
Die Bezahlkarte kann massiv zweckentfremdet werden. Das kritisiert ein Bürgermeister aus Nordrhein-Westfalen in einem Brandbrief. Demnach wird die eigentlich zur Bezahlung von lebenswichtigen Produkten und Dienstleistungen gedachte Technologie von Migranten genutzt, um unnötige Ausgaben zu tätigen – obwohl genau das mit einer Bargeldauszahlungsgrenze von 50 Euro verhindert werden soll.
Der Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Langenfeld, Frank Schneider, kritisiert die Umsetzung dieses Verfahrens jetzt in einem Schreiben an die Flüchtlingsministerin in Nordrhein-Westfalen, Josefine Paul, als „schlecht, ja desaströs“, wie die Bild berichtet. Deshalb sieht der CDU-Politiker von einer Einführung der Technologie ab.
Denn entgegen dem ursprünglichen Einführungsgedanken würden die Bezahlkarten „keine regulierende Wirkung“ aufweisen. Die „größte Schwachstelle“ sei dabei die SEPA-Funktion der Guthabenkarte, die wiederum eine Barauszahlung und somit den Missbrauch der finanziellen Mittel im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes erleichtert.
„Die sich daraus ergebenden Umgehungsmöglichkeiten der Bargeldbeschaffung durch ein eigenes oder drittes Konto, von dem dann unbeschränkt Bargeld ausgezahlt wird, oder die zu vermeidenden Auslandsüberweisungen doch möglich sind, höhlen das Regelungswerk vollkommen aus“, moniert der CDU-Politiker.
Weil zahlreiche Flüchtlinge mittlerweile ein eigenes Konto angelegt haben, können die Asylleistungen von der Bezahlkarte per SEPA-Funktion überwiesen und dann in bar ausgezahlt werden. Somit wird die restriktive Funktion der Bezahlkarte, mit der eben sichergestellt werden soll, dass die Leistungen nicht missbräuchlich eingesetzt werden, obsolet. Zwar kann diese Funktion abgeschaltet werden, weil die Organisation der Bezahlkarten Ländersache ist. Das wiederum wäre jedoch mit einem deutlichen Mehraufwand für die Kommunen verbunden.
Für Schneider gibt es deshalb nur eine logische Konsequenz: „Aus meiner Sicht müssten die SEPA-Funktionalitäten komplett abgeschafft werden.“ Doch das wiederum lehnt das Flüchtlingsministerium eindeutig ab: „Würden die SEPA-Funktionen gelöscht, könnten die Betroffenen nicht mehr angemessen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“, argumentiert ein Behördensprecher in einer Antwort an die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, der Schneiders Brief ebenfalls vorliegt.
Bereits im Januar, als die nordrhein-westfälische Landesregierung die flächendeckende Anwendung der Bezahlkarte ankündigte, erklärte Paul in einer Pressemitteilung: „Für mich ist wichtig, dass gerade Familien auch weiterhin Bargeld zur Verfügung haben, um beispielsweise Kinderkleidung auf Flohmärkten günstiger kaufen zu können, wo eine Kartenzahlung in der Regel nicht möglich ist.“
Im Moment sind die Bezahlkarten an die Kommunen gebunden, sodass – wie in Langenfeld – von einer Einführung abgesehen werden kann. Auch andere Kommunen nutzen das von der Landesregierung eingeführte Opt-Out-Verfahren, um die Bezahlkarte nicht einführen zu müssen. Jedoch wurde im Koalitionsvertrag von Union und SPD jetzt vereinbart, dass die Guthabenkarte bundesweit eingesetzt wird.