
Die US-Tochter von Meyer Burger ist insolvent. Das Schweizer Solarunternehmen hat in den Vereinigten Staaten Gläubigerschutz nach dem Verfahren Chapter 11 beantragt. Das geschätzte Vermögen liegt Unternehmensberichten zufolge zwischen 100 und 500 Millionen Dollar, während sich die Verbindlichkeiten mittlerweile auf 500 Millionen bis eine Milliarde Dollar belaufen.
Bereits Ende Mai hatte Meyer Burger den Ausbau seiner Solarmodulproduktion in den USA gestoppt. Am Standort in Arizona erhielten alle 282 Mitarbeiter die Kündigung. Kurze Zeit später beantragten auch die deutschen Tochterunternehmen des Schweizer Solarherstellers die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Zuvor waren alle Bemühungen um eine Sanierung erfolglos geblieben.
Die Zukunft der deutschen Beschäftigten ist weiterhin ungewiss. In der Solarzellenfertigung von Meyer Burger Industries in Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) stehen 331 Mitarbeiter vor einer möglichen Entlassung. Bei Meyer Burger Germany in Hohenstein-Ernstthal (Sachsen) sind es 289 Beschäftigte.
Meyer Burger ist international tätig, mit Standorten in der Schweiz, Deutschland, den USA, China und Singapur. Es zählt zu den wenigen Herstellern in Europa, die sowohl Solarzellen als auch Solarmodule selbst produzieren. Für die europäische Energiebranche, die im Zuge der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zunehmend auf Solar- und Windkraft angewiesen ist, stellt die Insolvenz von Meyer Burger Deutschland daher einen erheblichen Verlust dar.
Der Solarhersteller kämpft seit geraumer Zeit mit finanziellen Problemen, die sich in jüngster Zeit deutlich verschärft haben. Die vorläufigen Finanzergebnisse des Unternehmens für das Jahr 2024 zeigen, dass ein Umsatz in Höhe von 69,6 Millionen Schweizer Franken (CHF) erzielt werden konnte. Der Gewinn vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag jedoch bei minus 210,4 Millionen Franken – umgerechnet etwa 225 Millionen Euro. Bereits 2023 betrug das EBITDA rund minus 163 Millionen Franken, 2022 etwa minus 34 Millionen, 2021 minus 72 Millionen und im Jahr 2020 knapp minus 45 Millionen.
Bereits letzten Herbst gab Meyer Burger bekannt, rund ein Fünftel seiner Belegschaft – damals etwa 1.000 Beschäftigte – abbauen zu wollen, um die Ausgaben zu reduzieren. Doch weder dieser Schritt noch eine im Dezember zugesagte Überbrückungshilfe in Höhe von knapp 40 Millionen US-Dollar konnten die finanziellen Schwierigkeiten entschärfen.
Nun droht ein vollständiger Zusammenbruch der Unternehmensstruktur. Auch den Mutterkonzern Meyer Burger Technology AG mit Sitz in Thun (Schweiz), der bislang von der Insolvenz verschont geblieben ist, könnte schon bald dasselbe Schicksal ereilen wie die Tochtergesellschaften in Deutschland und den USA.
Ursache hinter der sich zuspitzenden Finanzkrise, von der Meyer Burger derzeit überwältigt wird, ist vor allem der massive Konkurrenzdruck aus China. Chinesische Solarhersteller produzieren Solarmodule zu deutlich niedrigeren Preisen. Das hat den schweizer Konzern erheblich unter Wettbewerbsdruck gesetzt.
Das chinesische Solarfirmen ihre Produkte günstiger anbieten können, lässt sich vor allem auf eines zurückführen: staatliche Fördergelder in Milliardenhöhe. Über Jahre hinweg hat Peking eine gigantische Solarbranche aus dem Boden gestampft. In einigen Provinzen wurden laut Medienberichten komplette Produktionsstätten auf Staatskosten errichtet.
Ein Großteil der Unternehmen ist entweder vollständig in staatlicher Hand oder profitiert zumindest teilweise von Beteiligungen der kommunistischen Partei Chinas. In bestimmten Regionen stellt der Staat Unternehmen zudem kostenlose Grundstücke und Gebäude zur Verfügung – wie Andreas Bett, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, im Gespräch mit dem MDR berichtet.
Hinzu kommen die günstigen Rahmenbedingungen des chinesischen Wirtschaftsstandorts. Vor allem die niedrigen Energiekosten verschaffen den Herstellern einen weiteren entscheidenden Vorteil: Während Industrieunternehmen in China rund acht Cent pro Kilowattstunde Strom zahlen, müssen deutsche Industriebetriebe im Schnitt etwa 16,99 ct/kWh – also mehr als doppelt so viel – dafür aufbringen (Stand 2024).
Die deutlich höheren Strompreise in Deutschland ergeben sich unter anderem aus Netzentgelten, Steuern und Umlagen, die zusätzlich auf den Strompreis erhoben werden. Ein weiterer Faktor ist die Beschaffung des Stroms selbst, die sich in den letzten Jahren stark verteuert hat. Seit der Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke im Jahr 2023 – die bis dahin kostengünstig Strom lieferten – ist der Strommix in Deutschland nahezu vollständig auf erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie ausgerichtet. Diese Energiequellen sind jedoch stark wetterabhängig und liefern bei bedecktem Himmel oder Windflauten kaum Strom, was zu Versorgungslücken und in der Folge zu steigenden Strompreisen führt.
Insgesamt kann China dank der vorteilhaften Standortbedingungen bei der Modulproduktion erhebliche Kostenvorteile erzielen. Die Herstellungskosten für Solarmodule liegen dort bei etwa 0,15 US-Dollar pro Watt – deutlich unter dem Niveau Europas (ca. 0,30 US-Dollar pro Watt) und dem der USA (ca. 0,40 US-Dollar pro Watt).