
Ab und an lohnt sich ein Blick auf die Internetseiten der Ministerien, um zu sehen, was den Häusern selbst wichtig ist. Die beiden aktuellen Meldungen des Gesundheitsministeriums beschäftigen sich am Freitag-Mittag mit den Themen Hitzeschutzplan vorgestellt und neue Beauftragte verpflichtet. Das Volk im Sommer vor Bratwürsten schützen und sich selbst mit gut bezahlten Posten zu versorgen – das sind die Schwerpunkte des Hauses, das sich mit explodierenden Kosten in der Sozialversicherung, Ärztemangel oder Krankenhaussterben beschäftigen müsste.
Am Donnerstag freute sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft noch über ein: “starkes Signal für die Krankenhäuser”. Demnach springen Bund und Länder den maroden Kliniken mit einer Soforthilfe von vier Milliarden Euro bei. Das helfe in der “katastrophalen wirtschaftlichen Lage”, in die der ehemalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Kliniken getrieben hat. “Nur so besteht überhaupt die Chance, dass die Kliniken die geplante Krankenhausreform erleben und langfristig die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen”, hieß es von den Krankenhäusern.
Am Donnerstag.
Am Freitag machte die neue Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) deutlich, wie wenig sofort die Soforthilfe eintrifft: Frühestens im Herbst, wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet. Warken habe demnach zwar versprochen, „einen unbürokratischen Weg finden“ zu wollen. Aber die gebe es eben erst, wenn der Bundestag den Haushalt für dieses Jahr beschlossen hat. Noch hat Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) aber nicht einmal einen Entwurf vorgelegt. Die Politik beschäftigt sich momentan lieber mit Bratwurstverboten und Beförderungen als mit ihrem Kerngeschäft.
Insgesamt vier Milliarden Euro wollen Bund und Länder an die Kliniken dieses und nächstes Jahr überweisen. Damit soll das weitere Sterben der Häuser verhindert werden. Laut Krankenhausgesellschaft schreiben aktuell vier von fünf Kliniken rote Zahlen, 80 Standorte seien seit 2022 in die Insolvenz gegangen. Als unter der Ampel die allgemeinen Preise explodierten, verweigerte Minister Lauterbach den Kliniken einen Inflationsausgleich. Damit brachte er die Mehrheit der Krankenhäuser an den Rand des Ruins. Der Mann, der in der Pandemie für das Ende von Freiheitsrechten kämpfte – unter dem Vorwand, Krankenhausbetten parat halten zu wollen.
Stattdessen setzte Lauterbach auf eine Reform, die in den Krankenhäusern die Kosten senken sollte. Diese stelle eine “Revolution” da, feierte sich der Talkshowkönig selbst. Zu Einsparungen führt die Reform aber frühestens in drei Jahren. Aktuell verursacht die Reform zusätzliche Kosten von 50 Milliarden Euro, die zur Hälfte die Steuerzahler in den Ländern und zur anderen Hälfte die Beitragszahler in den Krankenkassen tragen sollen. Eine Kostenreform, die Kosten steigen statt sinken lässt – für Karl Lauterbach eine “Revolution”, für alle anderen eine “absolute Killervariante”.
Auch Lauterbachs Reform hat Warken geerbt. Die Ministerin will laut Ärzteblatt den Bürgern die Sorge nehmen, dass bei ihnen zuhause das Krankenhaus schließt. Dazu wolle sie den Ländern eine freiere Hand lassen, als das Lauterbach vorgesehen hat. Bis Juli will sie dazu einen Entwurf vorlegen. Helfen sollen bis dahin die vier Milliarden Euro Soforthilfen – die bloß nicht sofort kommen. Nur mit den Hilfen bestehe “überhaupt die Chance, dass die Kliniken die geplante Krankenhausreform erleben und langfristig die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen”, wie die Krankenhausgesellschaft formuliert.
Einerseits gilt es Warken zu verteidigen. Sie hat von Lauterbach riesige Baustellen geerbt: verpatzte Reformen, zusätzliche Kosten, explodierende Beiträge in Kranken- und Pflegeversicherung, Ärzte- und Pflegermangel, massiv steigende Eigenbeteiligungen für die Patienten von Pflegeheimen, Mangel an Arztterminen und an Medikamenten in der Grippesaison. Es wäre also allzu verständlich, wenn Warken das alles nicht sofort abgeräumt kriegt. Nur dann halt die Schwerpunkte Bratwurst-Verbot und Beförderungen zu setzen, ist exakt der falsche Ansatz.