
Am Dienstag tritt der alte Bundestag noch einmal zusammen, um über die Mega-Schulden von Friedrich Merz abzustimmen. Das Paket, über das abgestimmt wird, beinhaltet 500 Milliarden Euro Schulden für Infrastruktur und Klimaschutz, die Lockerung der Schuldenbremse für die Länder sowie die Ausnahme von der Schuldenbremse für alle Militär-Ausgaben über einem Prozent des BIP.
Besonders umstritten: die Passage zur Verwendung des sogenannten „Sondervermögens“, die erstmals „Klimaneutralität bis 2045“ im Grundgesetz verankert und der deutschen Wirtschaft massiv schaden könnte.
Schafft es Merz dennoch, die nötige Zweidrittelmehrheit zustande zu bringen, um das Grundgesetz zu ändern?
Merz am Freitag bei der Fraktionssitzung. Wie gut hat er seine Leute im Griff?
Numerisch verfügen Union, SPD und Grüne, die das Paket gemeinsam ausgehandelt haben, über 31 Abgeordnete mehr als notwendig. Zum Risiko könnten vor allem jene Abgeordnete der Union werden, die im alten, aber nicht im neuen Bundestag sitzen und darum nicht mehr fürchten müssen, bei der Vergabe von Posten bestraft zu werden. 48 Unions-Abgeordnete aus dem alten Bundestag werden dem neuen Parlament nicht mehr angehören. Manche könnten Merz einen Denkzettel verpassen.
Mario Czaja
Jens Koeppen
Klaus-Peter Willsch
Hans-Jürgen Thies
Auch aus den anderen Parteien könnten Abgeordnete gegen das Paket stimmen, um ihre Ablehnung gegenüber Friedrich Merz zum Ausdruck zu bringen und einer möglichen Neuwahl (mit besseren Chancen für linke Parteien) oder einer linken Minderheitsregierung den Weg zu bereiten. Die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier hatte dem Tagesspiegel vor über einem Monat bereits gesagt: „Ich bekomme Würgereiz, wenn ich heute an eine große Koalition und Herrn Merz als Kanzler denke.“
Aus Kreisen der Grünen hieß es, dass der Abgeordnete Stefan Gelbhaar gegen die Schulden stimmen könnte – was wohl eine Abrechnung mit der eigenen Partei wäre, die eine erneute Kandidatur von Gelbhaar durch eine mutmaßlich verleumderische Intrige verhindert hatte.
Gegenüber dem Spiegel sprach ein CDU-Abgeordneter von 21 Abweichlern, jeweils sieben aus allen drei Fraktionen, also Union, SPD und Grünen. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke nannte im ZDF die Zahl von „um die 20“ Abweichlern.
Nach NIUS-Informationen reichen die kritischen Stimmen derzeit allerdings nicht aus, um die Merz-Pläne noch zu verhindern. Zwar herrscht bei einigen Abgeordneten Unmut. Nicht wenige CDUler werden aber dennoch für das Paket stimmen, obwohl sie es inhaltlich zumindest teilweise ablehnen.
Der Hamburger CDU-Abgeordnete Christoph de Vries räumte im Handelsblatt ein, dass ihm die 500 Milliarden für die Infrastruktur „etwas Bauchschmerzen“ bereiteten, warnte aber zugleich vor einer „Staatskrise“, falls das Paket scheitern sollte. Um Überraschungen zu verhindern, soll am Dienstagvormittag vor der Abstimmung im Bundestag in der Unions-Fraktion eine Probeabstimmung stattfinden. Abweichler aus allen Fraktionen müssen sich bei den jeweiligen Geschäftsführern vorher melden.
Nach jetzigem Stand wird also das Schulden-Paket von Merz den Bundestag passieren. Scheitern könnte es danach höchstens noch im Bundesrat, wo die Union auf die Zustimmung der Freien Wähler in Bayern angewiesen ist. Wenn die Grundgesetzänderung beschlossen ist, wird dies allerdings nicht zwingend dazu führen, dass Merz die Milliarden auch ausgeben kann: Eine Koalition mit den Sozialdemokraten ist längst keine ausgemachte Sache.
Sollten sich Union und SPD etwa über die Migration in die Haare kriegen, könnten die Sozialdemokraten eine Minderheitsregierung ins Auge fassen oder auf Neuwahlen setzen. Dann würden sich Lars Klingbeil und Boris Pistorius über die Milliarden noch viel mehr freuen als Merz …
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