Neue Schockzahlen aus Industrie und Behörden: Die Staatswirtschaft nimmt ihren Lauf ...

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Die deutsche Industrie durchlebt eine der schwersten Krisen der vergangenen Jahrzehnte. Zum Ende des ersten Quartals beschäftigte die deutsche Industrie 5,46 Millionen Menschen – 1,8 Prozent oder 101.000 weniger als ein Jahr zuvor. Über das gesamte Jahr 2024 sank die Beschäftigung schon um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie aus dem Industrie-Barometer der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hervorgeht. Die neue Bundesregierung hat also entgegen den eigenen Ankündigungen keine Wende am Arbeitsmarkt und in der Industrie geschafft. Ganz im Gegenteil: Es geht weiter abwärts – mit zunehmendem Tempo. Gleichzeitig geht es woanders rasant nach oben: Die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist ordentlich gestiegen. Zum 30. Juni 2024 waren rund 5,4 Millionen Menschen beim Staat beschäftigt. Das sind fast 100.000 neue Staatsbedienstete! Während der Kern der deutschen Wirtschaft Menschen entlässt, baut der Staat (Bund, Länder und Kommunen) massiv Stellen auf.

Der Umsatz deutscher Industrieunternehmen schrumpfte im vierten Quartal 2024 um 2,5 Prozent. Das sind sechs Quartale in Folge mit sinkenden Umsätzen! Die Automobilbranche, traditionell eine der wichtigsten Stützen der deutschen Wirtschaft, verzeichnet den drastischsten Arbeitsplatzabbau mit mehr als 45.000 gestrichenen Stellen allein in einem Jahr. Die Branche kämpft mit strukturellen Herausforderungen: Der Wandel zur Elektromobilität, hohe Energiekosten und schwächelnde Nachfrage setzen die Unternehmen unter enormen Druck.

Eine Mitarbeiterin arbeitet im VW Stammwerk im Karosseriebau an einem Neuwagen Volkswagen Tiguan.

Auch die Elektroindustrie verlor fast 16.000 Arbeitsplätze. Damit aber nicht genug: Auch die chemische Industrie, eine weitere Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft, leidet unter dem wirtschaftlichen Abschwung. Angesichts gestiegener Energiepreise und der Konjunkturflaute ist die Chemie-Produktion in den letzten Jahren in Deutschland massiv eingebrochen. Große Konzerne wie BASF und Evonik haben bereits Stellenstreichungen von mehreren tausend Mitarbeitern angekündigt, wobei BASF die Stilllegung weiterer Anlagen im Stammwerk Ludwigshafen nicht ausschließt. Diese Maßnahmen sind vor dem Hintergrund eines Rückgangs der Produktionsmenge in der deutschen Chemieindustrie zu sehen, die innerhalb von zwei Jahren um rund 23 Prozent gesunken ist.

Die Krise erfasst mittlerweile noch weitere wichtige Industriezweige. Mit vier Prozent besonders stark gesunken ist die Zahl der Jobs in der Textil- und Bekleidungsindustrie. Bei Produzenten von Gummi- und Kunststoffwaren wurden 2,4 Prozent der Jobs abgebaut. Die Entwicklung könnte sich 2025 weiter verschärfen. Namhafte Unternehmen haben bereits massive Stellenstreichungen angekündigt: Deutsche Bahn (30.000), ZF (14.000) und Thyssenkrupp (11.000) planen Stellenabbau in erheblichem Umfang, wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) berichtet.

Die Gründe für den massiven Abbau von Jobs in der Industrie sind vor allen Dingen in drei Bereichen zu sehen. Hohe Energiekosten, staatliche Regulierung und Arbeitskosten. Egal ob in der Autoindustrie, der Chemieindustrie, bei Maschinenbauern, Zulieferern oder anderen Industrieunternehmen: Die höchsten Energiekosten Europas in Deutschland machen allen Unternehmen zu schaffen.

Auch unter der neuen Regierungskoalition wird es keine Änderung der Energiepolitik geben.

Damit sind die Unternehmen am Standort Deutschland gegenüber anderen Ländern in einem absoluten Nachteil. Weil auch die neue Bundesregierung aus Union und SPD in der Energiepolitik nichts ändern wird, ist hier auch keine Besserung in Sicht. Hinzu kommen noch weitere Vorgaben und Regulierungen von der EU und von der deutschen Regierung, vor allen Dingen in den Bereichen Klimaschutz und CO2-Bepreisung. Weil sich Deutschland und Europa die Klimaneutralität auf die Fahnen geschrieben haben, müssen vor allen Dingen Industriebetriebe immer härtere Vorgaben zum Klimaschutz erfüllen. Das bedeutet entweder noch höhere Kosten oder eben das Streichen von Jobs und die Verlagerung ins Ausland. Doch damit nicht genug: Die Arbeitskosten in Deutschland sind ebenfalls sehr hoch im Vergleich zu anderen Ländern. Grund hierfür sind nicht nur die hohen Steuern, sondern vor allen Dingen die Abgaben für die Rentenversicherung und die Sozialversicherung, die jedes Jahr kontinuierlich ansteigen und in Zukunft noch weiter ansteigen werden. Auch deshalb streichen die Unternehmen die Jobs in Deutschland und bauen sie gleichzeitig in anderen Ländern wieder auf.

