Sozialismus ist, wenn Kuba der Zucker ausgeht

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Bildquelle: Tichys Einblick

In Kuba herrschen optimale klimatische und landwirtschaftliche Bedingungen für Zuckerrohr. 1950 wurden in Kuba 7 Millionen Tonnen Zucker geerntet. 95 Prozent des Zuckers gingen in den Export; das erbrachte Kuba 45 Prozent seiner Deviseneinnahmen. Kuba als „Zuckerdose der Welt“ war weltweit der größte Zuckerexporteur und produzierte damals 2,8 Kilogramm Zucker für jeden Kopf der Weltbevölkerung.

Auch der kubanische Exportschlager Rum hing eng mit dem Zuckerrohr zusammen, denn Rum wird aus Zuckerrohr-Melasse destilliert und ist damit ein Abfallprodukt der Zuckerproduktion. Ein Jahr vor der großen sozialistischen Revolution, 1958, erreichte die Zuckererzeugung in Kuba mit 8 Millionen Tonnen einen Höhepunkt.

Dann wurde unter Fidel Castro der Arzt Che Guevara Industrieminister von Kuba. Er trieb die Verstaatlichung der kubanischen Wirtschaft mit seinen über 150 Zuckerfabriken voran. Die einseitige Abhängigkeit Kubas vom Zucker wollte Che Guevara vermindern durch den Aufbau einer eigenen kubanischen Schwerindustrie. Für diesen Plan wurde der Zuckersektor finanziell ausgepresst. Notwendige Investitionen in die Landwirtschaft unterblieben. Die Landmaschinen und Zuckerfabriken stagnierten auf dem Stand von 1958, die noch heute mit kreativen Methoden mühselig in Gang gehalten werden.

Mithilfe des sowjetischen Bruderstaates hielt sich die kubanische Zuckerproduktion bis in die 80er Jahre auf dem Niveau der 50er Jahre. Billige sowjetische Energie und teure sowjetische Zuckerabnahmequoten gaben der kubanisch-sozialistischen Zuckerproduktion Rückenwind und vertuschten deren zunehmend maroden Zustand. Die Sowjetunion ließ sich die Freundschaft zu Kuba etwas kosten. Kuba lag an der kürzesten Stelle nur 154 Kilometer vom Erzfeind USA entfernt.

Im Spitzenjahr 1989 schaffte es Kuba ein zweites Mal nach 1958, acht Millionen Tonnen Zucker zu erzeugen. Mit dem Ende der Sowjetunion jedoch ging es mit Kubas Zuckerindustrie unter Schwankungen kontinuierlich bergab in einem Ausmaß, das man sich kaum so hätte vorstellen können. Die sozialistische Zeitung „Cuba Heute“ gab nun bekannt, dass die Zuckerernte 2025 wohl nur 150.000 Tonnen erreicht habe, nach mageren 350.000 Tonnen im Jahr zuvor. Die geringste Ernte seit weit über 100 Jahren.

Aus dem weltweit größten Zuckerexporteur ist ein Land geworden, das gerade noch 30 Prozent des eigenen Zuckerverbrauchs produziert. Der ehemalige Zucker-Exportweltmeister Kuba ist zum Importland für Zucker geworden. Nur 10 Prozent der Zuckerfabriken sind noch einigermaßen funktionsfähig. Der Zusammenbruch der Zuckerprodukton lässt in den nächsten Jahren auch Kettenreaktionen auf die Rumherstellung in Kuba befürchten, was den Wegfall eines weiteren Devisenbringers bedeuten würde.

Versorgungsmangel, Hunger, Massenexodus von 10 Prozent der Bevölkerung von 2020 bis 2025, landesweite mehrtätige Stromausfälle – auch in Krankenhäusern –, Mangel an Düngemitteln, Pestiziden, Energie und Ersatzteilen, darniederliegende Verkehrssysteme, Korruption, Lehrermangel, Armuts-Diebstahl von allen Dingen, die nicht niet- und nagelfest sind… Kuba liegt am Boden. Ruinen schaffen ohne Waffen; der Sozialismus hat wieder mal ganze Arbeit geleistet. Galt Kuba 1958 als eines der wirtschaftlich führenden Länder Lateinamerikas mit einem der besten Gesundheits- und Bildungssysteme, so hat Kuba heute den Anschluss an Brasilien, Argentinien, Mexiko und Chile komplett verloren. Da hilft auch keine staatlich-sozialistische Propaganda, die dem Kuba-Embargo der USA die alleinige Schuld am Niedergang gibt.

Es bleibt die Hoffnung, dass das starke kubanische Volk mit seiner bejahenden Lebenseinstellung den totalen Schiffbruch des Landes überlebt und noch fähig ist, aus Ruinen wieder aufzustehen. Ohne einen reichen sozialistischen und subventionierenden Bruderstaat wie die Sowjetunion, Venezuela oder China wird das planwirtschaftliche Kuba wohl auf keinen grünen Zweig mehr kommen können.

Che Guevaras Träume einer kubanischen Schwerindustrie sind nicht ansatzweise in Erfüllung gegangen. Die kubanische Landwirtschaft hatte allein in den letzten fünf Jahren einen Erzeugereinbruch von 40 Prozent zu verkraften. Wie auf der Parlamentssitzung im Juli bekannt wurde, geht der kubanische Ministerrat davon aus, dass auch in den kommenden Jahren kaum Zuwächse im Zuckersektor erzielt werden können. Die Zuckerwirtschaft Kubas hatte beste Voraussetzungen. Ihre Zerstörung ist die für alle sichtbare Spitze des Eisbergs des kubanischen Untergangs.

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