
Ein Regierungschef, der ständig die „Respekt!“-Karte zeigt, der vormaligen Kabinettsmitgliedern die „sittliche Reife“ abspricht, der aber habituell Erinnerungslücken in den Hamburger Bankskandalen geltend macht, der den Skandalen mehrerer seiner rot-grünen Minister tatenlos zuschaut, der den Namen seines Konkurrenten Friedrich Merz als „Fritze“ verunstaltet und diesem „Tünkram“ vorhält … Ein solcher Regierungschef ist seinem Amt offenbar charakterlich nicht gewachsen.
Nun holt den „Respekt“-Kanzler ein weiterer Skandal ein: Der Umgang der Rest- und noch Bundesregierung mit den dienstlichen Mailfächern des vormaligen Bundesfinanzministers Scholz wird immer dubioser. Die aktuelle Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Sarah Ryglewski, hatte am 4. Dezember im Bundestag bestätigt, dass ein solches Postfach „in den Systemen“ des Dienstleisters ITZ Bund „bis heute vorhanden“ sei. ITZ heißt übrigens „Informations-Technik-Zentrum“ des Bundes; es ist dem Bundesfinanzministerium unterstellt.
Vor dem 4. Dezember hatte die Bundesregierung wiederholt ausweichend auf Fragen nach den Scholz-Mails reagiert. Der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer, auf dessen Fragen Ryglewski im Bundestag reagiert hatte, äußerte jetzt scharfe Kritik: „Hier wurde mit uns über Monate hinweg ein Versteckspiel getrieben“, sagte er der Welt. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Inhalt dieser Mails brisant ist.“ Ryglewski hatte im Bundestag zudem erklärt, dass die Mails dem Datenschutz unterlägen. „Grundsätzlich“ habe nur der heutige Kanzler Zugriff. Man fragt sich „warum?“ Weil es Mails zur Warburg-Bank-Affäre oder zum Cum-Ex-Skandal sind?
Ryglewskis Argumente muss man vielleicht im Zusammenhang mit ihrer Polit-Karriere sehen. Seit 2015 ist sie Bundestagsabgeordnete für die SPD (damals mit 32 Jahren). 2019 wurde sie bei Bundesfinanzminister Scholz Parlamentarische Staatssekretärin. Allein von daher müsste sie in der Lage sein, Transparenz in Scholz’ Mailfächer zu bringen. Mit dem Antritt der „Ampel“ am 8. Dezember 2021 wurde sie Staatsministerin im Kanzleramt, seit dem Bruch der Ampel im November 2024 ist sie wieder Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister. Da soll mal einer sagen, sie wisse von nichts.
Ihre Aussagen sorgen zu Recht für Widerspruch. Der Archivrechtler Thomas Henne bezeichnete die Aussagen von Ryglewski als „bestürzend“. Das dauerhafte „Einfrieren“ eines Mailaccounts, „damit nur der Inhaber des Accounts noch Zugriff hat“, sei „eine im deutschen Recht nicht vorgesehene Form der Eigenarchivierung“, so der Experte der Welt. Zudem bleibe in den Ausführungen der Staatssekretärin offen, ob Scholz im Rahmen des ihm gewährten Zugangs auch die Möglichkeit habe, nachträglich Mails zu löschen, was aus Hennes Sicht „evident rechtswidrig wäre“. „Wenn sich die Mails wie aktuell in einer Stelle der laufenden Verwaltung befinden, ist der Zugang nach den Informationsfreiheitsgesetzen möglich“, bekräftigte Henne. Etwas vorsichtiger äußerte sich ein Sprecher der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Louisa Specht-Riemenschneider, in der Welt. „Sofern das E-Mail-Postfach amtliche Informationen beinhaltet“, so der Sprecher, bestehe „grundsätzlich ein Anspruch nach IFG“, soweit keine Ausschlussgründe, etwa wegen des Datenschutzes, einschlägig seien.
„Bezüglich der korrekten Veraktung und anschließenden Archivierung von Vorgängen gibt es offenkundig weiterhin großen Handlungsbedarf“, kommentierte immerhin der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz den Vorgang. Auch zwei Anwälte, die seit Jahren Auskunftsfälle behandeln, bejahten eine Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes im Fall der Scholz-Mails. „Wenn der ehemalige Finanzminister sein dienstliches Mailpostfach – wie es den Vorschriften entspricht – zu dienstlichen Zwecken verwendet hat, dann handelt es sich bei den E-Mails um amtliche Informationen“, sagte der Berliner Anwalt David Werdermann: „Das heißt jede Person hat nach dem Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu den E-Mails.“ Ähnlich sieht es der Pinneberger Anwalt Wilhelm Mecklenburg, der selbst Co-Autor eines juristischen Kommentars zum IFG ist. Die Mail-Korrespondenz des Bundesfinanzministers unter einer amtlichen Adresse bestehe sicher ganz überwiegend aus amtlichen Informationen, sagte auch er. „Hier ganz pauschal zu sagen, wegen des Schutzes personenbezogener Daten dürfte nur dem Autor der Mails informatorischer Zugang gewährt werden, ist sicher falsch.“
Das Abgeordnetenbüro von Olaf Scholz, das Bundesfinanzministerium sowie das für das Kanzleramt zuständige Bundespresseamt ließen aktuelle Fragen zu den Vorgängen bisher unbeantwortet.
Allerdings sind solche Vertuschungen und Tricksereien nicht neu. Man erinnere sich: Eine Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte gegen alle Vorschriften Daten auf ihren Diensthandys gelöscht. TE hat am 15. Januar 2020 darüber berichtet.
Noch nicht richtig in Brüssel als EU-Kommissionspräsidentin angekommen, wurden im August 2019 die Daten auf von der Leyens Blackberry-Diensthandys angeblich durch die Unachtsamkeit eines Sachbearbeiters „sicherheitsgelöscht“. Dabei wäre dieses Gerät ein Beweismittel im Untersuchungsausschuss zur 200-Millionen-Euro-Berateraffäre gewesen. Mitglieder des Ausschusses drangen denn auch darauf, eventuell relevante Handydaten einsehen zu können. Dazu hätten etwa SMS gehört, die von der Leyen zu diesem Thema verschickt hatte. Wischiwaschi dann aber: Mal hieß es, man sei auf der Suche nach dem Gerät, dann hieß es, man müsse jetzt erst noch die Pin finden.
Wenig später erfuhren die Ausschussmitglieder, dass sämtliche Handy-Daten bereits seit August 2019 weg waren. Laut einem ministeriellen Bericht habe ein Fahrer des Ministeriums das alte Diensthandy von der Leyens bei ihrer Privatwohnung abgeholt und es ins Ministerium gebracht. Dort soll niemand an die Berater-Affäre gedacht haben. Auch auf einem zweiten Mobilgerät von der Leyens, das dann doch im Ministerium vorlag, wurden Daten gelöscht. Techniker stellten hier fest, dass sich auf dem zweiten Gerät „weder im Ordner Geschäftlicher Bereich noch im Ordner SMS-Nachrichten und Dateien befinden“, so der Bericht. Von der Leyen muss das Gerät selbst komplett von allen SMS-Nachrichten gereinigt haben.
Dass „vdL“ solche Kommunikation auch in Brüssel fortsetzt, ist bekannt. Bis heute weigert sie sich, ihre Kommunikation mit „Pfizer“ bei der Bestellung von zig Millionen Impfdosen für Milliarden Euro offenzulegen. Auch darüber hat TE berichtet.