Dagegen gibt es im öffentlichen Dienst in Deutschland weiterhin allgemein Zuwächse, die anhalten. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes waren es 2024 insgesamt 5,4 Millionen Menschen, die im Staatsdienst waren. Das sind gut 100.000 (genau 95.900) Beschäftigte mehr als 2023, das entspricht 1,8 Prozent. Bedeutet: Fast 12 Prozent aller tätigen Personen in Deutschland sind für Bund, Länder und Kommunen tätig. Trotz des Personalaufbaus besteht weiterhin ein erheblicher Personalbedarf. Das behaupten zumindest Politiker und Gewerkschafter. Studien zeigten demnach, dass dem öffentlichen Dienst über 500.000 Beschäftigte fehlen, um alle Aufgaben angemessen erfüllen zu können. Alle diese Studien gehen aber von einem „Vollversorgungsstaat“ aus, der die Menschen in Deutschland in allen Lebensbereichen „unterstützt“. Von Effizienz, Fokussierung auf Kernaufgaben des Staates oder sogar Bürokratie- und Verwaltungsabbau ist nirgendwo die Rede.

Der massive Aufbau der Jobs beim Staat kostet Unsummen: Aktuell für die Bezahlung der Menschen aus Steuergeldern, plus alle Sozialabgaben – und vor allem in der Zukunft durch Renten- und Pensionsansprüche. Wie das finanziert werden soll? Durch neue Schulden. Lars Klingbeil verkündete am 24. Juni für die Bundesregierung die passende Kehrtwende in der deutschen Finanzpolitik. Der Bundesfinanzminister plant für diese Wahlperiode mit neuen Rekordschulden von 846,9 Milliarden Euro. Angeblich soll das Geld für Sicherheit und Infrastruktur verwendet werden. Wer genauer hinhört und hinschaut, erkennt aber, dass es hier eben um den Aufbau von Jobs beim Staat geht, die vor allem für die „soziale Sicherheit“ und die „Stärkung der Demokratie“ höchst relevant und unverzichtbar sein sollen.

Am stärksten wächst der Staatsapparat in den Schulen. Dort waren personell Mitte 2024 knapp 1,05 Millionen Menschen tätig, innerhalb eines Jahres plus 19.500. Interessant dabei: Die Beamten legen um 2,4 Prozent auf 693.200 zu, angestellte Lehrer gibt es inzwischen rund 354.800, ein Plus von 0,9 Prozent. Auch die Kitas bauen ihre Truppen weiter aus. In den kommunalen Einrichtungen Mitte 2024 waren rund 289.900 Personen tätig, das sind 11.000 Beschäftigte mehr als 2023, plus 4 Prozent. Werden hingegen die Zeiträume noch weiter rückwärts verfolgt, wird das Ausmaß des Trends sichtbar: Die Zahl der Erzieher hat sich seit 2009 mehr als verdoppelt. Zusätzlich bauen Ministerien, Behörden, Ämter und andere staatliche Stellen im Bund und in den Ländern tausende neue Stellen in der Verwaltung auf, obwohl doch eigentlich Bürokratieabbau versprochen wurde. Aber auch das dient selbstverständlich der Sicherung der sozialen Infrastruktur des Landes …

Auch vor den Hochschulen macht die Entwicklung nicht halt. Dort stieg die Zahl der Beschäftigten innerhalb eines Jahres um 14.200 auf rund 636.100, das ist ein Plus von 2,3 Prozent. In den letzten 15 Jahren sind das rund 41 Prozent. Grund für den Zuwachs sind steigende Studentenzahlen, steigende Forschungsetats und neue Studiengänge. Die Unis und Hochschulen blähen sich mit staatlichem Geld immer mehr auf.

Gleichzeitig warnen Experten, dass die Akademisierung des Arbeitsmarktes an ihre Grenzen stößt. Viele Absolventen drängen in Berufe, für die es längst nicht mehr genügend qualifizierte Stellen gibt. Kein Wunder, wenn die Industrie Stellen abbaut und auch andere Bereiche wie beispielsweise die Immobilienwirtschaft oder die Finanzwirtschaft schlecht laufen und Deutschland bei Zukunftsmärkten wie Künstlicher Intelligenz den Anschluss verloren hat. Das haben die Studenten natürlich bereits mitbekommen. Die Folge: Jeder vierte Student will künftig im öffentlichen Dienst arbeiten (Frauen 30 Prozent, Männer 17 Prozent).

Studenten im großen Hörsaal am Tag der Erstsemesterbegrüßung an der Uni Köln.

Staatsgeld fließt an überfüllte Unis – und die Studenten gehen dann zum großen Teil direkt wieder in den Staatsdienst. Währenddessen verliert Deutschland jedes Jahr 100.000 Jobs in der Industrie. Und genau diese Industrie und diese Jobs finanzieren eigentlich mit ihren Steuern und Abgaben den Staat und seine Jobs.

Es ist mehr als offensichtlich, dass dieser Kurs nicht gut gehen kann ...

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