich wegen dieser Verhaftungsaktion ging folgende Mail beim Polizeipräsidium ein: »Betreff Allahu Akbar, Duisburg-Marxloh ist unser Stadtteil. (…) Wir verbieten allen Ungläubigen, unseren Stadtteil zu betreten. Alle Polizisten, Journalisten und auch andere Ungläubige werden wir mit Waffengewalt vertreiben oder töten. Bei uns gilt nur die radikale Scharia«, heißt es in dem Schreiben. »Wir haben uns 2000 Stück AK-47 Sturmgewehre mit genügend Munition aus der Türkei und Russland beschafft. Allahu Akbar, tötet alle Ungläubigen.« Die Polizei nahm das Schreiben ernst. (…)

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Darum würde ich den Vorbehalt mit dem Entzug der Staatsbürgerschaft auf die nachfolgenden Generationen ausdehnen. Wie gesagt, der Grund dafür, auf diese Option nicht zu verzichten, ist der Befund, den man auch in den schwedischen Zahlen gesehen hat: Zum Teil akzentuiert sich die Problematik in den nachfolgenden Generationen. Weil die Hürden sehr hoch sind, wird der Entzug der Staatsbürgerschaft in nachfolgenden Generationen nicht sehr viele Personen treffen. Es ist aber gar nicht so wichtig, wie viele Menschen wieder ausgebürgert werden. Wichtiger ist das Signal: Massiv erhöhte Kriminalitätsquoten und anderes schweres Schädigungspotenzial bestimmter Herkunftsländer ist nicht akzeptabel. Deswegen ist es notwendig, dagegen Maßnahmen zu ergreifen. (…)

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Das hat etwas mit der Fürsorgepflicht des Staates für seine Bürger zu tun. Der Staat hat die Pflicht, seine Bürger vor Kriminalität und besonders vor überproportionaler Kriminalität zu beschützen. Er kann die Fakten nicht ignorieren und sich achselzuckend aus der Verantwortung stehlen. Man darf gerne die Vor- und Nachteile der jeweils vorgeschlagenen Maßnahmen diskutieren. Aber solange die Fakten so sind, wie ich sie in meinem Buch dargestellt habe, ist es keine Option, dieser Diskussion aus dem Weg zu gehen, nur weil es sich um unbequeme und schwierige Themen handelt.

Stark gekürzter und um die im Buch genannten Quellen bereinigter Auszug aus: Frank Urbaniok, Schattenseiten der Migration. Zahlen, Fakten, Lösungen. VOIMA Verlag, Paperback, 282 Seiten, 29,80 €.

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