
Die Regierung Friedrich Merz (CDU) steht in der Einwanderungsfrage unter Druck. Von außen. Das Vorgehen rund um die Aufweichung der Schuldenbremse war ein PR-GAU. Noch vor seinem Amtsantritt stand der neue Regierungschef als Wortbrüchiger da. Ein Image, das auf lange Sicht ruinös für ihn ist. Deswegen muss er einen relevant großen Teil der Bevölkerung überzeugen, zu seinem Versprechen in der Einwanderungsfrage zu stehen. Auch wenn sein vollmundiges Versprechen, am ersten Tag seiner Kanzlerschaft würden die Grenzen für illegale Einwanderer konsequent geschlossen, von Anfang an nicht mehr als ein leeres Versprechen war.
Die Regierung Merz steht aber auch unter Druck von innen. Ein Großteil der Bürgermeister und Landräte sind Mitglieder von CDU, CSU oder SPD. Sie erleben vor Ort, dass die Aufnahmelager überfüllt sind und neue Schlafplätze ein Heidengeld verschlingen. In Berlin hat zum Beispiel die Messegesellschaft ihren Jahresbericht vorgelegt. Die Hälfte ihres Geldes macht sie demnach mittlerweile im Flüchtlingsgeschäft. Zudem sind die Kitas und Schulen überfordert mit Klassen und Gruppen, in der Deutsch zur ersten Fremdsprache geworden ist. Zudem explodieren die Sozialkosten der Kommunen und in der Folge erreichen die Defizite der Städte und Kreise Rekordhöhen.
Also musste Merz nun handeln. Wobei er das Einwanderungsthema – eines seiner beiden zentralen Wahlversprechen – seinem Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) überlässt. Merz selbst spielt derweil den Bundesaußenkanzler. Dobrindt hat an diesem Mittwoch dem Kabinett und dem Koalitionsausschuss Gesetzesentwürfe vorgelegt. Sie sollen die illegale Zuwanderung begrenzen. Nach der Debatte in der Ministerrunde gehen Entwürfe grundsätzlich in den Bundestag und werden dort gegebenenfalls zu Gesetzen.
Dobrindts erster Schritt gleich zu Beginn seiner Amtsübernahme war die Einführung verschärfter Grenzkontrollen. Außerdem gab er der Bundespolizei freie Hand, eigenständig illegale Einwanderer zurückweisen zu können. Damit exekutierte Dobrindt bestehendes Recht schärfer als vorher – nun will er das Recht verschärfen. So will er den Familiennachzug für “subsidiär Schutzberechtigte” für zwei Jahre aussetzen. Das sind Menschen, denen laut Definition in ihren Heimatländern ernste Schäden drohen. Etwa weil dort Gewalt herrsche, sie Verfolgung befürchten müssten oder das Fernsehprogramm mies ist.
Davon sind in Deutschland 350.000 Menschen betroffen. Das klingt nicht viel, ist es aber. Denn aus armen Ländern schicken die Familien oft Ankerkinder. Sind die in Deutschland erstmal als “subsidiär schutzberechtigt” anerkannt, können sie ihre Familie nachholen. Zwar dementieren hierzulande Politiker mit einem verfügbaren Einkommen von 15.000 Euro im Monat oder mehr, dass 563 Euro im Monat fürs Nichtstun samt einer freien Einwohnung Menschen aus armen Ländern anlocken könnte. Menschen aus Ländern, in denen der durchschnittliche Monatslohn unter 100 Euro liegt, könnten dies indes durchaus anders sehen. Etwa Syrer. Sie stellen den größten Teil unter den subsidiär Schutzberechtigten.
Zudem will Dobrindt laut SZ die “Begrenzung” der Einwanderung wieder als Staatsziel ins Aufenthaltsgesetz schreiben. Das ist kurzfristig zwar nur eine Symbolhandlung, kann aber mittel- und langfristig das Verhalten der ausführenden Behörden verändern. Derzeit müssen Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eher damit rechnen, dass ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Einwanderung ihrer eigenen Karriere schadet – das würde sich mit einem anders definierten Staatsziel allmählich ändern.
