
Annalena Baerbock ist eine Ministerin, der die Welt als Kulisse dient. Auf den Fidschi-Inseln ließ sie sich barfuß am Meeressaum zwischen den Ruinen der überschwemmten Siedlung Toguru ablichten, um auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen. Zweimal reiste sie Richtung Australien, um Aborigine-Volk der Kaurna ein Holzschwert, einen Speer, ein Fischernetz und einen Knüppel zu übergeben, die Missionare im 19. Jahrhundert nach Deutschland verfrachtet hatten. Beim ersten Mal kam Baerbock wegen einer Flugzeug-Panne nicht an. Als sie endlich in Australien eintraf, waren die Kulturgüter längst vom deutschen Museum zurückgegeben worden. Aber die Fotos mit der Ministerin fehlten noch.
Außenpolitik auf den Fidschi-Inseln.
Bearbock bei den Karuna.
Wie die Kulisse im Theater eine alternative Realität zum Leben erweckt, so ließ sich auch Baerbock in den Kulissen dieser Welt von der Realität nie beeindrucken: Ihre Flüge auf die Fidschi-Inseln schadeten dem Klima mehr, als die rührseligen Fotografien dem Klimaschutz nützten. Ähnlich kalt lässt die selbsterklärte feministische Außenpolitikerin, dass sich die islamistischen Regime stets auf sie verlassen konnten.
Am Donnerstag tauchte Annalena Baerbock überraschend in der syrischen Hauptstadt Damaskus auf, um die deutsche Botschaft wiederzueröffnen. Mit dabei war auch Armin Laschet, ehemaliger CDU-Kanzlerkandidat und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Über 13 Jahre lang hatte die Botschaft zuvor schließen müssen, wegen des brutalen Krieges, den Machthaber Baschar al-Asaad gegen seine eigene Bevölkerung geführt hatte. Assads Herrschaft endete im Dezember. Seither beherrschen Islamisten das Land.
Das hinderte Baerbock nicht daran, auch in Damaskus eine PR-Show durchzuführen: Begleitet von einer großen UN-Delegation, stapfte sie zwischen Ruinen umher, während die Fotografen sich auf den Trümmern in Position brachten, um die Ministerin abzulichten. Ein Geschenk hatte Baerbock ebenfalls dabei: 300 Millionen Euro sollen aus Deutschland an Syrien fließen, für „humanitäre Hilfe und den Zugang zu Bildung und psychosozialer Betreuung“, wie Baerbock versprach.
Baerbock in der ARD-Tagesschau.
Kameratauglich optimiert hatte die Ministerin auch ihren Auftritt mit dem islamistischen Herrscher Abu Mohammed al-Dscholani. Während er ihr beim letzten Mal den Handschlag verweigert hatte, sprach man sich diesmal wohl im Vorhinein ab, um einen erneuten Skandal zu vermeiden: Bei der Begrüßung von Baerbock und Laschet hoben alle nur kurz die Hand zum Gruß. Stattdessen ließ sie sich vom Außenminister mit Handschlag begrüßen.
Baerbock und der Außenminister.
Diese Absprache mag nebensächlich erscheinen, aber sie lässt eine zentrale Frage aufscheinen: Wem nützte dieser Baerbock-Besuch? Dass nun auch Laschet auf den Handschlag verzichtete und Baerbock so nicht mit ausgestreckter Hand ins Leere greifen musste, lässt nicht nur die Ministerin in einem besseren Licht dastehen, sondern auch die Islamisten.
Baerbock behauptete in Syrien vor der Presse: „Ein Wiedererstarken islamistischer Strukturen werden wir als Europäer nicht unterstützen. Ich unterstreiche: Ein Gradmesser dafür ist gerade auch die Teilhabe der Frauen.“ Doch tatsächlich tut Baerbock genau dies: Indem sie öffentlichkeitwirksam die Botschaft eröffnet, legitimiert sie die Islamisten als vertrauenswürdige diplomatische Partner und präsentiert sich erneut als Anführerin eines politischen Lagers in Deutschland, dass den Kampf gegen Extremismus gerne vor sich herträgt, im entscheidenden Moment jedoch die Augen absichtlich verschließt.
So sprachen nach der Machtübernahme der Dschihadisten im Dezember sowohl ARD und ZDF, aber auch der Spiegel oder die Frankfurter Rundschau von „Rebellen“ – ein Wort, dass die gewaltbereiten Islamisten geradezu zu als Widerstandshelden aufwertete. Nach der Machtübernahme ließen sich zahlreiche Medien gerne das Märchen erzählen, dass es sich bei den neuen Machthabern um moderate Reformer handele. Auch die Umbenennung des islamistischen syrischen Machthabers, der sich bei seinem Feldzug noch al-Dscholani nannte, nun aber lieber unter dem Namen Ahmed al-Scharaa auftritt, gehen viele Medien bereitwillig mit – wer will schon an die Gräueltaten von gestern erinnert werden?
Auffällig ist auch, wie zurückhaltend die Massaker an Alawiten behandelt werden, bei denen vor einigen Wochen über 1000 Menschen getötet wurden: In vielen Medien wird so getan, als seien Zivilisten in einer Art Gerangel zwischen den Regierungstruppen und Aufständischen Assad-Anhängern umgekommen. Dass die Islamisten die politischen Gegner wohl brutal hingerichtet haben, kommt nicht zur Sprache.
Ein Alawit wird gefoltert.
Einordnen ließ die ARD-Tagesschau die Verbrechen am Donnerstagabend durch Sara Stachelhaus von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, die sogleich die „wissenschaftliche“ Argumentation lieferte, um Baerbocks Millionen für die psychosoziale Betreuung zu rechtfertigen. Stachelhaus deutete die Massaker als Zeichen, dass „gesellschaftliche Wunden aus jahrzehntelangen Verbrechen nicht verheilt sind“, und forderte einen „Fahrplan für die Aufarbeitung“, weil sonst weitere Taten drohten. Ob sich syrische Islamisten von den Deutschen darin anleiten lassen werden, wie man die eigene Geschichte aufarbeitet? Für die Tagesschau offenbar ein denkbares Szenario.
Natürlichen stellen islamische Staaten die westliche Diplomatie vor ein Dilemma, zeigte sich in diesen Ländern in den vergangenen Jahren doch, dass sich in der Regel entweder Islamisten oder Diktatoren an der Macht halten können. Mit Moralismus ist darum im arabischen Raum nicht viel gewonnen. Mit amoralischer Ignoranz gegenüber Islamisten allerdings auch nicht.
Die Ruinen kamen Baerbock gerade recht, um sich kurz vor ihrem Ausscheiden dem Amt noch einmal als Politikerin mit internationaler Bedeutung zu inszenieren und sich für ihren angestrebten neuen Job als Präsidentin der UN-Vollversammlung in New York zu qualifizieren. Auch Laschet zeigte sich gerne lachend mit den Islamisten. Was einmal den Job kostet, kann ein andermal nützen.
So lustig kann es mit Islamisten zugehen: Baerbock wird von einem Vertreter des syrischen Regimes begrüßt.
Für Baerbock bedeutet Islamimismus, auf einen Handschlag verzichten zu müssen. Ein Preis, den man gerne zu zahlen bereit ist, wenn es im Gegenzug nette Bilder gibt. Für syrische Frauen bedeutet Islamismus, auf elementare Freiheiten und körperliche Unversehrtheit verzichten zu müssen. Ein Preis, den sich Baerbock wohl nicht einmal vorstellen kann.
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