Sein Merkel-Selfie ging um die Welt: „Manche Syrer sagen mir: Warum bei McDonald’s arbeiten, wenn das Jobcenter mir fast das Gleiche zahlt?“

vor etwa 4 Stunden

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Sein Selfie mit Angela Merkel ging 2015 um die Welt. Der syrische Flüchtling Anas Modamani (28) ist inzwischen eingebürgert und arbeitet in Deutschland als Journalist. In einem Interview mit der Welt spricht er über die deutsche Asylpolitik, über „Wir schaffen das“ und über die Kriminalität von Migranten.

NIUS dokumentiert wichtige Aussagen:

„Es gab viele freiwillige Helfer – in den Bahnhöfen, auf der Straße. Einige Familien haben sogar Flüchtlinge in ihrer Wohnung aufgenommen. Ich habe auch ein Jahr bei einer Gastfamilie gewohnt. Heute würde kaum einer noch einen jungen Syrer mit schwarzem Bart bei sich wohnen lassen. Teilweise würde ich sagen: selber schuld. Die Syrer, die Kriminelle geworden sind, haben ein schlechtes Bild von allen Syrern erzeugt. Darauf schaut die Gesellschaft. Ich bin auch für Abschiebungen von Migranten, die Probleme machen. Aber Menschen wie ich, die sich integriert und Deutsch gelernt haben, die einen deutschen Pass haben, fühlen sich angegriffen, wenn Politiker von massenhaften Abschiebungen sprechen. Früher waren wir willkommen, heute nicht mehr.“

„Ich habe damals viele gute Leute getroffen, die mir Tipps gaben. Es hätte auch anders laufen können. Wenn ich in den ersten vier, fünf Jahren nicht die Sprache gelernt hätte, hätte ich nie Deutsch gesprochen. Dann suchst du dir einen Job in einem arabischen Supermarkt. Da musst du kein Deutsch können. Aber ich wollte ein Teil der deutschen Gesellschaft sein.“

„Ich wünsche mir, dass Deutschland ein offenes Land bleibt. Aber es ist richtig, dass sie jetzt die Grenzen schließen und stärker kontrollieren. Wir dürfen keine Menschen mehr ins Land lassen, von denen wir nicht wissen, woher sie kommen, die ohne Pass kommen. Das ist nicht machbar.“

„Kriminelle Ausländer werden nicht hart genug bestraft. Sie sollten schneller abgeschoben werden. Das nervt mich auch. Wie kann es sein, dass jemand ohne Aufenthaltstitel in Deutschland bleiben kann? Häufig wird dann gesagt, die Täter seien nur psychisch krank. Aber die sind nicht psychisch krank, die sind einfach aggressiv.“

„Ich habe es geschafft, hier anzukommen und die Sprache zu lernen. Ich bin ein Teil der Gesellschaft, verdiene Geld, bezahle Steuern. Jetzt habe ich mir noch ein eigenes Haus und ein schönes Auto als Ziele vorgenommen. Aber mir geht es gut. Nicht allen Flüchtlingen geht es so. Ich sage immer fifty-fifty. Viele sind auf der Suche oder haben ihren Job verlassen, weil Berufe, in denen viele Ausländer arbeiten, oft sehr schlecht bezahlt sind. Manche Syrer sagen mir: Warum soll ich bei McDonald’s arbeiten, wenn das Jobcenter mir fast das Gleiche zahlt? Aus meiner Sicht ist das falsch. Arbeiten macht Spaß, man hat sein eigenes Geld, man hat Kollegen.“

„Viele Menschen haben zu lange in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt, keine Beratungsstellen besucht. Damals gab es sogar Möglichkeiten, dass kostenlos jemand für dich einen Lebenslauf geschrieben hat. Manche sind faul geworden, weil es ja vom Staat Geld gab. Mir sagen viele, dieses Selfie mit Merkel habe mir geholfen. Sicher habe ich dadurch Kontakte bekommen. Aber die Klausuren habe ich selber geschrieben, Videos habe ich selber geschnitten. Niemand kann deine Zukunft für dich bauen.“

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