
In zwei Jahren endet die Amtszeit der Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde – bereits jetzt ist für sie der Weg frei für den nächsten Posten: den Vorsitz des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos. Sie ist die Wunschkandidatin des Gründers und ehemaligen Chefs des Forums, Klaus Schwab – nach mehreren Monaten wurde der Streit zwischen ihm und dem WEF (mehr dazu hier) weitestgehend beigelegt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet.
Der Stiftungsrat des WEF hatte infolge anonymer Vorwürfe von Korruption, schlechtem Umgang mit Mitarbeitern und sexuellem Missbrauch gegen Schwab eine interne Untersuchung in Auftrag gegeben – diese brachte offenbar jedoch kaum Ergebnisse: Wie die FAZ schreibt, würden laut dem Forum „keine Hinweise auf schwerwiegendes Fehlverhalten von Klaus Schwab“ vorliegen. Die Beilegung des Streits und die Normalisierung des Verhältnisses des Forums zu Schwab spielt Lagarde dabei freilich in die Karten.
Gleichzeitig wird alles für eine Übernahme des WEF-Vorsitzes in zwei Jahren vorbereitet: Nach Schwabs Rücktritt im April hatte der ehemalige Nestlé-Chef den Vorsitz des WEF-Stiftungsrats interimsweise übernommen. Doch bereits am Dienstag ist er, wie die FAZ berichtet, wieder zurückgetreten – für ihn haben Blackrock-Chef und -Gründer Larry Fink und der Schweizer Unternehmer André Hoffmann übernommen. Auch sie führen den WEF nur interimsweise – in zwei Jahren kann Lagarde übernehmen – das wird auch aus dem Stiftungsrat selbst bestätigt.
Fink und Hoffmann sind politisch würdige Nachfolger für Schwab: Sie beide hängen dem „Stakeholder Capitalism“ an, also der Idee, dass Unternehmen für Nachhaltigkeit und Klimaschutz sorgen müssen – auch die Idee eines „Great Reset“ stammt aus dieser Denkschule, die durch Schwab geprägt wurde. Auch Christine Lagarde dürfte sich Schwabs „Stakeholder Capitalism“ verschrieben haben.
Dass Schwab derart durch das Gutachten entlastet wird, ist überraschend: Nur in wenigen Punkten werden Verbesserungen der Struktur des WEF gefordert, etwa bei der Verwaltung (Governance) des Forums. Schwab wird also entlastet und erhält seinen Einfluss auf den WEF in Form von Lagarde bald zurück. Dabei spricht das Gutachten bestimmte Vorwürfe, etwa dass Schwab die Länderrangliste im „Global Competitive Report“ manipuliert haben soll (Apollo News berichtete), nicht an.