Warum wird das Mehl knapp, aber nicht die Munition? Die sechs unbequemen Fragen zum Gaza-Konflikt

vor etwa 19 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Israel steht unter schwerem Beschuss von Vorwürfen, die vor allem auf Bildern und Emotionen beruhen, die einer belastbaren Faktenbasis entbehren. Wer genauer hinsieht, stößt auf Fragen, deren Antworten mehr über die Realität in Gaza aussagen als die Anklagen gegen Israel.

Dass „Israel allein in diesem Monat rund 34.000 Tonnen Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht hat, um zur Ernährung der palästinensischen Zivilbevölkerung beizutragen“, dürfte vielen Menschen nicht bekannt sein. Die Jüdische Allgemeine weist ausführlich darauf hin – und fragt weiter: „Wussten Sie, dass die US-Agentur ›Gaza Humanitarian Foundation‹ pro Tag mehrere Millionen Mahlzeiten austeilt, damit die Menschen in dem Kriegsgebiet mit dem Nötigsten versorgt werden?“

„Wussten Sie, dass Israel vorletzte Woche mehr als 600 Lkw-Ladungen nach Gaza eingeführt hat – unter hohem logistischem Aufwand und ebenso großer Gefahr?“ Die Zeitung berichtet außerdem, „dass in diesen Tagen Hunderte Tonnen an Hilfslieferungen an der Grenze zu Gaza in der Sonne verrotteten, weil die Vereinten Nationen und andere Organisationen sie schlicht und einfach nicht abholten“ – während Israel gleichzeitig lautstark der gezielten Aushungerung bezichtigt wird. Und schließlich: „Wussten Sie, dass Ägypten die Grenze zu Gaza fast komplett abschottet und nahezu keine Hilfslieferungen ermöglicht?“

Auch das Verhältnis zur weltweiten Lage wird eingeordnet: In den USA – einem der reichsten Länder der Welt – gelten fünf bis sieben Prozent der Kinder als unterernährt. Im Gazastreifen sind es laut UNRWA neun Prozent. Deshalb räumt Israel zwar eine angespannte humanitäre Lage ein, wie sie Kriegen immanent ist – bestreitet jedoch entschieden, dass es sich um eine Hungersnot handelt.

In echten Hungersnöten verlieren alle Menschen drastisch an Gewicht: Männer, Frauen, Kinder, Alte – niemand bleibt verschont. Die bekannten Bilder aus Biafra, Äthiopien oder Nordkorea zeigen kollektive Auszehrung. In Gaza hingegen sieht man vereinzelt abgemagerte Kinder, während die Mehrheit der Erwachsenen normal-gewichtig oder gar übergewichtig ist – ein deutlicher Widerspruch.

Die auf Instagram präsentierten Propagandafotos von Ahmed Jihad Ibrahim al-Arin, der den schwer kranken, nicht hungernden Jungen um die Welt gingen ließ, zeigen keine ausgehungerten Palästinenser.

In überwältigender Mehrheit zeigen sie wohlgenährte Zivilisten, was der Behauptung einer flächendeckenden Hungersnot klar widerspricht.

Kinder reagieren zwar empfindlicher auf Nährstoffmangel, aber auch Erwachsene würden bei echter Mangelernährung massiv abbauen. Dass stattdessen nur einzelne – zudem erkennbar kranke und behinderte – Kinder präsentiert werden – meist in hochdramatischen, inszeniert wirkenden Bildern – deutet weniger auf eine flächendeckende Hungersnot als auf gezielte Auswahl für mediale Massenwirkung.

Eine reale Hungersnot braucht keine Propagandabilder – sie zeigt sich von selbst. Dass Bilder von kranken und behinderten Kindern als Beweise herhalten müssen, spricht dafür, dass ein Narrativ konstruiert werden muss, statt einfach zu berichten.

Die Antwort ist einfach – und beunruhigend: Weil es keine flächendeckenden Bilder realer Hungersnot in Gaza gibt, muss man Kinder instrumentalisieren, die nicht einfach unterernährt sind, sondern an Erbkrankheiten leiden.

Auch die Faz berichtet nun über irreführende Fotos aus Gaza.

Der amerikanische Sozialist Bernie Sanders twitterte das Foto des unten, rechts zu sehenden Jungen, verbunden mit einer scharfen Anklage gegen Israel. Zahlreiche Medien verbreiten es ebenso. NIUS fand den – mutmaßlich – identischen Jungen in der Bilddatenbank der DPA. Fest steht: Man darf solche Bilder nicht leichtfertig verbreiten – das verbieten alle journalistischen Standards.

Das linke Foto datiert auf den 13.02.2021 und zeigt einen unterernährten Jungen in einem Krankenhaus in Jemen. Das rechte kursiert aktuell als Foto in großen Medien – und soll einen Jungen aus Gaza zeigen. Beide Fotos zeigen Übereinstimmungen bis in physiognomische Details wie Augen und Ohren.

Die Hamas führt den Krieg weiter: Raketen werden abgefeuert, Sprengfallen gelegt, Tunnel ausgebaut. Das heißt, es gibt Nachschub – nicht nur für Waffen, sondern potenziell auch für Nahrungsmittel. Wer Raketen beschaffen kann, um sie auf Tel Aviv abzufeuern, könnte ebenso Babynahrung oder Medikamente einführen.

