Asyl als Ausnahme, Schnellverfahren, Rückführungsprämien: Wie die Schweiz illegale Migration aus dem Maghreb bekämpft

vor 5 Monaten

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Seit vergangenem April hat die Schweiz rigide Maßnahmen ergriffen, um die illegale Migration aus Nordafrika zu bekämpfen. Wie die Aargauer Zeitung in einem größeren Hintergrundartikel berichtet, setzt das Land jetzt auf 24-Stunden-Schnellverfahren unmittelbar an der Grenze und Rückführungsprämien für die freiwillige Ausreise von Nordafrikanern. Asyl ist dabei die Ausnahme: „Im Expresstempo lehnt der Bund Asylgesuche von Männern aus Maghrebstaaten ab“, heißt es in dem Artikel.

In die Schweiz wanderten im Jahr 2023 insgesamt 263.000 Menschen ein. Allerdings kommt mehr als die Hälfte dieser Einwanderer aus EU-Staaten wie Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich oder Spanien. Aus allen afrikanischen Ländern waren weniger als 8.000 Migranten eingereist. Insgesamt kam es im selben Jahr landesweit zu 30.000 Asylgesuchen. Werden diese positiv entschieden, können die Migranten vorübergehend in dem Land bleiben.

Nordafrikaner bei ihrer Ankunft in Europa auf Lampedusa. In der Schweiz haben die meisten keine Chance auf Asyl.

Um diese schnell abzuarbeiten, wendet die Schweiz „24-Stunden-Verfahren“ des Staatssekretariats für Migration (SEM) an. Dies gilt besonders für die Länder Algerien, Marokko, Tunesien und Libyen, also Staaten in Nordafrika. Dabei sollen alle wichtigen Verfahrensschritte innerhalb eines Tages erledigt werden. Der Justizminister Beat Jans: „Sie haben dazu geführt, dass die Zahl von Übernachtungen von Menschen aus den Maghreb-Staaten um 40 Prozent zurückgegangen ist. Das entlastet das Personal und hat auch die Sicherheitslage in den Unterkünften spürbar verbessert“, sagte er in einem Interview.

Jene Schnellverfahren, so der Bericht der Aargauer Zeitung, wurden unter anderem auch deshalb installiert, weil Behörden auffiel, dass Migranten aus Maghreb-Ländern in vielen Fällen keinen Asylgrund haben. „Die allermeisten Asylsuchenden aus dem Maghreb geben [...] offen zu, dass sie wegen Perspektivlosigkeit nach Europa gekommen sind.“ In ihren Fällen, so die Zeitung, würde „ein 5-Minuten-Verfahren ausreichen“. Andere Asylbewerber führen Asylgründe wie etwa die Verfolgung des Vaters wegen politischer Äußerungen oder Rachegelüste der Familie der Ex-Freundin ins Feld, wobei die Angaben sich in den allermeisten Fällen nicht überprüfen lassen – dann wird kein Asyl gewährt. Von 3.000 Maghreb-Migranten, die im laufenden Jahr in die Schweiz kamen, erhielten gerade einmal fünf Personen Asyl, also weniger als 0,2 Prozent.

Ein Schweizer Grenzbeamter an dem Übergang zu Italien.

Auch gibt es harte Sanktionen: Wenn Migranten bei ihrem Verfahren zu spät zum Gespräch mit dem Anwalt oder zur Anhörung erscheinen, verletzen sie ihre Mitwirkungspflicht, ihr Gesuch verfällt. Wer freiwillig in die Heimat zurückfliegt und sein Asylgesuch fallen lässt, erhält 1000 Franken Rückkehrhilfe. 276 Personen aus Nordafrika kehrten freiwillig zurück – mit 1000 Franken Prämie im Gepäck. Immerhin fast zehn Prozent.

Das Hauptproblem der Schweiz im Umgang mit illegaler Migration sind Personen, die verschwinden und nicht lokalisierbar sind – ein Problem, das auch andere Länder kennen. Die Rückführungen scheitern auch daran, dass viele Migranten die eigenen Identitätspapiere vernichten. Diese zu ersetzen, dauert im Schnitt über ein Jahr. Dublin-Fälle, bei denen andere EU-Staaten verantwortlich sind, können schneller dazu angehalten werden, in das aufnehmende EU-Land überstellt zu werden: Insgesamt 500 Maghrebiner konnten in andere EU-Länder überstellt werden, also immerhin 16 Prozent aller Ankömmlinge aus Nordafrika.

Auch bei NIUS: Lampedusa. Der Ort, an dem Europa stirbt

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