
Im Wahlkampf hat Friedrich Merz immer wieder dafür geworben, neue Investitionen aus den Steuereinnahmen zu finanzieren. Nach der Wahl sieht das ganz anders aus, und sogar hochrangige CDU-Politiker wollen den Wortbruch nicht mehr ausräumen. Auch der Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter räumte die Kehrtwende der Union am Mittwochabend bei Markus Lanz ein – und fand dafür eine brisante Begründung.
Er könne verstehen, dass die Menschen in dem Vorgehen seiner Partei eine „Wählertäuschung“ sehen würden. Für ihn sei aber klar gewesen: „Nach dem Wahlkampf werden wir sehr viel Geld in die Hand nehmen müssen.“ Aber es hätte früher kommuniziert und der Bevölkerung mitgeteilt werden müssen, „dass wir den Gürtel enger schnallen müssen“.
Lanz stellte daraufhin die „Joker-Frage“ an den CDU-Politiker: „Warum hat man es nicht gesagt?“ Kiesewetters erste Antwort: Aus „Sorge in den Wahlen im Osten“. Die Bevölkerung in den neuen Bundesländern hätte durch neue Schuldenpläne für die Verteidigung verängstigt werden können, „dass der Krieg eskalieren könnte von russischer Seite, das tut er sowieso“.
Weil die CDU in ostdeutschen Wahlkreisen teilweise mit dem BSW konkurriert und hinter der AfD platziert ist, „hat man nicht den Mut aufgebracht, der Bevölkerung zu sagen: Achtung, wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, sonst weitet sich der Krieg aus.“ Außerdem wollte die CDU dann als „Hüter der Schuldenbremse“ nicht den Eindruck vermitteln, Deutschland müsse künftig höhere Investitionen tätigen.
#Kiesewetter gibt bei Lanz freimütig zu, dass die #CDU vor der Wahl nicht gesagt hat, dass nach der Wahl gigantische Aufrüstungsschulden kommen, damit #BSW & #AfD nicht stärker werden. So sieht also das Demokratieverständnis der Parteien der „demokratischen Mitte“ aus. Unfassbar! pic.twitter.com/WEwT27TqGE
— Sahra Wagenknecht (@SWagenknecht) March 14, 2025
Hingegen ging Kiesewetter nach eigenen Aussagen bereits im Wahlkampf davon aus, Deutschland würde bis 2030 etwa 300 Milliarden für die Bundeswehr und weitere 200 Milliarden für die Infrastruktur benötigen. „Und was passiert: 500 Milliarden für Infrastruktur und nach oben offen für Verteidigung. Alles richtig.“ Doch das sei, meinte der CDU-Politiker, eine „isolierte Einzelmeinung gewesen“.
Mit der Warnung vor Russland folgte Kiesewetter dennoch den Aussagen seines Parteikollegen Jens Spahn. „Was nützt die schönste Schuldenbremse, wenn der Russe vor der Tür steht?“, hatte der CDU-Politiker kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gefragt und damit den Wortbruch begründet. „Wer dem Aggressor Putin entgegentreten will, wer der Ukraine helfen will, auch wer der Deutschen Bahn beim Ausbau ihrer Schienennetze helfen will, der kann nur für diese Änderung sein“ (Apollo News berichtete).
Außerdem bestätigen die Erklärungen von Kiesewetter einen Bericht des Stern, wonach Merz spätestens seit Spätherbst im engsten Kreis den Wortbruch und somit die Abkehr von der Schuldenbremse plante (Apollo News berichtete). Die eigene Partei sowie die Bundestagsfraktion sollen zwar im Dunkeln gelassen worden sein, offenbar, das geht aus Kiesewetters Aussagen hervor, waren die Bestrebungen dennoch klar.