
Die AfD erhält trotz zweitgrößter Fraktionsstärke nicht den zweitgrößten Sitzungssaal des Bundestags. Das haben die anderen Fraktionen der AfD mitgeteilt, erklärt sie. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die AfD benachteiligt fühlt.
Auch die neue Regierung setzt den diskriminierenden Umgang mit der AfD fort. Obwohl die Partei mit 21 Prozent der Wählerstimmen und 24 Prozent der Sitze im Bundestag die zweitstärkste Fraktion stellt, wollen die anderen Fraktionen ihr nicht den zweitgrößten Sitzungssaal zugestehen, erklärte der parlamentarische Sprecher der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, am Freitag in einem Video auf X.
Der Grund, warum die SPD an einem Saal festhält, den sie in Anbetracht ihrer minimierten Fraktionsgröße gar nicht mehr bräuchte, ist der Name, den sie ihm einst gegeben hat. Der namensgebende Sozialdemokrat Otto Wels hielt 1933 vor der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes die sogenannte letzte freie Rede im Reichstag und erklärte, dass er und die SPD der NSDAP hierfür die Zustimmung verweigern würden. SPD-Chef Lars Klingbeil hatte schon kurz nach der Wahl betont: „Wir werden alles tun, damit der Otto-Wels-Saal fest in sozialdemokratischer Hand bleibt.“ Kurios ist dabei: offiziell heißt der Saal gar nicht Otto-Wels-Saal, lediglich die SPD nennt ihn so.
Wer in den Saal der SPD-Fraktion will, muss an den 94 Namen der SPD-Abgeordneten vorbeigehen, die 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz stimmten.
Der parlamentarische AfD-Geschäftsführer Bernd Baumann spricht davon, dass die anderen Parteien die AfD in dem kleineren Saal, den bisher die FDP nutzte, „zusammenpferchen“ wollen. 152 Abgeordnete sitzen hier auf 251 Quadratmetern, bei der SPD sind es im sogenannten Otto-Wels-Saal 120 Abgeordnete auf 462 Quadratmetern. Baumann verweist darauf, dass jeder SPD-Abgeordnete so fast 4 Quadratmeter Platz habe, während ein AfD-Abgeordneter lediglich 1,6 Quadratmeter besitze.
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Die Fraktionssitzungen seien die entscheidenden Sitzungen im Bundestag, erklärt Baumann, dort fielen alle zentralen Entscheidungen, die Sitzungen dauerten lange und seien hitzig. Das wüssten auch Union, SPD und Grüne. Mit ihrer Entscheidung würden sie gezielt die Leistungsfähigkeit der AfD-Fraktion schwächen, so die Schlussfolgerung.
Für Baumann ähnelt das Verhalten der anderen Fraktionen einem „ökonomischen Abwehrkartell“ – jenem Typ von Absprache, bei dem große Unternehmen im Verborgenen kooperieren, um neue Konkurrenten auszuschließen. Dies sei auch im deutschen Parlament der Fall, da die anderen Parteien die AfD „systematisch benachteiligen“.
Die anderen Partien verhielten sich wie ein Abwehrkartell gegenüber der AfD, so Bernd Baumann (AfD).
Der AfD werden seit ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag 2017 regelmäßig Posten und Ressourcen, die allen anderen Fraktionen zugestanden werden, verweigert. Beispielsweise der Posten des Bundestagsvizepräsidenten, aber auch die Förderung der ihr nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, Ausschussvorsitze oder der Posten des Alterspräsidenten.
2017 änderte der Bundestag extra seine Geschäftsordnung, um Wilhelm von Gottberg (AfD) als Alterspräsidenten zu verhindern. 2023 beschloss er ein Gesetz, nach dem eine parteinahe Stiftung erst dann gefördert werden darf, wenn die ihr nahestehende Partei mindestens dreimal hintereinander im Bundestag vertreten ist. Außerdem knüpfte man die Förderung an die Verfassungstreue der Partei. Die AfD kritisierte das Gesetz als „AfD-Verhinderungsgesetz“.
Alexander Gauland (AfD) ist mit 84 Jahren der älteste Bundestagsabgeordnete, Alterspräsident ist jedoch Gregor Gysi (Linke).
Auf die Kritik, dass die SPD der AfD ihren bisherigen Saal aufgrund dessen Namens nicht geben wolle, hatte Baumann schon im Februar das antifaschistische Engagement Otto Wels‘ hervorgehoben und gesagt: „Damals war die SPD eine Arbeiterpartei, hat die deutschen Arbeiter vertreten. Otto Wels wusste noch, das deutsche Volk zu vertreten. Heute ist das eine linke Akademikerpartei, die Deutschland immer bunter und diverser machen will.“ Eher sei Otto Wels „einer von uns heute“, so Baumann.
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