Wenn angeblich alle Grenzen abgeriegelt sind, wie gelangen dann Waffen und Munition nach Gaza? Offensichtlich gibt es Zugänge – aber sie werden nicht für die Zivilbevölkerung genutzt. Die Hamas hungert – nicht biologisch oder militärisch, sondern kommunikativ: nach Bildern von Not. Dass sie gleichzeitig militärisch voll funktionsfähig bleibt, entzieht der Hunger-Erzählung den Boden. Sie setzt das Elend als Waffe ein, während ihre militärische Logistik intakt bleibt. Deshalb raubt sie auch die Lebensmittel von Hilfskonvois, wie dieses vier Tage alte Video der IDF dokumentiert:

Das viel verbreitete Foto, das als Beweis für eine Hungersnot dient, zeigt kein ausgehungertes Kind, sondern einen schwerkranken Jungen – Mohammed al-Matouq, der an zerebraler Lähmung und genetischen Störungen leidet. Seine Unterernährung ist medizinisch bedingt, nicht kriegsbedingt.

Der Fotograf Ahmed Jihad Ibrahim al-Arin hat bereits manipulierte Aufnahmen verbreitet – etwa angebliche Leichensäcke, die physikalisch unmöglich menschliche Körper enthalten konnten. Viele Menschen aus westlichen Gesellschaften können sich kaum vorstellen, dass sie derart dreist und vorsätzlich getäuscht werden. Aber wir haben es mit einer Kriegsregion zu tun, in der eine Terrororganisation herrscht; das wirkt sich auch auf die Journalisten – bzw. in diesem Fall Pseudo-Journalisten – aus.

Trotzdem veröffentlichten Medien wie Stern und Zeit Online dieses Bild ungeprüft und stilisierten es zum Symbol einer Hungersnot. Stern machte damit sogar noch am Mittwoch – Tage später nach der umfänglichen Widerlegung durch zahlreiche Journalisten – auf. Eine Anfrage von NIUS ließen die Zeit und der Stern unbeantwortet. Wann erfolgt endlich die Korrektur?

Der Stern macht das irreführende Foto selbst dann noch zum Aufmacher, wenn es von verschiedenen Seiten als manipulative Inszenierung entlarvt wird.

Trump sagte auf die spontane Frage in Schottland zu den Hungerbildern aus Gaza: „Some of these kids – that’s real starvation stuff. I see it.“ Er sprach nicht von einer flächendeckenden Hungersnot, sondern davon, dass den „Bildern aus dem Fernsehen“ nach manche Kinder abgemagert wirken. Die FAZ berichtete in folgendem Video dazu aus dem Off, Trump habe gesagt, „es gebe eine Hungersnot in Gaza“. Doch das hat er nicht gesagt.

Es ist eine Verzerrung: Trump widerspricht Netanjahu zwar in Nuancen, aber er bestätigt damit keine kollektive Hungerkrise. Ob „manche Kinder“ hungern, wie man vernünftigerweise nicht ausschließen kann, oder ob eine Hungersnot herrscht, die immer kollektiv wirkt – das ist ein Unterschied ums Ganze. Wer ihn unterschlägt, instrumentalisiert Trumps Worte für eine politische Agenda.

Im Jemen leiden aktuell laut WHO über 2,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung, davon mehr als 538.000 in lebensbedrohlichem Zustand. Insgesamt sind über 17 Millionen Menschen von extremer Nahrungsmittelknappheit betroffen, in manchen Regionen sind bis zu 33 Prozent der Kleinkinder schwer unterernährt. Das sind humanitäre Dimensionen, die in Gaza nicht bestehen. Reuters dokumentierte in einer Bilderserie das Ausmaß dieser humanitären Katastrophe. Sie trägt den Namen „Going hungry in Yemen“ und stammt von 2016. Wer sie erträgt, findet sie hier.

So sehen Fotos von Kindern aus, die nicht einfach krank sind, sondern extremen Hunger leiden. Dieses ist vom 14.03.2022 und zeigt einen unterernährten Jungen in einem Krankenhaus im Jemen – es stammt aus der DPA-Bildagentur.

Trotz katastrophaler Zahlen blieb der Jemen weitgehend unsichtbar. Es gab keine globale Empörung, keine Bilderflut. Während Gaza täglich Schlagzeilen generiert, wird das Elend jemenitischer Kinder selten gezeigt. Das ist ein Beispiel für mediale Selektivität und eines antiisraelischen Bias: Nur Konflikte mit politischer Schlagkraft schaffen es in den Fokus – andere, oft schlimmere Krisen verschwinden im medialen Schatten.

Die Kontroverse über Hunger in Gaza lebt nicht von Beweisen, sondern von Bildern. Doch wer Bilder statt Belege präsentiert, inszeniert Emotion, statt Aufklärung zu betreiben. Dieser Text hat sechs einfache Fragen gestellt – und keine davon lässt sich mit der üblichen Dramaturgie beantworten. Statt einer dokumentierten Hungersnot sehen wir Einzelfälle, Inszenierungen und Ungereimtheiten.

Während Medienmechanismen auf Autopilot laufen, bleibt der Blick für die eigentlichen humanitären Katastrophen – wie im Jemen – verstellt. Wer glaubwürdig helfen will, muss zuerst ehrlich berichten. Und wer Israel Anklagen von solcher Tragweite macht, sollte sicherstellen, dass sie sich auf mehr stützen als auf das stärkste Bild zur schwächsten Wahrheit.

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