
Der frühere FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr möchte parteiintern Nachfolger von Christian Lindner werden. Dafür hat sich der ehemalige Bundestagsabgeordnete am Wochenende auf dem Landesparteitag der niedersächsischen Freien Demokraten in Celle von seinem Landesverband als Kandidat für den Bundesvorsitz nominieren lassen.
Einen Vorgeschmack darauf, wie sich die Partei unter der Führung Dürrs inhaltlich verändern würde, konnte man auf dem Landesparteitag auch bekommen. So verabschiedeten die FDP-Delegierten fast einstimmig einen Reformantrag der Jugendorganisation der Partei, den Jungen Liberalen (JuLis).
Dieser sieht, im Gegensatz zur bisherigen Tendenz der Bundespartei, eine zunehmende Neuorientierung der Partei hin zum Linksliberalismus vor. Der Antrag fordert etwa in zahlreichen Punkten eine „kritische inhaltliche Reflexion“: So wird eine „Anbiederung an die CDU und konservative Kräfte“ verurteilt, ebenso wird eine „eindeutige Ablehnung jeglicher Kooperation mit der AfD“ gefordert.
Stattdessen fordert der beschlossene Julis-Antrag eine Annäherung an die Grünen: Die FDP solle keine Koalition mit einer demokratischen Partei ausschließen. Bislang hatte FDP-Chef Lindner eine Koalition mit den Grünen immer wieder ausgeschlossen. Der Antrag sagt den Freien Demokraten darüber hinaus „Defizite in Klima-, Europa- und Gesellschaftspolitik“ nach, ebenso wie bei der Migrationspolitik: Man solle eine „kritische Bewertung“ der bisherigen Position zu rigiden EU-Grenzkontrollen vornehmen, so der Antrag.
Insbesondere in der Gesellschaftspolitik fordern die Julis, und nach dem Landesparteitag auch offiziell der Landesverband, eine deutliche Wiederannäherung an die FDP der Ampel-Zeit. So bekräftigt man den Ruf nach einer Abschaffung des Abtreibungsparagrafen; das Selbstbestimmungsgesetz soll unterdessen „unterstützt“ werden.
Auch sonst soll die Partei „mehr soziale Breite“ erreichen, insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund werden als unterstützenswert angesehen. Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Joris Stietenroth, zeigte sich in einer auf Instagram veröffentlichten Stellungnahme zufrieden über den Beschluss des Antrags auf dem Landesparteitag: „Unsere klaren Forderungen für eine empathische, soziale und ganzheitlich-liberale FDP werden nun zur Richtschnur für die kommenden Debatten – auch mit Blick auf den neuen Bundesvorstand“, so der 22-Jährige.
Tatsächlich zeigen Christian Dürr und sein Landesverband, der bereits in seinem Bewerbungsvideo für den Parteivorsitz immer wieder einen „ganzheitlichen Liberalismus“ gefordert hatte (mehr dazu hier), wohin unter einem Bundeschef Dürr die Reise hingehen würde. Dürr erhielt nach seiner Kandidatur breite Unterstützung innerhalb der Partei – auch über die verschiedenen Parteilager hinweg.