
Hafez al-Assad, der Sohn des gestürzten syrischen Diktators Bashar al-Assad, hat über seinen Telegram-Kanal einen ausführlichen Text veröffentlicht, in dem er die Ereignisse rund um seine Flucht aus Damaskus schildert. Darin geht er detailliert auf die Beweggründe ein und räumt mit Gerüchten auf, wonach die Familie angeblich schon frühzeitig aus Syrien geflohen sei.
Im Folgenden einige Auszüge aus seinem in englischer Sprache verfassten Beitrag, die hier ins Deutsche übersetzt wiedergegeben werden.
Bereits zu Beginn seiner Schilderungen stellt Hafez klar: „Es gab nie einen Plan – nicht einmal einen Notfallplan – Damaskus zu verlassen, geschweige denn Syrien.“
Er betont, dass Syrien in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Krisen und Gefahren erlebt habe: „In den letzten 14 Jahren hat Syrien Härten und Gefahren ertragen, die den Herausforderungen Ende November und Anfang Dezember in nichts nachstanden. Jeder, der die Absicht hatte zu fliehen, hätte dies schon vor langer Zeit getan, vor allem in den frühen Jahren, als Damaskus beinahe belagert wurde, täglich Bombardierungen ausgesetzt war und die ständige Gefahr bestand, dass Terroristen das Stadtzentrum erreichen.“
Ein zerstörter Teil von Syriens Hauptstadt Damaskus im Januar 2025. Hafez-Assad betont, die Härten des Krieges seien kein Grund für die Flucht gewesen.
Hafez erklärt weiter: „Ich war am 20. November mit Cham Wings Airlines von Damaskus nach Moskau gereist, um meine Dissertation am 29. November zu verteidigen. Meine Mutter war zu diesem Zeitpunkt in Moskau, nachdem sie sich im Spätsommer einer Knochenmarktransplantation unterzogen hatte und sich in Isolation befand. Ich wollte nach der Verteidigung noch etwas länger dort bleiben, um einige Formalitäten zu erledigen, doch als sich die Situation in Syrien verschlechterte, kehrte ich am Sonntag, den 1. Dezember, mit Syrian Air nach Damaskus zurück.“
Ein Bild der Assad-Familie vor der Flucht, das in sozialen Medien kursiert. Hafez ist der 2. von rechts auf dem Bild.
Seine Mutter sei in Moskau geblieben, um ihre Behandlung fortzusetzen, während seine Schwester Zein bei ihr blieb. Er selbst sei bei seiner Rückkehr in Damaskus zu seinem Vater und seinem Bruder Karim gestoßen.
Hafez schildert, dass sein Bruder Karim am Samstagmorgen noch eine Mathematikklausur am Höheren Institut für Angewandte Wissenschaften und Technologie (Higher Institute for Applied Sciences and Technology) in Damaskus geschrieben habe und sich darauf vorbereitet habe, am nächsten Tag den Unterricht wiederaufzunehmen. Seine Schwester habe sogar ein Ticket gebucht, um am Sonntag, den 8. Dezember, mit Syrian Air nach Damaskus zurückzukehren.
Er betont, wie plötzlich die Gerüchte über eine angebliche Flucht der Familie aufkamen: „Am Samstagnachmittag begannen Gerüchte zu kursieren, wir hätten das Land verlassen. Mehrere Leute haben nachgefragt, ob wir noch in Damaskus seien. Um das zu widerlegen, habe ich ein Foto im Al-Nairabain-Park im Viertel Al-Muhajireen gemacht und es auf meinem (inzwischen geschlossenen) privaten Instagram-Account geteilt. Nicht lange danach griffen es einige Social-Media-Seiten auf und verbreiteten es.“
Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Lage in Damaskus trotz des entfernten Donnergrollens von Artillerie nicht ungewöhnlich gewesen – man habe sich bereits an solche Geräusche gewöhnt, so Hafez. Plötzlich jedoch habe sich die Lage dramatisch verschlechtert: „Alles blieb unverändert, während sich die Armee auf die Verteidigung von Damaskus vorbereitete. Dann kam die plötzliche und unerwartete Nachricht vom Rückzug der Armee aus Homs – ähnlich wie zuvor aus Hama, Aleppo und den ländlichen Gebieten von Idlib. Doch selbst dann gab es keine Anzeichen dafür, dass wir abreisen würden. Das änderte sich nach Mitternacht, als ein russischer Offizieller in unserem Haus im Viertel Al-Malki erschien. Er überbrachte die Bitte, der Präsident solle für einige Tage nach Latakia verlegen, da sich die Lage in Damaskus massiv verschlimmert habe und er von dort aus die Kämpfe besser koordinieren könne.“
In Bezug auf die Gerüchte, wonach man seine Cousins nicht informiert habe, sagt Hafez: „Ich war derjenige, der sie mehrfach anrief, sobald feststand, dass wir verlegt werden. Kurz danach erfuhren wir von ihrem Hauspersonal, dass sie zu einem unbekannten Ziel aufgebrochen waren.“
Noch in derselben Nacht habe die Familie den Weg zum Flughafen Damaskus angetreten – zusammen mit Onkel Maher: „Gegen 3 Uhr morgens trafen wir am Flughafen ein. Er war menschenleer, selbst im Tower war niemand mehr. Anschließend bestiegen wir ein russisches Militärflugzeug in Richtung Latakia und landeten vor Morgengrauen auf dem Luftwaffenstützpunkt Hmeimim.“
Ein Flugzeug von Cham Wings Airlines landet auf dem neu eröffneten Flughafen von Damaskus.
Dort habe man eigentlich in die Präsidentenresidenz in Burj Islam weiterfahren wollen, doch jedwede Kommunikation zu diesem Standort sei plötzlich abgebrochen: „In den frühen Morgenstunden des Sonntags sollten wir zur präsidentiellen Residenz in der Gegend von Burj Islam aufbrechen, die über 40 Kilometer vom Flughafen entfernt ist. Doch alle Telefone waren abgeschaltet. Kurz darauf erhielten wir Berichte über militärische Rückzüge an den Frontlinien und den Fall der letzten Stellungen. Zeitgleich begannen Drohnenangriffe auf den Stützpunkt sowie Schusswechsel in der Nähe. Das hielt während unseres gesamten Aufenthalts an.“
Moskau am Abend. In seiner Erzählung beschreibt der Assad-Sohn die Flucht nach Moskau.
Als sich die Lage weiter zuspitzte, habe das Kommandounternehmen des Stützpunkts sie schließlich über die prekäre Situation informiert und nach Rücksprache mit Moskau angeordnet, die Familie nach Russland zu verlegen: „Am Nachmittag informierte uns das Kommando über die Brisanz der Lage in der Umgebung. Ein Verlassen der Basis sei nicht länger möglich, da die Terroristen sich im ganzen Land ausgebreitet hätten und Chaos herrsche. Außerdem war die Verbindung zur Militärführung abgebrochen. Nachdem man sich mit Moskau abgestimmt hatte, teilte das Stützpunkt-Kommando uns mit, dass unser Transport nach Russland angefordert wurde. Einige Zeit später bestiegen wir erneut ein russisches Militärflugzeug, das uns nach Moskau brachte, wo wir noch in derselben Nacht landeten.“
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