
Drei Wochen ist es jetzt her, dass Union und SPD ihren 144 Seiten-Koalitionsvertrag („Verantwortung für Deutschland“) vorgestellt haben. Da man angesichts von 13 Stimmen schwarz-roter Mehrheit im 21. Deutschen Bundestag von einer „GroKo“ nicht mehr sprechen kann, wird ein neuer Name gesucht. Im Gespräch ist „SchroKo“ – für „schwarz-rote Koalition“ oder naheliegender Weise auch für „Schrottkoalition“!
Der Wahlbetrüger Friedrich Merz (CDU) kann es jedenfalls kaum erwarten, zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt zu werden. Wäre die Politik ein Schachbrett, könnte man sagen, dass sich mit Jens Spahn (CDU) eine schwarze „Dame“ in Stellung bringt, die den schwarzen „König“ Merz bis auf weiteres deckt. Aber nur bis auf weiteres. Denn von oben aus der Ecke lauert der weiß-blaue Turm Markus Söder. Der CSU-Chef, der sich von der vermerkelten Merz-CDU um die Kanzlerschaft betrogen fühlt, hat noch eine finale Rechnung offen.
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Am 6. Mai soll die Kanzlerwahl im Parlament stattfinden. Merz braucht im ersten Wahlgang mindestens 316 Stimmen zur (absoluten) Kanzlermehrheit. CDU/CSU und SPD haben zusammen 13 Stimmen „über den Durst“. Mit Abweichlern aus den eigenen Reihen ist so sicher zu rechnen wie mit dem Amen in der Kirche. Die Wahl ist geheim.
So sieht der weitere Zeitplan aus
▶ Am 28. April entscheidet Bundesausschuss der CDU über den Koalitionsvertrag. Das auch „kleiner Parteitag“ genannte Gremium besteht unter anderem aus den Mitgliedern des Parteivorstands und Delegierten aus den Landesverbänden. Die CSU hat bereits am 10. April bei in einer Schaltkonferenz von Parteivorstand, Bundes- und Landtagsabgeordneten einstimmig zugestimmt (was aber für die Zukunft nicht viel heißen will).
▶ Am 29. April um Mitternacht endet das SPD-Mitgliedervotum. Die rund 358.000 Genossen können seit 15. April online über den Koalitionsvertrag mit der Union abstimmen. Das Ergebnis soll einen Tag später bekannt gegeben werden. Für die Annahme des Koalitionsvertrags ist nicht nur die Mehrheit der Stimmen, sondern auch eine Teilnahme von mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der rein digitalen Abstimmung erforderlich.
Zu Ende gedacht bedeutet dies: Nicht einmal 100.000 SPD-Mitglieder könnten theoretisch über das Schicksal von 83 Millionen Menschen entscheiden. Soviel zum Thema „Demokratie“!
▶ Am 30. April, aus durchsichtigen Gründen nach Ablauf der SPD-Befragung, soll die Kabinettsliste bekanntgegeben werden. Bisher steht offiziell nur fest, welche Ministerien an welche Partei gehen. Die CDU stellt sechs Fachministerien und außer dem Kanzler noch den Chef des Bundeskanzleramts. Die CSU bekommt drei Ressorts, die SPD sieben.
▶ Am 5. Mai soll der Koalitionsvertrag offiziell unterzeichnet werden. Es wäre die fünfte schwarz-rote Koalition seit Bestehen der Republik. Von einer „Großen Koalition“ redet kein Mensch mehr.
▶ Am 6. Mai, seine Wahl zum Kanzler im Parlament vorausgesetzt, will Friedrich Merz umgehend ins Schloss Bellevue zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eilen, der ihm die Ernennungsurkunde überreicht. Zurück im Bundestag wird der neue Kanzler dann vereidigt. Auch die schwarz-roten Minister(innen) erheben dann im Bundestag die rechte Hand zum Schwur, nachdem sie vom Bundespräsidenten ernannt worden sind. Damit wäre die neue Bundesregierung genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampel offiziell im Amt.
Wie gefährlich ist Spahn für Merz?
Eine der wichtigsten Personalentscheidungen der künftigen Koalition aus Union und SPD ist bereits gefallen: Jens Spahn (CDU), bisher stellvertretender Vorsitzender der Unions-Fraktion, soll nach Friedrich Merz künftig an der Spitze der 208 Abgeordneten von CDU und CSU stehen.
Als Fraktionschef würde Spahn eine Schlüsselfunktion im Machtgefüge der schwarz-roten Koalition einnehmen. Seine Wahl gilt als ziemlich sicher, auch wenn der Ex-Gesundheitsminister und kleine Corona-Diktator sich in der Fraktion nicht großer Beliebtheit erfreut.
Auf Spahn haben sich jedenfalls die beiden Parteichefs Merz (CDU) und Söder (CSU) geeinigt. Der Vorschlag soll von Merz ausgegangen sein – die Betonung liegt auf „soll“.
Aller Voraussicht nach dürfte Spahn in der nächsten Fraktionssitzung am 5. Mai, also am Tag vor der Kanzlerwahl, gewählt werden. Dass der Münsteraner jetzt diese Schlüsselfunktion in der neuen Koalition übernimmt, kommt selbst für Hauptstadt-Insider einigermaßen überraschend.
Freund, Feind, Parteifreund!
Denn das Verhältnis von Spahn und Merz gilt seit der Kampfkandidatur der beiden um den CDU-Parteivorsitz als angespannt. Auch bei der zweiten Kandidatur von Friedrich Merz, bei der dieser gegen Armin Laschet unterlag, stellte Spahn sich gegen Merz, als er ins Laschet-Lager wechselte. Insofern sind Zweifel angebracht, ob diese womöglich vergiftete Personalie wirklich dem Wunsch von Merz entspricht.
Spahn, der zuletzt mit seiner Forderung nach einem „anderen Umgang“ mit der AfD für Schlagzeilen sorgte, zählt in der CDU zum konservativen Flügel – soweit man davon überhaupt noch sprechen kann. Tatsächlich hätte Merz wohl lieber seinen Vertrauten Thorsten Frei auf dem Fraktionsvorsitz gesehen, heißt es in der Union. Aber die CSU habe auf Spahn bestanden. Weiter sagen CDU-Leute: Söder sei keineswegs so „fein“ mit Merz als Kanzler, wie er vorgibt. Mit Spahn als Fraktionschef könne er Merz besser „einhegen“.
Ungeachtet ihrer unterschiedlichen sexuellen Orientierung sind sich der Franke und der Westfale nicht unähnlich: Wie Söder gilt auch Spahn als vom Ehrgeiz zerfressen. Der Fraktionsvorsitz könnte für Spahn („es gibt immer eine Alternative“) eines vielleicht nicht mehr allzu fernen Tages das Sprungbrett zur Kanzlerschaft in einer bürgerlichen Koalition aus Union und AfD sein.
Denn dass die „SchroKo“ vier Jahre hält, darf bezweifelt werden. Früher oder später: Merz und seine „Brandmauer“ wären dann mit Zustimmung von Söder „schachmatt“, um auf den eingangs erwähnten „weiß-blauen Turm“ zurückzukommen. Wobei man vor dem Hintergrund der aktuellen Umfragen einschränken muss: Wahrscheinlich dürfte sich, sagen wir spätestens in zwei Jahren, die Frage eines Unions-Kanzlers gar nicht mehr stellen!(oys)