
Allianz Global Investors (AGI), die Investmentgesellschaft des Versicherungskonzerns Allianz, hat ihre ESG-Richtlinien angepasst. Ab sofort erlaubt das Unternehmen Investitionen in Firmen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit Militärgütern und Dienstleistungen erzielen.
Diese Entscheidung betrifft insbesondere die Fonds der Kategorie „Artikel 8“ gemäß der EU-Offenlegungsverordnung für nachhaltige Finanzprodukte (SFDR), wie das Unternehmen in einer Mitteilung an seine Kunden am 27. März bekanntgab. Das ESG-Siegel (für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) soll definieren, welche Unternehmen als nachhaltig gelten und hohe ökologische und soziale Standards einhalten.
„Ein robuster Verteidigungssektor ist notwendig, um die Mittel für nationale und regionale Sicherheitsstrategien bereitzustellen und gleichzeitig die wirtschaftliche und soziale Stabilität zu unterstützen“, heißt es in der Mitteilung von AGI. In den sogenannten Artikel-9-Fonds, die noch striktere Nachhaltigkeitskriterien haben, bleiben die bisherigen Ausschlüsse jedoch bestehen.
In ganz Europa überdenken derzeit ESG-Fondsmanager ihre bisherigen Ausschlusskriterien, die Verteidigungsanlagen bislang als unvereinbar mit den Prinzipien der nachhaltigen Investitionen betrachteten. In den USA gelten Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin oder Raytheon Technologies bereits seit 2022 als „klimabewusste“ Investitionen – immerhin erfüllen sie CO₂-Reduktionsziele.
Über 36 Prozent aller US-ESG-Fonds halten mittlerweile Defense-Aktien – ein Anteil, der seit Beginn des Ukraine-Kriegs stetig steigt. Laut einer Prognose von Morgan Stanley könnten ESG-Fondsströme von bis zu 119 Milliarden Dollar in den Rüstungssektor fließen.
ESG, ursprünglich als Vorstoß für meist besonders „grünes“ und wokes Investieren gestartet, verliert damit immer mehr seinen Charakter. Auch Atomenergie – von Linken lange ebenso wie Rüstung als schädlicher Sektor gesehen – wird inzwischen unter Verweis auf Klimaziele rehabilitiert. Mit der Ausweitung dessen, was jetzt als „nachhaltig“ gilt, ist so nun auch die Aufweichung von ESG selbst in vollem Gange – und damit steht eine langsame Rückkehr zu weniger ideologischen und damit mehr marktgetriebenen Investments im Raum.