Zudem will Dobrindt die “Turbo-Einbürgerung” abschaffen, die SPD, Grüne und FDP als Ampel als großen Erfolg ihrer vorzeitig beendeten Regierungszeit gefeiert haben. Statt nach drei Jahren soll es künftig erst wieder nach fünf Jahren Aufenthalt möglich sein, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Vor der Ampel waren es acht Jahre.
Nun werden manche Autoren lange Texte dazu schreiben, wie viele Baustellen es in der deutschen Einwanderungspolitik noch gibt. So wie sie die im Frühstück eingenommenen Ballaststoffe verdaut haben, werden sie die entsprechenden Werke liefern. Richtig daran ist, dass es, selbst wenn Dobrindts Änderungen durchgehen, noch viel in der Einwanderungspolitik zu tun gibt. Doch das ist nur eine Möglichkeit, auf die Welt zu schauen.
Die andere Sicht ist: An diesem Mittwoch ist die Regierung Merz 22 Tage im Amt. Noch nicht einmal ein Viertel der 100 Tage Schonfrist ist vorbei, die neue Regierungen sinnvoller Weise erhalten. Dobrindt hat in dieser Zeit geliefert. Nicht so viel, dass es für vier Jahre Regierungszeit reichen würde. Aber immerhin so viel, dass der CSU-Politiker innerhalb der Schonfrist deutlich gemacht hat, dass er es mit einer Begrenzung der illegalen Einwanderung ernst meint.
Spannend wird, wie sich die SPD verhält. Ihre Bündnispartner Grüne und Staatsmedien reagieren auf Dobrindts Vorstoß wie gehabt mit linken Maximalforderungen. Katharina Dröge, eine von zwei Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, schwadronierte im Deutschlandfunk davon, Deutschland solle all seine Kraft einsetzen, Fluchtursachen zu bekämpfen. Außerdem solle Deutschland all seine Kraft einsetzen, die illegalen Einwanderer gut zu integrieren. Dann würden sich alle Probleme in Wohlgefallen und Tralala auflösen. Das sollte es auch. Denn ein Land, das zweimal all seine Kraft eingesetzt hat, wird kaum noch welche übrig haben, um ruinierte Staatsfinanzen zu sanieren, neue Aufnahmelager zu bauen, seine schrumpfende Wirtschaft zu retten, Brücken zu sanieren, Straßen und Schienen zu bauen oder durch illegale Einwanderung verursachte real existierende Probleme in Kitas, Schulen oder auf Bahnhofsvorplätzen zu lösen.
Die linke Fraktion in der SPD ist stark. Gut möglich, dass sie die Partei auf ihren Kurs zwingt, damit die sich Dobrindt entgegenstellt, seine Entwürfe verwässert und weitere notwendige Initiativen verhindert. Auch denkbar, dass die SPD-Führung ein Einsehen hat. Eine Umfrage hat ihr jüngst attestiert, dass sie immer noch bei den 16 Prozent steht, die sie im Februar in der Bundestagswahl erreicht hat. Das mit Abstand historisch schlechteste Ergebnis der Partei. Die gleiche Umfrage sagte aber auch, dass die SPD das Potenzial besitze, über 40 Prozent der Wähler hinter sich zu versammeln und vor allem Wähler zurückzugewinnen, die mittlerweile zur AfD tendieren. Zudem gibt es auch genug Bürgermeister und Landräte aus der SPD, die der Berliner Blase mitteilen, wie die unbegrenzte illegale Einwanderung die Realität vor Ort verheert. Es ist daher auch nicht ganz auszuschließen, dass die SPD den Kurs Dobrindts wenigstens teilweise mitträgt.