Schulterschluss zwischen Linke und CDU in der Wirtschaftspolitik

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Bildquelle: Tichys Einblick

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) stellte am Montag ein Gutachten zur “Energiewende” vor. Ihre Rede dazu war irritierend. Sie lavierte zwischen der Darstellung der verheerenden Folgen der deutschen Energiepolitik seit Angela Merkel (CDU) und der Erklärung, an dieser Politik trotzdem festhalten zu wollen. Eine Aussage tätigte sie zwischendrin, die auch noch die schlimmsten Befürchtungen der Kritiker übertrifft: Reiche geht davon aus, dass der Strombedarf in Deutschland sinken werde – die zuständige Ministerin hat an dieser Stelle nichts anderes angekündigt als den weiteren Niedergang der deutschen Wirtschaft. Die Bundesregierung rechnet damit, obwohl sie zur Rechtfertigung ihrer Schuldenorgie das Gegenteil verspricht.

Einen Tag später beginnt die Haushaltswoche im Parlament. Der Bundestag diskutiert gleich zu Beginn den Etat des Wirtschaftsministeriums. Doch Reiche schweigt. Am Montag hat sie in einer Rede durchsickern lassen, dass sie trotz der Schuldenorgie ihrer eigenen Regierung nicht daran glaubt, dass diese Schuldenorgie die versprochene Wirtschaftswende bringt. Nun verzichtet sie auf eine Rede. Auf eine Korrektur ebenso wie auf Erörterungen. Damit, dass Reiche nichts sagt, ist über die Wirtschaftspolitik der Regierung Friedrich Merz (CDU) eigentlich alles gesagt.

Die “Energiewende” frisst den deutschen Wohlstand auf: Die ausufernden Strompreise sind ein wesentlicher Grund dafür, dass die deutsche Wirtschaft in den beiden vergangenen Jahren massiv geschrumpft ist. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer rechnet mit Investitionskosten von vier bis fünf Billionen Euro in den nächsten beiden Jahrzehnten durch die “Energiewende”. Wolfgang Wiehle (AfD) weist die anwesende Ministerin in der Haushaltsdebatte darauf hin, wie die Energiepolitik fast den gesamten Etat des Ministeriums auffrisst. Dass sie damit “zu viel Geld fürs Falsche” ausgibt und mit der Politik ihres Vorgängers Robert Habeck (Grüne) nicht bricht – sondern diese fortsetzt. Trotz all der Zweifel, die Reiche selbst geäußert hat: “Die Planziele geben den Takt vor, hängen unserer Volkswirtschaft wie ein Mühlstein um den Hals”, sagt Wiehle.

Reiches direkte Koalitionspartner wie Armand Zorn üben sich in Poesie: In Deutschland beginne metrologisch der Herbst, aber der Frühling der Wirtschaft. Die sei wie ein Flugzeug. Eine Metapher, die Zorn in erstaunlich kurzer Zeit zu Tode reitet. Michael Kellner (Grüne) fragt die Christdemokraten, wie es sich denn anfühle, wenn die Wirtschaftsdaten unter ihrer Regierung so schlecht blieben, wie sie zur Zeit der Ampel schon waren. Und er fordert Reiche auf, am Kurs der “Energiewende” festzuhalten und aufzuhören, daran Zweifel zu säen.

Jörg Cezanne (Linke) sagt im Prinzip das Gleiche wie der Grüne. Trotzdem sind die Worte bemerkenswert, die ein Mann sagt, der zwölf Jahre lang Mitglied der DKP war: “Hören Sie auf, den Gegner zu bedienen.” Ein Linker, der eine christdemokratische Wirtschaftsministerin ermutigt, nicht den Argumenten des “Gegners” rechtzugeben – egal, wie sehr die Realität diesen Argumenten recht gibt. Immer sichtbarer.

In der DDR regierte die SED, jede Kritik verfolgte der Staat als Hetze, die CDU blieb als Blockpartei auf Kurs und die Mauer stand. Nun hält stattdessen die “Brandmauer”, Hetze kehrt als Strafbestand zurück und die CDU regiert – unter der Erinnerung der Linken, Selbstkritik zu unterlassen, weil die nur dem gemeinsamen “Gegner” nutze. Wenn die CDU die Verfassung ändern will, stimmt die Linke im Block mit anderen Parteien zu. “Vorwärts immer, rückwärts nimmer”, gab Erich Honecker als Motto aus. Mit dem Lied “Wieder nach vorne” lässt Friedrich Merz seine Auftritte begleiten.

Wem die Christdemokraten sich verpflichtet fühlen, macht ihr Redner Klaus Wiener deutlich. Grüne und Linke haben vorher kritisiert, unter einer Christdemokratin würde die EEG-Umlage abgeschafft. Das lässt Wiener nicht stehen. Die schwarz-rote Regierung schaffe die Umlage nicht ab, sondern passe sie dem EU-Recht an. Der Block der Parteien, die an der staatlichen Energieplanwirtschaft festhalten, steht fest zusammen. Die „Energiewende” in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.

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